Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
mochte, wie Martie behauptete, wollte sie einfach nicht glauben, dass er sie so abgrundtief hassen konnte, um ihr so etwas anzutun, und Hass war eindeutig die treibende Kraft hinter diesen Angriffen. Sie hatten sich geliebt und waren mit einem Gefühl des Bedauerns, nicht der Wut auseinander gegangen.
    Wenn er sie begehrte, aber die Verpflichtung nicht auf sich nehmen wollte, ihr in dieser schweren Zeit zur Seite zu stehen, hätte sie sich vermutlich sogar darauf eingelassen. Er hatte keinen Grund, sich einen komplizierten Plan auszudenken, wie er sie gegen ihren Willen nehmen konnte.
    Aber … wenn es nicht Eric war, wer dann?
    Da er mit ihr hier gewohnt und das obere Stockwerk als Büro genutzt hatte, war ihm vielleicht – so unwahrscheinlich es auch sein mochte – ein Weg bekannt, ins Haus zu gelangen, ohne die Türen oder Fenster zu benutzen. Wer außer ihm hätte sich hier gut genug auskennen können, um unbemerkt kommen und gehen zu können?
    Der Messlöffel in ihrer Hand zitterte so sehr, dass sie das Salz verschüttete.
    Sie unterbrach die Essensvorbereitungen und trocknete sich die plötzlich feucht gewordenen Handflächen an einem Geschirrtuch ab.
    Dann lief sie zur Eingangstür und überprüfte die Sicherheitsschlösser. Beide waren verriegelt. Die Kette war vorgelegt.
    Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Tür.
    Ich leide nicht unter Wahnvorstellungen.
    Vorhin am Telefon hatte es so geklungen, als ob Martie ihr glauben würde.
    Aber es würde nicht leicht sein, andere zu überzeugen.
    Es gab keine schlüssigen Beweise für ihre Vergewaltigungshypothese. Manchmal war die Vagina danach wund und empfindlich, aber nicht immer. An Schenkeln und Brüsten zeigten sich manchmal blaue Flecke, die wie Fingerabdrücke aussahen, aber wie hätte sie beweisen sollen, dass sie von einem Vergewaltiger stammten? Sie konnte sie sich ebenso gut bei irgendeiner unverfänglichen körperlichen Betätigung zugezogen haben.
    Morgens beim Aufwachen wusste sie immer sofort, ob der gespenstische Eindringling sie heimgesucht hatte – auch wenn sie nicht wund war und keine blauen Flecken an sich entdecken konnte und noch bevor sie sich seiner Hinterlassenschaft bewusst wurde – weil sie sich missbraucht und schmutzig fühlte.
    Aber Gefühle galten nicht als Beweis.
    Das Sperma bewies zwar, dass sie mit einem Mann zusammengewesen war, aber es war keine sichere Bestätigung der behaupteten Vergewaltigung.
    Und die Peinlichkeit, mit ihrem befleckten Slip zur Polizei zu gehen oder – schlimmer noch – im Ambulanzzimmer eines Krankenhauses einen Vaginalabstrich über sich ergehen zu lassen, war mehr, als sie in ihrer gegenwärtigen Verfassung verkraften konnte.
    Tatsächlich war diese Verfassung, ihre Agoraphobie nämlich, der eigentliche Grund dafür, dass sie sich Martie – ganz zu schweigen von der Polizei oder irgendwelchen Fremden – nicht hatte anvertrauen wollen. Selbst aufgeklärte Menschen, die genau wussten, dass eine schwere Phobie keine Form des Wahnsinns war, empfanden eine solche zumindest als merkwürdig . Und wenn sie jetzt behauptete, von einem geisterhaften Vergewaltiger, den sie nie zu Gesicht bekommen hatte, einem Mann, der durch verschlossene Türen gehen konnte, im Schlaf missbraucht worden zu sein … Nun ja, vielleicht würde dann sogar ihre beste Freundin annehmen, dass die Agoraphobie, wenn auch nicht an sich eine Form des Wahnsinns, so doch die Vorstufe zu einer echten Geisteskrankheit war.
    Nachdem sie die Sicherheitsschlösser ein zweites Mal inspiziert hatte, griff Susan ungeduldig zum Telefon. Sie hielt es keine Minute länger aus. Sie musste wissen, was Martie von der Sache hielt; sie brauchte die Gewissheit, dass wenigstens ihre beste Freundin an den Phantomvergewaltiger glaubte.
    Susan wählte die ersten vier Zahlen von Marties Nummer … dann legte sie den Hörer wieder auf. Geduld. Wenn sie allzu ängstlich und verunsichert wirkte, machte sie sich am Ende selbst unglaubwürdig.
    Als sie sich wieder der Marsalasoße zuwandte, stellte sie fest, dass sie viel zu nervös war, um sich durch das Kochen ablenken zu lassen. Abgesehen davon hatte sie überhaupt keinen Hunger.
    Sie öffnete eine Flasche Merlot, schenkte sich ein Glas ein und setzte sich an den Küchentisch. In letzter Zeit trank sie mehr als früher.
    Nachdem sie den ersten Schluck getrunken hatte, hob sie das Glas und hielt es ins Licht. Die rubinrote Flüssigkeit war klar und offensichtlich nicht mit irgendeinem Fremdstoff

Weitere Kostenlose Bücher