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Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht

Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht

Titel: Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Brodie
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müssen, nur um sich wieder die üblichen Warnungen wegen ihres niedrigen Gewichts und der Gefahr einer Anämie anzuhören.
    »Ich geh dann mal«, sagte Kate und warf die ›Vogue‹ ans Fußende von Maggies Bett. »Mom möchte, dass ich vor dem Footballspiel noch zu Hause Abendbrot esse. Soll ich dich morgen früh wegen dem Ball anrufen?«
    »Klar«, sagte Maggie. »Mein Dad fährt uns dann bestimmt nach Hause.«
    An der Zimmertür blieb Kate noch einmal stehen. »Du wirst uns heute Abend fehlen.«
    »Ja, sicher.« Maggie scheuchte sie mit einer Handbewegung hinaus.
    Als Kate das Haus verlassen hatte, hievte Maggie sich aus dem Bett und trottete in ihrem extralangen T-Shirt und den Gürteltier-Hausschuhen die Treppe hinunter. Ihr Dad saß auf dem Wohnzimmersofa und sah fern, also gab sie ihm einen Kuss auf die Wange und lümmelte sich daneben.
    »Was gibt’s zum Abendessen?«, fragte sie, da sie nur zu gut wusste, dass er den Grad ihrer Gesundheit nach ihrem Appetit bemaß.
    »Ich habe nichts vorbereitet, weil ich dachte, du hättest sowieso keinen Hunger. Geht’s dir besser?«
    »Ja, ich verhungere gleich.«
    »Soll ich was vom Chinesen holen?«
    »Super. Für mich Mie-Nudeln mit Shrimps und Wan Tan.«
    Als ihr Dad weg war, griff Maggie nach der Fernbedienung und zappte eine halbe Stunde lang durch die Känale. ›Law & Order‹, ›Bones   – die Knochenjägerin‹, ›Medical Detectives   – Geheimnisse der Gerichtsmedizin‹. Mord und Totschlag überall. Sie schaltete den Fernseher aus und nahm das Telefon zur Hand, das neben dem Sofa stand, um einen Termin bei Dr.   Riley zu vereinbaren. Ihre Sitzung am Donnerstag hatte sie wegen ihrer »Krankheit« verpasst, und dienächste war erst in zwei Wochen   – das war zu lang, um allein mit so einem großen Geheimnis zu leben.
    Das Privattelefon des Arztes klingelte nur einmal, dann meldete sich schon eine Frau.
    »Hi, Mrs Riley, hier ist Maggie Greene.«
    »Hallo, Maggie. Wie geht es dir denn?«
    »Ganz gut, glaube ich. Ich habe Sie hoffentlich nicht beim Abendessen gestört?«
    »Oh nein, die Jungs essen unten im Hobbykeller Pizza.«
    Ah, dachte Maggie. So viel also zu ihren detailreichen Vorstellungen von den gutbürgerlichen Schmorbraten-Abendessen anderer Familien. »Ist Dr.   Riley da?«
    »Nein, er ist heute nach San Francisco geflogen, zu einer Konferenz. Mittwoch kommt er zurück. Kann ich dir irgendwie weiterhelfen?«
    Maggie zögerte. »Nein, ich glaube nicht.«
    »Kens Kollegin, Dr.   Clark, wird die ganze Woche in der Praxis sein. Sie ist wirklich gut, falls du sofort mit jemandem reden möchtest.«
    »Nein, schon okay«, sagte Maggie. »Es hat Zeit.«
    Als sie auflegte, hörte sie das Geraschel von Plastik hinter sich und sah ihren Dad die Tüten des Take-aways auf dem Küchentresen auspacken.
    »Mit wem hast du telefoniert?«, fragte er.
    »Nur Kate. Sie hat was vergessen.« Maggie hasste es, ihren Dad anzuschwindeln. Zurückhaltung war üblich unter ihnen, aber Unehrlichkeit war unbekanntes Terrain. Doch wenn sie ihrem Dad erzählte, dass sie eine Sitzung außer der Reihe bei ihrem Therapeuten haben wollte, würde er sich Sorgen machen. Sie hatte sich noch nie freiwillig um einen Termin bemüht.
    Zusammen trugen sie alles ins Wohnzimmer, pulten die Essstäbchen auseinander, aßen und sahen fern. Maggie täuschte Begeisterung vor, fand aber, dass vier Wan-Tan-Teigtäschchen und die Hälfte der Mie-Nudeln mit Shrimps,gefolgt von einem großen Frühstück am nächsten Morgen, ausreichen sollten, damit sie zum Ball gehen durfte.
    »Was hat dir die Schule eigentlich an Hausaufgaben mitgegeben?« Maggie langte zum Teller ihres Vaters hinüber und nahm sich ein Stück von seinem Hähnchengericht.
    Er zeigte auf einen Papierstapel auf der Konsole im Flur. »Latein, Physik, Geschichte und Geometrie. Aber du musst nicht alle machen, finde ich. Sie sollten kranken Schülern nicht so viele Hausaufgaben geben.«
    »Kein Problem«, sagte Maggie. »Das kriege ich schon hin. Ich fange gleich nach dem Abendessen an.«
    Aber auch das war eine List. Wenn ihr Dad sie an einem Freitagabend stundenlang Hausaufgaben machen sah, würde er darauf bestehen, dass Maggie am Samstag mal rauskam. Gute Eltern waren eben ziemlich durchschaubar, und ihr Dad war immer gut.
    Als Maggie am nächsten Abend zu Kate zum Essen kam, trug sie ein rotes, knielanges Satinkleid mit Spaghettiträgern, das lose an ihr herabfiel. Sie hatte sich geweigert, eins dieser Stoffungetüme mit

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