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Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht

Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht

Titel: Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Brodie
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hast, war richtig«, versicherte er ihr nach einem Augenblick. »Dieser Mistkerl hat es verdient.«
    Emma wusste nicht, was Jacob Stewart verdiente. Er hatte es ganz sicher nicht verdient, dass sein Leben im Alter von zweiundzwanzig am seidenen Faden hing, dachte sie. Doch die Ereignisse waren ihrer Kontrolle so weit entglitten, dass Wörter wie »verdient« jede Bedeutung verloren hatten. Das Leben war eine Aneinanderreihung zufälliger Ereignisse und nicht eine Welt, in der Menschen ihre gerechte Strafe bekamen. War es das, was sie verdiente, gefangen zu sein in einem Strudel von Schuldgefühlen und Scham?
    »Du bist erschöpft«, sagte Rob. »Versuch zu schlafen.«
    Sie versuchte es und legte sich angezogen neben Maggie ins Bett des Gästehauses. Schlaflos starrte sie an die Zimmerdecke, bis um sechs Uhr morgens die Sonne vor lavendelblauem Himmel ihre pfirsichgelben Strahlen über das Blue-Ridge-Gebirge sandte. Emma konnte noch sehen wie die tiefen Stellen im Bach draußen vor dem Fenster sich zu einem mäandernden pastellfarbenen Faden verbanden, ehe ihre Augen sich endlich schlossen.
     
    Drei Stunden später klopfte es an der Tür. »Sie schläft«, hörte Emma Rob im Wohnzimmer gereizt antworten. »Kann das nicht warten?«
    »Wer ist da?«, rief sie aus ihren Kissen.
    »Der Sheriff«, sagte Rob und streckte den Kopf durch die Schlafzimmertür.
    »Wir müssen noch ein paar Dinge klären«, rief Albert King von der Haustür her. Seine Stimme klang längst nicht mehr so mitfühlend wie in der Nacht. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich hereinkomme?«
    »Aber nein. Ich bin in einer Minute bei Ihnen«, rief Emma zurück. »Was ist das Problem?«
    »Das ist nur Teil der Ermittlungen.« Von »Ermittlungen« war bislang nicht die Rede gewesen. Sein Verhalten hatte tröstend, ja beinahe väterlich gewirkt, doch jetzt, bei Tageslicht, war der Ton des Sheriffs strikt professionell.
    Emma band sich die Haare zu einem Knoten zusammen, während Maggie sich im Bett aufsetzte und ihr schweigend zusah. Der Blick des Kindes schien sich auf die Knie der Jeanshose ihrer Mutter zu konzentrieren, und Emma sah an sich hinab und entdeckte einen Blutfleck. Sie ging ins Bad, rieb den Fleck mit warmen Wasser und Handseife heraus und fragte sich, ob der Sheriff ihre Hose wohl als Beweisstück haben wollte.
    Als sie wieder herauskam, starrte Maggie den nassen Fleck an. »Versuch, noch ein bisschen zu schlafen«, sagte Emma und schloss die Schlafzimmertür hinter sich.
    Emma setzte sich mit dem Sheriff an den Tisch in der Küche, und Rob setzte Kaffee auf, während Albert King erklärte, dass Sandra McCluskeys Geschichte nicht mit ihrer zusammenpasste.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Emma. »Wer ist Sandra McCluskey?«
    »Das Mädchen, das gestern Nacht hier war.«
    Ach ja. Sandy. Das unsichtbare Mädchen, das im Seminar mit den sie umgebenden Wänden fast verschmolzen war. Emma hätte sich an ihren Namen erinnern sollen, weil sie schon mitten im Semester gedacht hatte, dass »Sandy« zum Farbton der Haare des jungen Mädchens passte   – es war nicht der des weichen weißen Sandes der Karibik oder des vulkanischen schwarzen Sandes in manchen Teilen von Hawaii, sondern der des aschgelben Sandes im Sandkasten von Maggies Vorschule, der mit einem Laster aus einer Schottergrube in der Gegend herangekarrt wurde.
    Sheriff King hatte bläuliche Ringe unter den Augen undmachte sich Notizen in einem kleinen schwarzen Notizbuch. »Sie sagten, die Studenten waren in Ihrem Haus, richtig?«
    »Ja.« Emma nickte.
    »Und Sie sagten, dass sie an Ihrem Bach Alkohol getrunken haben?«
    »Kyle hatte ein Bier in der Hand.« Erst jetzt fiel Emma auf, dass sie Sandra nicht hatte trinken sehen, und Jacob schien bei klarem Verstand gewesen zu sein. »Bei den anderen beiden bin ich mir nicht sicher.«
    Der Sheriff sah ihr in die Augen und vermerkte bestimmt, vermutete Emma, diesen ersten Bruch in ihrer Geschichte.
    »Sind Sie sicher, dass sie in Ihrem Haus waren? In welchen Zimmern sind sie gewesen?«
    »Kyle und Sandra sind ins Haus gegangen, um die Toilette unten zu benutzen. Aber als ich mit Jacob hineinging, kamen sie gerade die Treppe herunter.«
    »Dann könnten sie dort oben also überall gewesen sein?«
    »Ja. Was ist das Problem?«
    »Nur eine Diskrepanz in den Geschichten.« Der Sheriff schrieb noch etwas auf. »Sandra McCluskey behauptet, dass sie und Kyle Ihr Haus nie betreten hätten und auch nicht unten an Ihrem Bach gewesen wären. Ihr zufolge

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