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Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht

Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht

Titel: Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Brodie
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hielten die drei hier nur an, um nach dem Weg zu fragen, und Jacob ist hineingegangen. Sie selbst und Kyle würden den Grund für Ihre Auseinandersetzung gar nicht kennen.«
    Emma saß in fassungslosem Schweigen da. Sie hatte nicht eine Minute lang daran gedacht, dass die Studenten lügen könnten. Die Wahrheit war schlimm genug. Was mussten die beiden schon anderes sagen, als dass Professor Emma Greene einen Baseballschläger geschwungen und ihrem Freund den Schädel eingeschlagen hatte? Über das Armband oder die Polly-Pocket-Puppen wollte Kyle allerdings ganz sicher nicht reden, und auch nicht über ihre Drohung, ihn vom College werfen zu lassen. Er würde nie zugeben, dass seine Kleptomanie diese ganze Tragödie ausgelöst hatte. Wenn dasArmband nicht gewesen wäre, hätten die Studenten einfach wieder wegfahren können.
    Kyle hatte allen Grund zu lügen. Aber warum Sandy? Warum musste sie Emmas Verbrechen alle strafmildernden Faktoren nehmen? Emma hatte Sandy als stilles Groupie sehen wollen, dessen einzige Schuld in der Wahl ihrer Freunde lag. Aber vielleicht hatte Rob doch recht, was den Egoismus der Studenten betraf   – sie benutzten sie einfach als Sündenbock, um ihre eigene Haut zu retten.
    »Sie lügt«, sagte Emma leise. »Sandy lügt.«
    »Kyle erzählt dieselbe Geschichte«, sagte Sheriff King, »aber wir haben Gründe, ihm zu misstrauen. Nun, das Ganze sollte sich schnell aufklären lassen. Unser Mann von der Spurensicherung kommt gleich noch mal her und wird nach Fingerabdrücken suchen, wenn Sie nichts dagegen haben.« Während er noch sprach, kam schon ein Auto die Auffahrt herauf.
    »Natürlich«, sagte Emma. »Kyle hat das Geländer berührt, als er die Treppe herunterkam, und Sandys Fingerabdrücke müssen überall in der Toilette sein   … Können Sie die Studenten zwingen, Fingerabdrücke abzugeben?«
    »Wenn wir sie nett darum bitten, kooperieren die meisten Leute. Es macht sich nicht gut, wenn jemand sich weigert, seine Fingerabdrücke abzugeben. Aber wir können auch eine gerichtliche Anordnung erwirken, sollten die beiden sich querstellen. Wir brauchen sowieso eine für Jacob Stewarts Fingerabdrücke, weil er seine Zustimmung nicht geben kann.«
    Emma nickte, erleichtert, dass die Studenten so leicht widerlegt werden konnten. Wie dumm von Sandra, so eine unglaubwürdige Lüge zu erzählen. Da steckte bestimmt Kyle dahinter, er musste das Mädchen unter Druck gesetzt haben. Aber obwohl Emma wusste, dass die Fingerabdrücke sie entlasten würden, spürte sie doch, wie die Lüge sich um ihren Leib schlang, so als wäre diese unwahre Geschichte eine Zwangsjacke, die die jungen Leute der verrückten Professorinüberstülpen wollten.
Bringt sie weg, dieses hysterische Weib. Sperrt sie in eine Einzelzelle, wo sie niemandem schaden kann.
    Rob kam mit Maggie aus dem Schlafzimmer. Das Mädchen hielt die Arme fest um den Hals des Vaters geschlungen und die Wange auf seine Schulter gelegt, während sie die Szene am Tisch in der Küche betrachtete.
    »Oh, hallo.« Sheriff King lächelte, als die beiden ins Zimmer traten. Doch Maggie erwiderte das Lächeln nicht.
    »Wir müssen heute auch noch einmal mit Maggie reden«, flüsterte der Sheriff Emma zu.
    »Warum?«, unterbrach Rob ihn.
    »Nur um ein paar Dinge zu verifizieren.«
    »Nicht ohne unseren Anwalt.« Rob versuchte gar nicht erst, seine Feindseligkeit zu verhehlen, und obwohl Emma den Verstand ihres Mannes schätzte, schämte sie sich für sein Benehmen. Schwierige Zeiten brachten Robs körperlich aggressive Seite zum Ausdruck, während sie, die Tochter einer Geschichtsprofessorin und eines Anwalts, die beide schon vor Jahren gestorben waren, die Gabe zu reden geerbt hatte, mit der sie die meisten Krisen bewältigte. Warum hatte diese Gabe sie gestern Nacht verlassen?
    »Jed würde es sicher lieber sehen, wenn Maggie und ich uns beide mit ihm beraten«, sagte sie zu dem Sheriff.
    »Natürlich. Rufen Sie ihn an.« Sheriff King stand vom Tisch auf. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen und keine Lust, sich mit einem Vater auf eine Machtprobe einzulassen, der nur sein Kind zu schützen versuchte.
    Emma stand ebenfalls auf und streckte die Arme aus, um Rob Maggie abzunehmen. Doch das Mädchen drehte das Gesicht weg und vergrub es im Flanellhemd des Vaters. Emma wurde rot, weil der Sheriff zusah, und zwang sich, mit lockerer, fröhlicher Stimme zu sprechen. »Möchtest du Pfannkuchen mit Schokoblättchen machen?« Maggie nickte, aber ohne

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