Stimmt's?
Propaganda machten. So befahl Goebbels der Presse am 7. Oktober 1940: «Jeden Tag … soll sie die hoffnungslose Lage Englands schildern und zeigen, wie sich in jeder aus England kommenden Meldung die Bluff-Politik Churchills offenbart.» Die gleichgeschalteten Medien folgten diesen Anweisungen brav. Der «Völkische Beobachter» brachte fast täglich entsprechende Schlagzeilen: «Zahlenakrobat Churchill», «Churchills Zweckstatistik», «Jede britische Bombe fünfzehnfach vergolten – Amtliche Zahlen widerlegen Illusionsschwindel». Unklar bleibt aber weiterhin, wo das angebliche Zitat zum ersten Mal auftauchte.
Der englische Premier war jedenfalls kein Feind der Statistik. Im Gegenteil: Er richtete sogar in der Admiralität eine eigene Statistische Sektion ein, die ihn ständig mit Zahlenmaterial versorgte. Denn Winston Churchill glaubte an die Wichtigkeit objektiver Informationen. «Du musst die Tatsachen anschauen, denn sie schauen dich an!», sagte er 1925 – das ist belegt.
Coca-Cola enthielt früher Kokain
Stimmt. Die braune Brause hat ihren Namen von zwei Geschmacksstoffen, die sie enthält: den der Kolanuss und den der Kokapflanze (im Verhältnis eins zu drei). Aus Letzterer wird Kokain gewonnen. Als die Coke-Formel 1886 entwickelt wurde, ging man damit recht sorglos um. Sigmund Freud pries die stimulierende Wirkung der Droge, sie wurde zur Unterstützung beim Entzug von Morphinabhängigen eingesetzt.
Coca-Cola wurde sogar als Medizin vermarktet, die gegen «Nervenleiden» wie Kopfschmerz und Melancholie wirken sollte.
Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Schattenseiten von Kokain offenbar, und in der Presse wurde sogar nach Maßnahmen gegen den Limofabrikanten gerufen. Der stellte seine Produktion um – seitdem enthält die Cola nur noch Kokablätter, denen der Suchtstoff entzogen wurde.
An die große Glocke hat Coca-Cola diesen Wandel nie gehängt. Als die Firma 1985 die berühmte Formel veränderte, tat sie das angeblich zum ersten Mal seit 99 Jahren. Aber das war offensichtlich nur die halbe Wahrheit.
Cola löst über Nacht ein Stück Fleisch auf
Stimmt nicht. Aber es passiert allerlei Ekliges, wie ein eigens für diese Kolumne durchgeführter Versuch beweist: Nach 24 Stunden in der Koffeinbrause hat sich das Stückchen Rinderfilet hellbraun gefärbt, ist sehr mürbe geworden und riecht übel. Der braune Farbstoff der Cola ist ausgefällt und schwebt in Gestalt unappetitlicher Flocken in der trüben Brühe. Auf der Oberfläche hat sich ein brauner Schaum gebildet. In den gleichzeitig angesetzten Gläsern mit Orangensaft, Mineral- und Leitungswasser ist es zu derartigen Prozessen nicht gekommen; das Fleisch ist lediglich aufgeweicht und ausgebleicht.
Um die chemischen Eigenschaften von Cola ranken sich allerlei Geschichten und Legenden. Auch wenn die exakte Zusammensetzung von den Herstellern immer noch streng geheim gehalten wird, sind die wichtigsten aktiven Substanzen doch allgemein bekannt: Kohlensäure, Phosphorsäure und Zucker. Insbesondere die Phosphorsäure kann Wundersames bewirken: Die Geschichte mit dem rostigen Nagel beispielsweise ist wahr. Der löst sich zwar nicht auf (da liegt wohl eine Verwechslung mit der Fleischlegende vor), aber er wird von der braunen Limo entrostet und erhält sogar noch einen grauen Antikorrosionsüberzug.
Der chemische Hintergrund dabei: Die Phosphorsäure zersetzt den Rost, also Eisenoxid, und bildet stattdessen eine Schicht aus Eisenphosphat (FePO 4 ). So erklärt es Jens Decker von der Universität Regensburg, der zusammen mit seinen Kollegen den Schülerwettbewerb «Chemie im Alltag» ausrichtete, bei dem die Jugendlichen auch schon einmal Nägel in Cola einlegen mussten.
Eine weitere Cola-Legende: Ein Zahn, in Cola eingelegt, löst sich über Nacht auf. Auch diese Geschichte stimmt nicht, hat aber einen wahren Kern: Tatsächlich greift die Brause den Zahnschmelz an, und wieder ist dafür die Phosphorsäure verantwortlich, dieein halbes Promille der Cola ausmacht. Das bestätigte im Jahr 1950 Clive M. McCay, Professor an der renommierten Cornell University, vor einem Komitee des U S-Repräsentantenhauses . Er berichtete von einem Versuch, bei dem die Zähne von Ratten, die nur Cola zu trinken bekamen, innerhalb eines halben Jahres fast vollständig verschwunden waren.
Nur warnen kann man vor einem Rezept, das auf einer angeblichen Wunderwirkung von Coke und Pepsi beruht: eine Vaginaldusche mit Cola als Verhütungsmittel
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