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Stimmt's?

Stimmt's?

Titel: Stimmt's? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Drösser
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Eier, die sie in einer sogenannten Oothek aufbewahrt – einem erbsengroßen, mit Chitin umhüllten Paket. Manche Arten legen diese Oothek zwei bis drei Tage nach der Befruchtung ab, meist an einem unzugänglichen Ort, wo sich die Eier in Ruhe zu Babykakerlaken entwickeln können. Die Deutsche Schabe
(Blatella germanica)
dagegen, eine der am häufigsten in Haushalten anzutreffenden Küchenschaben, trägt das Eipaket bis kurz vor dem Schlüpfen des Nachwuchses mit sich herum.
    Der Mythos sagt nun: Tritt man auf ein solches «trächtiges» Weibchen, dessen Junge kurz vor dem Schlüpfen sind, dann bleiben die Eier am Schuh kleben, und man verbreitet die Insekten unfreiwillig weiter. Aber die Eier sind sehr empfindlich – ein Tritt, der die Mutter umbringt, zerquetscht im Allgemeinen auch die empfindliche Oothek. Die Chance, dass die Eier die Attacke im groben Profil eines Turnschuhs überleben, halten alle Schabenexperten für vernachlässigbar.

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Das Wort «Känguru» bedeutet in der Sprache der australischen Aborigines «Wie bitte?»
    Stimmt nicht. Der berühmte britische Seefahrer James Cook segelte im Juni 1770 im Pazifischen Ozean, als bei der Fahrt durch das Great-Barrier-Riff sein Schiff «Endeavour» leck schlug. Man landete am Strand des heutigen Queensland, und während die Mannschaft das lädierte Schiff reparierte, erspähte Cook ein ihm bis dahin unbekanntes Tier. Er notierte in seinem Tagebuch: «Die Tiere, die ich erwähnt habe, werden von den Eingeborenen
kangooroo
oder
kanguru
genannt.»
    Als später die australischen Eingeborenensprachen näher untersucht wurden, fand man alle möglichen Namen für das Beuteltier, dergebräuchlichste war
patagaran
. Keine der Vokabeln aber klang nach «Känguru». Daher stammt wohl die Legende, die sogar noch heute in dem etymologischen Wörterbuch «The Facts on File Encyclopedia of Word and Phrase Origins» zu finden ist: «Cook fragte einen Eingeborenen nach dem Namen eines seltsamen Beuteltiers. Der Eingeborene antwortete ‹Känguru› oder ‹Ich weiß nicht›.» So sei die Vokabel fälschlich in die Wörterbücher geraten.
    Schön erfunden, diese kleine Geschichte, aber leider ist sie unwahr. Es gibt nämlich tatsächlich einen australischen Dialekt namens Guuge Yimidhirr, und schon 1898 hat ein Ethnologe bemerkt, dass darin das Wort
gang-oo-roo
existiert. Im Jahr 1972 wurde die Vokabel von dem Anthropologen John Haviland «wiederentdeckt» und ist inzwischen auch im «Australian National Dictionary» verzeichnet. Es kann also keinen Zweifel geben: James Cook hat die Eingeborenen richtig verstanden, sie haben ihm den Namen des Tiers genannt.

Als der Königsberger Philosoph Immanuel Kant 50   Jahre alt wurde, begann die Festrede zu seinen Ehren mit den Worten «Ehrwürdiger Greis   …»
    Stimmt nicht. Die Anekdote wird immer wieder als Beleg dafür gebracht, dass noch vor 250   Jahren ein 5 0-Jähriger als alter Mann gegolten habe. Aber sie stimmt hinten und vorne nicht.
    Nicht nur, dass es für die Geschichte keinen Beleg gibt, sie ist auch nicht plausibel, sagt Werner Stark, Kant-Forscher an der Universität Marburg. An seinem 50.   Geburtstag war Kant gerade seit vier Jahren Professor an der Königsberger Universität. Geburtstagsfeiern für Professoren waren damals nicht üblich, selbst wenn es sich um ein langjähriges Mitglied des Kollegiums handelte. Gefeiert wurden dagegen 5 0-jährige Jubiläen, etwa das der ersten Publikation. Einensolchen Festakt gab es tatsächlich 1797 für Immanuel Kant, und bei dieser Gelegenheit überreichte Graf Heinrich Lehndorff dem Philosophen im Namen der Königsberger Studenten ein «wohlverfasstes Gedicht». In diesem wird er tatsächlich als «weiser Greis» angesprochen – was angesichts seines Alters von 73   Jahren aber auch nicht verwundert.
    In Kants Briefwechsel hat ein Leser meiner
ZEIT -
Kolumne noch einen anderen Beleg gefunden – in einem Brief, den Kant kurz nach Eintritt des Rentenalters von dem Magister Johann Heinrich Abicht aus Erlangen bekam. Der Brief wurde am 22.   April 1789 geschrieben, Kants 65.   Geburtstag, und beginnt mit der Anrede: «Wohlgebohrener Herr Professor, verehrungswürdiger Greis». Mit 65 war man damals tatsächlich schon ein alter Mann.
    Aber nicht mit 50.   Es stimmt, dass die Lebenserwartung im 18.   Jahrhundert unter 50   Jahren lag. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen so viel früher senil wurden – sie starben einfach häufiger an

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