Stipatus - Der silberne Nebel (German Edition)
lassen, ich würde zu lange brauchen.«
»Mach das«, grinste Phil. »Sei ein braver Junge und geh nach Hause.« Oliver starrte ihn böse an. »Ich sollte auch mal wieder nach den Zwillingen und Mike sehen.«
Edward bekam jedoch von der Unterhaltung überhaupt nichts mit.
»Dr. Atwill?«, fragte er sich selbst leise. »Von dem habe ich schon einmal gehört.«
Es war bereits dunkel, als er an der Leichenhalle ankam. Sie lag direkt neben einem kleinen Park am Ende einer Sackgasse.
Ein wenig beunruhigt starrte er darauf. Das Haus war schon sehr alt und sah heruntergekommen aus. Generell wirkte die ganze Gegend nicht gerade einladend, doch ist sie einer der wenigen, die nicht mit den riesigen Gebäuden zugepflastert ist. Man hatte sogar einen wunderbaren Blick auf die Türme in Manhattan. Selbst die Freiheitsstatue war zu sehen.
Ein alter, schwarzer Mustang, der am Motor mit roten Flammen verziert war und dessen Scheinwerfer seltsam violett leuchteten, parkte direkt vor dem alten Haus. Er sah nicht so aus wie der Mustang von diesem Mike, sondern genauso wie die alten aus den Sechzigern aus unserer Welt. Edward fragte sich schon immer, wie so ein Design so viele Leute ansprechen konnte. Und dann auch noch die roten Flammen mit dieser blauen Umrandung. Sein Besitzer scheint wohl viel Aufmerksamkeit zu brauchen.
Edward konzentrierte sich wieder auf das Gebäude. Er zögerte noch kurz, doch dann ging er langsam auf das alte Haus zu. Er wusste nicht warum, doch er hatte das Gefühl, als würden ihn die Scheinwerfer verfolgen. Direkt neben ihm blieb er stehen.
»Würdest du damit aufhören!«, sagte er bestimmt.
»Womit?«, fragte das Auto nur. Er hatte die gleiche Stimme wie der schwarze Pick-Up Bobby.
»Das weißt du ganz genau!«
»Ach, hier scheint einer wohl sehr unter Verfolgungswahn zu leiden.« Edward antwortete darauf nicht mehr und ging leise murrend weiter. Der Wagen sah ihm noch immer hinterher.
Er klingelte an der Tür des Hauses und nach fast einer Minute öffnete sie sich.
Nachdem er sah, wer dahinter stand, setzte fast sein Herz aus. Es war der Junge, den er zwei Tagen zuvor am Ort des Geschehens gesehen hatte und der nun vor ihm stand.
Jetzt konnte er sein künstliches Auge gut erkennen, das in einem tiefen Rot leuchtete. Eine große Narbe verlief seitlich durch es hindurch. Etwas muss sein Auge so schwer verletzt haben, sodass man es nicht mehr heilen konnte. Es schien aus mehreren, dreieckigen Segmenten zu bestehen.
Edwards blick wanderte auf seinen Laborkittel, der bereits voll vom dunkelblauen Blut war. Sofort stellte Edward sich bildlich vor, wie er manisch lachend eine Leiche mit einem Skalpell bearbeitete.
Anscheinend schien er ihn auch zu erkennen, da er sehr beunruhigt aussah. Edward sah ihn eine Weile an. Schon wieder hatte er dieses Gefühl, als ob er ihn schon lange kennen würde. Als wäre er sogar ein alter Freund. Doch als er auf sein rechtes Auge sah, verwarf er diesen Gedanken sofort. Vor Angst geschockt wich er einige Schritte von ihm zurück.
Das Weiße seines gesunden Auges war von den Blutadern blau unterlaufen und von der Iris selbst konnte man unter dem tiefdunklen Blau, dass in ein helles Türkis überging, kaum noch das dunkle Rot erkennen. Sie war nicht einmal rund, sondern wirkte verzerrt und bewegte sich sogar leicht. Man könnt meinen, sie würde brennen.
Eine ganze Weile sagte keiner von beiden etwas, bis Murdock laut und schwer ausatmete.
»Hört zu. Das ist nicht ansteckend. Es gibt keinen Grund zur Sorge.« Er musterte ihn argwöhnisch. »Was wollt Ihr überhaupt?«
Edward konnte darauf nicht sofort antworten, noch immer war er aufgrund seiner Krankheit sehr verunsichert. Außerdem hatte ihn sein Waliser Akzent ein wenig überrascht.
Murdock selbst wirkte auch verunsichert. Die ganze Zeit sah er sich um, so als ob er jemanden suchen würde. Sein künstliches Auge machte dabei laute Geräusche, wie eine Kamera, die versucht einen Fleck zu fokussieren. Edward war sich sicher, dass er nach weiteren Männern Ausschau hielt.
»Äähm, ich bin Agent Spade«, sagte Edward leise. Murdock, der gerade den alten Mustang beobachtete, schreckte auf und wandte sich mit geschockter Miene zu ihm.
»Ich habe gehört, dass hier die Leiche von Mr. William liegt.«
Murdock zögerte kurz, bevor er antwortete. »Ja … ja der ist hier.«
»Also, wisst Ihr, ich hätte deswegen einige Fragen an Euch.«
»Tu-tut mir leid«, sagte Murdock leise und ging einige Schritte
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