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Stirb ewig

Titel: Stirb ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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ruft er mich mindestens fünf- bis zehnmal täglich an. Jetzt habe ich seit zwei Tagen gar nichts von ihm gehört. Herrgott noch mal, zwei ganze Tage!«
    Branson forschte in ihrem Gesicht nach verdächtigen Anzeichen, fand aber nichts. Nur eine junge Frau, die verzweifelt auf Nachricht von dem Mann hoffte, den sie liebte. Oder eine gute Schauspielerin, dachte der Zyniker in ihm. »Hören Sie mich bitte an. Zwei Tage sind normalerweise nicht genug, um Maßnahmen einzuleiten. Ich gebe aber zu, dass die Situation eigenartig ist.«
    »Ihm muss etwas passiert sein. Das ist kein normaler Vermisstenfall. Seine Freunde haben etwas mit ihm angestellt, ihn irgendwo hingebracht, ich weiß nicht, was zum Teufel sie mit ihm gemacht haben – ich – « Sie senkte den Kopf, als wollte sie ihre Tränen verbergen, tastete nach ihrer Tasche, holte ein frisches Taschentuch hervor und tupfte sich kopfschüttelnd die Augen ab.
    Glenn war gerührt. »Wir tun alles, um Michael zu finden«, erklärte er sanft.
    »Was zum Beispiel? Was tun Sie denn?«
    Ihre Trauer verschwand vorübergehend, als hätte sich ein Schleier gehoben. Dann folgten neue Tränen und tiefes, keuchendes Schluchzen.
    »Wir haben die unmittelbare Unfallstelle abgesucht, und es sind noch immer Leute vor Ort. Manchmal verlieren Unfallopfer die Orientierung, daher durchkämmen wir die ganze Gegend und haben alle Polizeidienststellen informiert. Ebenso die Flug- und Seehäfen.«
    Wieder unterbrach sie ihn. »Meinen Sie, er ist ins Ausland geflohen? Mein Gott, warum sollte er das tun?«
    Nun griff er zu einer subtilen Technik, die er von Roy Grace gelernt hatte und mit der man feststellen konnte, ob jemand log. »Was haben Sie heute zu Mittag gegessen?«
    Sie sah ihn überrascht an. »Was ich heute zu Mittag gegessen habe?«
    »Ja.« Er sah, wie sie die Augen schloss. Sie bewegten sich nach rechts. Schalteten auf Gedächtnis.
    Menschliche Gehirne sind in eine linke und eine rechte Hemisphäre unterteilt. Die eine ist für das Langzeitgedächtnis zuständig, die andere für kreative Prozesse. Wenn man eine Frage stellt, bewegen sich die Augen des Menschen beinahe unweigerlich zu der Hemisphäre, die gerade benutzt wird. Bei manchen befindet sich das Gedächtnis in der rechten, bei anderen in der linken Hemisphäre; die kreative ist jeweils gegenüber gelagert.
    Wenn Menschen die Wahrheit sagen, wandern die Augen zur Gedächtnishemisphäre, lügen sie, bewegen sie sich zur kreativen Hemisphäre. Branson hatte gelernt, mit einer einfachen Kontrollfrage wie der nach dem Mittagessen, bei der keine Lüge notwendig war, herauszufinden, wo das Gedächtnis untergebracht war.
    »Ich habe heute nichts zu Mittag gegessen.«
    Nun hielt er die Zeit für gekommen. »Wie viel wissen Sie über die Geschäfte Ihres Verlobten, Miss Harper?«
    »Ich bin seit acht Monaten seine Sekretärin. Ich glaube, es gibt wenig, das ich nicht weiß.«
    »Also kennen Sie auch die Firma auf den Cayman Islands?«
    Echte Überraschung. Ihre Augen schossen nach links. Schalteten auf Erfinden. Sie log. »Cayman Islands?«
    »Er und sein Partner – « Glenn hielt inne und blätterte in seinem Notizbuch. »Mark Warren. Ist Ihnen diese Firma bekannt? HW Properties International?«
    Sie schaute ihn verwirrt an. »HW Properties International?«
    »Ja.«
    »Nein, davon weiß ich nichts.«
    Ihr Tonfall hatte sich kaum merklich verändert. Dank seiner Ausbildung bei Roy Grace war ihm klar, was das bedeutete. »Was wissen Sie darüber?«
    »Nicht viel, ich hatte gehofft, etwas von Ihnen zu erfahren.«
    Wieder schossen ihre Augen nach links. Erfanden die Antwort. »Nein, tut mir Leid.«
    »Vermutlich hat es ohnehin nichts zu bedeuten. Wer möchte nicht dem Finanzamt ein Schnippchen schlagen?«
    »Michael ist schlau, ein cleverer Geschäftsmann. Aber er würde nichts Ungesetzliches tun.«
    »Das habe ich auch nicht gemeint, Miss Harper. Ich wollte nur demonstrieren, dass Sie vielleicht nicht alles über den Mann wissen, den Sie heiraten wollen.«
    »Was soll das heißen?«
    Er hob abwehrend die Hände. Es war fünf vor sieben. Er musste los. »Möglicherweise gar nichts. Aber wir müssen uns diese Tatsache vor Augen halten.« Er lächelte.
    Sie nicht.
     

    17
     
     
     
    DAVEY SCHAUTE SICH in einem altersschwachen Fernseher die amerikanische Polizeiserie Law and Order – Die Aufrechten an. Er saß in dem chaotischen Bürocontainer, der an das Haus seines Vaters am Stadtrand von Lewes angebaut war und von dem aus man den

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