Stirb für mich: Thriller
Wozu die Scheinhinrichtung?«
»Das ging echt zu weit, Scheiße, Mann«, sagte Skin. »Dieser irische Wichser, ich hab gesehen, dass es ihm Spaß gemacht hat. Dem will man wirklich nicht in die Quere kommen …«
»Und was, wenn heute Nacht der Ire die Verstärkung für Jordan ist?«
»Dann lassen wir es. Ich würde es nicht hinkriegen«, sagte Skin. »Er sitzt da und streichelt seine Waffe wie ein neugeborenes Baby. Reecey ist in Ordnung. Er hält mich für blöd, aber das soll er meinetwegen.«
»Kriegst du irgendwas von dem mit, was Jordan mit dem Mädchen redet?«
»Nichts. Er spricht sehr leise in ein Mikro, und ihre Antworten kommen über Kopfhörer. Ich hab nur mal was gehört, wenn ich mit ihr in dem Raum war, wenn sie pissen muss oder wegen dieser Scheiß-Sache gestern. Und ich kann dir sagen, Jordan will ihren Willen brechen und sie kleinmachen, das ist alles.«
»Da sollte es dir doch noch leichter fallen, dich um die beiden zu kümmern.«
»Hab ich dir erzählt, dass Reecey bewaffnet ist?«
»Nein, hast du nicht.«
»Hab ich nicht?«, sagte Skin. »Ich frag mich, warum.«
»Komm wieder, wenn du eine Wochenendschicht in der Notaufnahme eines Londoner Krankenhauses gearbeitet hast.«
»Ich weiß, dass du mit Blut und Eiter klarkommst, Schwester, aber das ist was anderes«, sagte Skin. »Ich weiß, dass Reecey eine Waffe hat, weil er sie mir gezeigt hat, genau wie den Jungs von der anderen Schicht. Um uns klarzumachen, dass man ihn nicht so einfach aus dem Weg räumt, für den Fall, dass wir irgendwelche Ideen haben. Er traut der Situation nicht. Er ist ausgebildet, in mehr als einer Hinsicht.«
»Warum erzählst du mir das alles, kurz bevor wir da reingehen?«
»Nur damit du weißt, dass das kein Kindergeburtstag wird«, sagte Skin.
»Ist Jordan bewaffnet?«
»Ich glaube nicht. Weiß ich aber nicht.«
»Ist deine Schulter okay?«, fragte Dan, weil er an etwas anderes denken wollte.
»Alles bestens. Außerdem ist es die linke, nicht mein Schussarm.«
Schweigen. All die neuen Probleme türmten sich in Dans Kopf.
»Keine Sorge, mit Reecey werd ich schon fertig«, sagte Skin. »Er hat mir das Laservisier an seiner Waffe gezeigt. Wenn also ein roter Punkt auf dich fällt, Schwester, solltest du losrennen.«
»Vielen Dank für den Ratschlag. Ich weiß nur nicht genau, ob ich Zeit habe, es zu bemerken, wenn der verdammte rote Punkt auf mich fällt.«
»Hör mal, Schwester, ich bin derjenige in der ersten Linie, nicht du«, sagte Skin. »Versuch einfach ruhig zu bleiben. Wenn ich dich bis fünf nach halb zwei nicht reingerufen habe, kannst du verdammt noch mal rennen, was das Zeug hält.«
»Während der rote Punkt auf meinen Rücken fällt.«
»So siehst du es wenigstens nicht kommen«, sagte Skin und lachte.
Er warf die Zigarettenkippe aus dem Fenster, und etwas Kaltes machte sich in Dans Magengrube breit.
»Erzähl mir von deinem Vater«, sagte die Stimme. »Wie hat sich deine Beziehung zu ihm in dieser neuen Welt entwickelt? Du hattest England unter einer Wolke verlassen. Was ist in Mumbai geschehen? Erzähl mir alles, von Anfang an.«
»Bemerkenswert an den Gesprächen mit meinem Vater war, dass wir nie über die Vergangenheit geredet haben. Seine oder meine. In England haben die Eltern meiner Freundinnen oft auf eine nostalgische Art über ›früher‹ geredet. Und es war mir nie so aufgefallen, aber im Vergleich zu den Indern, die ich nach meiner Ankunft in Mumbai kennenlernte, waren sie ziemlich selbstgefällig. So als hätten sie alles geschafft und würden friedlich einem Leben entgegendümpeln, in dem sie weniger arbeiten und noch mehr profitieren würden. Sie sahen ihre Zukunft durch ihre Kinder. Mein Vater hingegen und alle um ihn herum drängten rastlos nach vorn, blickten in die Zukunft, malten sich die neue Welt aus, die sie gerade erschufen. Es war aufregend. Es war befreiend. Man traf keine Inder, die sich an die guten alten Zeiten auf dem Dorf erinnerten, wo noch alles selbst gemacht war. Es ging nur um die neuesten Shoppingcenter oder Multiplexe. Die Vergangenheit war out, und das passte mir gut.«
»Du hast deinen Vater bewundert?«
»Ja, ich war dankbar für das, was er in England für mich getan hatte, und beeindruckt von dem, was er in Indien leistete.«
»Warst du glücklich?«
»Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Ich zog in eine Wohnung. Mein Vater sagte, er wolle, dass ich von Anfang an unabhängig sei. Ich fing an zu arbeiten, verschiedene
Weitere Kostenlose Bücher