Stirb für mich: Thriller
entglitten war.
Er wusste, wenn zwei männliche Tiere ständig zusammen gesehen wurden, bedeutete das nicht, dass sie sich nach sentimentaler westlicher Vorstellung mochten. Im Gegenteil, sie waren unzertrennlich, um sich gegenseitig im Auge zu behalten, falls sich eine Gelegenheit bieten sollte, bei der Paarung oder den Futterrechten einen Vorteil zu erlangen. Hass war der verbindende Faktor. Durch die Entführung von D’Cruz’ Tochter fühlte sich Jat entblößt, als hätte er seinen verhassten Kameraden aus den Augen verloren, was auf irgendeine Weise zu einer Katastrophe führen musste.
Sein nächster Gast war sein Schützling Mahmood Aziz. Er kam den Gartenweg heraufgeschlendert, als hätte er keine Sorgen im Leben, außer ein paar Runs in einem lokalen Cricket-Match zu erzielen. Dabei wusste Jat, dass er seit Benazir Bhuttos Rückkehr nach Pakistan mehrere besonders brutale Bombenanschläge organisiert und sich sogar mit ihrer Ermordung gebrüstet hatte, was nicht ausgeschlossen war, da er seit langem Verbindungen zu Al-Qaida pflegte. Mit Jat arbeitete er enger zusammen, seit sie gemeinsam die Anschläge auf Versorgungskonvois der Nato als Vergeltung für US -Drohnenangriffe geplant hatten.
Mahmood Aziz sah nicht einmal aus wie ein Pakistaner. Er hatte kurze Haare und ein glatt rasiertes, attraktives Gesicht mit westlichen Zügen. Er wäre der Letzte, den man besonders radikaler islamischer Ansichten verdächtigen würde. Was Jat an dem siebenunddreißigjährigen Aziz jedoch besonders gefiel, war die Tatsache, dass er die ersten zwölf Jahre seines Lebens in Upton Park verbracht hatte. Er sprach sogar Englisch mit Londoner Akzent und hatte bestimmt ein paar nützliche Kontakte.
Bevor sie ein Wort wechselten, gab Jat Aziz einen Umschlag mit zehntausend Pfund. Er sagte nicht, wofür. Es war lediglich ein deutlicher Ausdruck seiner Unterstützung für Aziz’ Pläne, was immer er vorhatte. Aziz nahm das Geschenk mit beiden Händen entgegen.
»As-Salaam Alaikum« , sagte Jat.
»Wa-alaikum As-salam« , antwortete Aziz.
Sie sprachen eine Weile über die Gesundheit von Verwandten und Freunden, denn diesem Mann begegnete Jat stets mit ungewohntem Respekt. Schließlich nahmen sie Platz, Aziz mit einer Tasse Tee, den Jat zubereitet hatte.
»Weißt du von irgendwelchen Aktionen, die zurzeit in London durchgeführt werden?«, fragte Jat.
»Nein. Jedenfalls nicht von meinen Leuten«, sagte Aziz. »Die Olympischen Spiele sind ein zu offensichtliches Ziel. Die Sicherheitslage ist unmöglich. Seit den Anschlägen vom 7. Juli hat der MI 5 verstärkt Mitarbeiter angeworben, die Wachsamkeit in all unseren Gemeinden ist sehr hoch. Gerade erst ist es uns gelungen, die drei Doppelagenten auszumerzen, die unsere Pläne für die koordinierten Anschläge in London, Paris und Berlin 2010 verraten haben. Wir wollen nicht noch mehr von unseren Strukturen preisgeben, als MI 5, DGSE und BND sowieso schon wissen. Unsere Strategie bleibt dieselbe: nach schwachen Zielen Ausschau halten und mit dem Vorteil des Überraschungsmoments zuschlagen. Ich wäre sehr erstaunt, wenn irgendeine Gruppe zu diesem Zeitpunkt eine Aktion gestartet hätte.«
»Die Operation, die mir zu Ohren gekommen ist, war auch kein direkter Angriff auf ein aktives Ziel, sondern eher eine unterstützende Maßnahme, ein Ablenkungsmanöver oder eine Strategie, Druck auszuüben«, sagte Jat.
»Kannst du ein wenig konkreter werden?«, fragte Aziz. »Ich meine, wir haben nach wie vor Erkundungsmissionen laufen. Das Ausspähen von zukünftigen Zielen …«
»Nein, nein, dies ist etwas vollkommen anderes«, sagte Jat. »Eine Entführung.«
»Zur Erpressung von Lösegeld?«
»Möglicherweise.«
»Oder zur Erlangung von Informationen?«, fragte Aziz. »Um die Regierung in eine peinliche Situation zu bringen? Sie unter Druck zu setzen, um Forderungen nachzugeben? Aber in London … das ist meines Wissens noch nie vorher gemacht worden. Ich meine, es ist nicht so leicht, jemanden an einem solchen Ort sicher aufzubewahren, mit den vielen Menschen und der Polizei mit ihren Informanten und dem MI 5.«
»Du hältst es also für unwahrscheinlich, dass eine von unseren Gruppen an einer solchen Operation beteiligt ist?«
»Ich müsste das erst bestätigen lassen, aber ja, ich halte es für extrem unwahrscheinlich.«
»Kennst du eine Gruppe in London, die eine solche Aktion stemmen könnte?«
»Von was für einer Person sprechen wir? Einem Politiker, einem
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