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Stirb leise, mein Engel

Stirb leise, mein Engel

Titel: Stirb leise, mein Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Götz
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akzeptiert, dass das nicht lief. Dass er mir genauso nachgeschlichen ist wie den anderen Mädchen, hab ich selbst erst viel zu spät mitgekriegt. Vielleicht wollte er mich irgendwann auch vergiften, keine Ahnung.«
    Schöne Geschichte, hätte seine Mutter jetzt bestimmt gesagt und sofort gefragt: Aber stimmt sie auch? »Du hast mir die ganze Zeit was vorgemacht, Mareike.«
    »Tut mir leid, dass es jetzt so aussieht. War nicht meine Absicht. Echt nicht.«
    »Warum hast du’s dann getan? Warum hast du mir nicht von Anfang an die Wahrheit erzählt?« Er schüttelte den Kopf.
    Ein Lächeln, voller Bitterkeit. »Ich wollte einfach nur … dir was bieten …, mit dir zusammen was erleben …, damit du gern bei mir bist …«
    Sie tat ihm leid. Gleichzeitig fragte er sich, wie weit sie gehen würde, um einen anderen Menschen – ihn – für sich zu gewinnen. Oft wurden die schlimmsten Dinge aus Liebe getan.
    »Meine Mutter sagt, Mirko war’s nicht«, setzte er wieder an. »Jemand hat ihm die Sachen untergeschoben. Die Beweise, meine ich. Warst du das?« Er glaubte es nicht wirklich, er wollte sie nur provozieren. Vielleicht konnte er sie so dazu bringen, ihm endlich alles zu sagen.
    »Spinnst du?!«, fuhr sie auf. »Glaubst du etwa, ich hab die alle umgebracht?«
    »Wenn du schon so fragst: Hast du was damit zu tun?«
    Sie sah ihn an, als hätte er sie gerade geohrfeigt. »Das ist echt das Letzte, Sascha. Wieso sollte ich so was machen? Natalie war eine Freundin, und mit den anderen hatte ich rein gar nichts zu tun. Wenn’s Mirko wirklich nicht war, dann halt sein Vater. Stand doch so in der Zeitung. Und Mirko hat mir mal erzählt, dass alle diese Mädchen in ihn verknallt waren. In seinen Vater, meine ich.«
    »Kann ja sein. Aber wieso erzählst du nicht der Polizei, was du weißt? Wenn du nichts verbrochen hast, hast du doch nichts zu befürchten.«
    »Von denen nicht, aber von meinen Eltern.«
    »Wieso? Ich dachte, die sind so supercool. Oder stimmt das auch nicht?«
    Ihr Blick fiel zu Boden. »Das hab ich nur gesagt, weil … ich es mir so gewünscht hab. Aber die Wahrheit ist: Ich bin meinen Eltern total egal. Es kümmert sie nicht, was ich mache, solange sie wegen mir keine Schwierigkeiten kriegen. Am liebsten wäre es ihnen, wenn es mich gar nicht gäbe. Für die bin ich nur ein ärgerliches Versehen.« Ihre Oberlippe zitterte, eine Träne kullerte über ihre Wange. Und noch eine.
    Es war schwer, jemanden auszuquetschen, der einem leidtat. »So wie ich das sehe«, sagte er, »hast du bisher nur gelogen. Was Mirko angeht. Und dich. Wie soll ich dir da noch irgendwas glauben?«
    Mit einer hektischen Bewegung wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. »Du hast ja recht, Sascha«, sagte sie. »Ich hab’s mal wieder vergeigt. Geschieht mir recht, dass du mich nicht willst.« Sie starrte ein paar Sekunden vor sich hin ins Leere, sagte dann: »Ich wünschte, Mirko oder wer auch immer hätte nicht diese Mädchen vergiftet, sondern mich. Wäre für alle besser.«
    »Das ist doch Blödsinn!«
    »Wieso denn? Es gibt keinen Menschen auf der Welt, der was mit mir zu tun haben will. Du doch auch nicht. Also, was redest du?«
    Sie trat zu ihrem Motorroller, blieb dort aber stehen, als wartete sie auf etwas. Auf eine Reaktion von ihm? Sascha wollte nicht noch mal auf sie und ihre Lügen reinfallen. Aber was, wenn sie jetzt aufrichtig war? Wenn ihr Schmerz und ihre Tränen und ihre Verzweiflung echt waren? Und wenn sie wirklich daran dachte, sich das Leben zu nehmen?
    »Tu mir einen Gefallen, Sascha«, sagte sie schließlich und sah ihn mit eisiger Kälte an. »Komm bloß nicht zu meiner Beerdigung.«
    Sie nahm den Helm vom Sitz, wo sie ihn abgelegt hatte, und machte Anstalten, ihn aufzusetzen. Doch Sascha hielt ihren Arm fest. Er konnte sie nicht gehen lassen. So, wie er Natalie hatte gehen lassen.
    »Hör endlich auf, so zu reden«, sagte er. »Und mach keinen Scheiß.«
    Mareike hatte nur einen verächtlichen Blick für ihn. »Mach keinen Scheiß? Das ist alles, was du dazu zu sagen hast? Du bist echt eine Enttäuschung, Sascha. Aber gut, dass ich das jetzt weiß.« Sie machte sich von ihm los.
    Er hätte am liebsten laut aufgeschrien. Als würde die Sorge um Joy nicht schon schwer genug auf ihm lasten, kam nun auch noch die um Mareike dazu. Vielleicht war es wieder nur eines ihrer Spielchen. Und wenn nicht? Was kostete es ihn schon, es mitzuspielen und ein wenig Zeit mit ihr zu verbringen? Wenn er sie jedoch gehen ließ

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