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Stirb leise, mein Engel

Stirb leise, mein Engel

Titel: Stirb leise, mein Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Götz
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die Therapiestunden absagen solltest. Zumindest bis auf Weiteres.«
    Jetzt läuteten alle Alarmglocken Sturm. Wenn seine Mutter so was sagte, noch dazu in diesem bedachten Ton, dann steckte mehr dahinter als nur ihre schlechte Laune.
    »Wieso denn?«
    »Das kann ich dir jetzt nicht erklären. Erst wenn alles vorbei ist.«
    Sascha hob den Blick. »Ist es wegen dieser Mädchen, die tot sind? Weil sie alle bei ihm in Behandlung waren?«
    Über ihrem Kopf schwebte ein riesengroßes Fragezeichen. »Was weißt du denn darüber?«
    »Sag schon!«
    »Ich werde diesen Fall ganz bestimmt nicht mit dir diskutieren, Sascha. Aber du kannst beruhigt sein. Wir haben Dr. Androsch lediglich als Zeugen befragt, nicht als Beschuldigten.«
    Nicht als Beschuldigten? Wieso betonte sie das so? So, als könnte es auch anders sein; so, als wollte sie sagen:
Noch
haben wir ihn nicht als Beschuldigten befragt. Aber natürlich! Deshalb wollte sie, dass er nicht mehr zu ihm ging: Weil irgendwas gegen Androsch vorlag!
    »Es ist so, Sascha: Ich fühle mich in meiner Arbeit einfach freier, wenn es zwischen mir und einem Mann, der in eine Mordermittlung verwickelt ist, keine persönliche oder quasi familiäre Verbindung gibt.«
    Jetzt war es endlich raus. Es ging nicht etwa darum, ihn zu schützen. In Wirklichkeit machte sie sich ausschließlich um ihre Karriere Sorgen. Niemand sollte ihr nachsagen können, dass sie Androsch schonte, weil ihr eigener Sohn bei ihm eine Therapie machte.
    Er klappte das Comicheft zu, warf es auf den Boden, sprang vom Bett und verschwand ins Bad, wo er die Tür hinter sich abschloss. Nachdem er ein paarmal auf und ab gelaufen war, um sich zu beruhigen, setzte er sich auf den Rand der Badewanne.
    »Alles okay bei dir?« Ihre Stimme auf der anderen Seite der Tür.
    »Ja, ja.«
    »Ich ruf Dr. Androsch morgen an und sag ihm Bescheid. Du brauchst dich um nichts zu kümmern.«
    Sollte er sich dafür auch noch bedanken?
    Er sagte nichts.
    »Gute Nacht.«
    Kein einziges Wort.
    Schließlich ihre Schritte.
    Plötzlich wünschte er, der Einbruch in die Galerie wäre echt gewesen und man hätte Mareike und ihn erwischt und sie hätte ihn auf der Wache abholen müssen, die Frau Hauptkommissarin. Sie dann zu sehen, hätte jeden Ärger, den das für ihn gebracht hätte, bei Weitem aufgewogen.
     
    PENNST DU SCHON ?
    Joy
    Es war fast eins, als die SMS einging. Ein kurzer Moment der Freude, dann kehrte die alte Missstimmung zurück. Dumme Nuss, dachte er, obwohl sie für seine leeren Hoffnungen nichts konnte. Am besten, er ignorierte die Nachricht. Einfach umdrehen und weggehen, so wie Mareike eben, das wär’s vielleicht. Vielleicht auch nicht.
    Was soll’s?, dachte er, und schrieb ihr nur ein Wort.
    Balkon?
    Die Antwort war noch kürzer.
    Yep.
    Er schlich aus seinem Zimmer, nahm sich seine Jacke vom Haken und ging auf den Balkon. Joy kletterte gerade über das Geländer.
    »Irgendwann brichst du dir noch den Hals«, sagte er.
    Genau wie er trug sie eine Jacke und darunter einen Rollkragenpullover.
    »Wie war’s bei Bruno?« Er musste das fragen, obwohl er die Antwort eigentlich nicht hören wollte.
    »Eine typische Jungs- WG . Berge von dreckigem Geschirr und überall das totale Chaos. Aber seine Mitbewohner sind nett.«
    »Aha.« Er schob die Hände in die Hosentaschen.
    »Bruno kommt über diese Einträge in Alinas Tagebuch nicht weg. Ich hab ihm gesagt, dass es nichts bringt, wenn er damit zur Polizei rennt. Was sollen die schon damit anfangen? Dann ist er auf die Idee gekommen, dass er Androsch ein bisschen unter Druck setzen könnte. Indem er so tut, als wüsste er Bescheid. Und er meint, Alina muss ja nicht die Einzige gewesen sein, an der er sich vergangen hat.«
    »So ein Quatsch!« Sascha schlug mit der Faust auf das Geländer. »Ich kenne Androsch. Er würde nie … Nee, echt nicht. Bruno will doch bloß davon ablenken, dass er nie für Alina da war. Das ist echt das Letzte!«
    »Keine Ahnung, ob es so ist. Jedenfalls hab ich ihm gesagt, er soll keine Dummheiten machen.«
    Sascha schwieg und begann, an der Unterlippe zu kauen. Wieso regte er sich über Brunos Ansichten auf? Was der sich zusammenreimte, konnte ihm doch egal sein. Er präsentierte Joy nun seine eigene Theorie: Dass Tristan labile Mädchen suchte und vor Androschs Praxis ansprach, um sie dann zum Selbstmord zu verführen.
    Sie wirkte nicht gerade überzeugt. »Wieso sollte er das tun?«
    »Wieso morden Serienmörder? Weil sie krank sind.

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