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Stirb leise, mein Engel

Stirb leise, mein Engel

Titel: Stirb leise, mein Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Götz
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schon.«
    »Aber?«
    »Nichts aber. Nur gewöhnungsbedürftig.«
    Während er sich ein Lächeln abrang, verblasste ihre Heiterkeit. »Es gefällt dir nicht.«
    »Doch. Wirklich. Super.« Er hob beide Daumen und wusste, dass er sie nicht täuschen konnte. Er war noch nie ein guter Lügner gewesen. Und die langen Haare hatten ihm nun mal viel besser gefallen. Wäre sie nicht geschminkt gewesen, hätte man sie glatt für einen Jungen halten können. Zum Glück bohrte sie nicht weiter nach.
    »Bist du okay?«, fragte sie stattdessen. »Du siehst ziemlich kaputt aus.«
    Er rieb sich ein Auge. »Bin ich auch. Hab bis eben gepennt.«
    »Was ist los?«
    »Hatte wenig Schlaf, die letzten Nächte.« Er atmete schwer. »Es heißt, Androsch hat Patientinnen missbraucht. Und zwar genau die Mädchen, die tot sind.«
    »Wirklich? Das ist ja schrecklich!«
    »Ich hab ihm vertraut! Wenn er das wirklich getan hat, dann …« Er merkte, dass er laut geworden war. Leiser, fast flüsternd schloss er: »Wem soll ich jetzt noch vertrauen?«
    »Mir, zum Beispiel!« Sie lächelte verhalten, fast schüchtern, und errötete sogar ein wenig.
    Sascha schlug die Augen nieder. Ihr Angebot war rührend, machte ihn aber auch verlegen.
    »Willst du was trinken?«, lenkte er ab.
    »Was hast du da?«
    Er schlurfte voraus in die Küche. Mareike deutete auf eine angebrochene Flasche Rotwein auf der Anrichte. »Dazu würde ich nicht Nein sagen.« Während er zwei Gläser aus dem Hängeschrank holte – er hatte sich spontan entschlossen, auch Wein zu trinken –, sagte sie: »Und, bist du jetzt der große Held deiner Mutter?«
    Den spöttischen Ton in ihrer Stimme musste er wohl hinnehmen. »Okay, du hattest recht. Sie fand unsere Aktion überhaupt nicht cool und war total angepisst.«
    Mareike zuckte mit den Schultern. »Hab ich’s gesagt, oder hab ich’s gesagt?«
    Glucksend stürzte der Wein in die Gläser. Mareike hob das ihre, er dachte, um mit ihm anzustoßen, doch sie trank allein. Erst danach fiel es ihr auf. »Oh«, machte sie, stieß ihr Glas gegen seines und trank noch einmal mit ihm gemeinsam. Dann sagte sie: »Ich würde gern dein Zimmer sehen.«
    »Lieber nicht. Da sieht’s aus wie Sau.«
    »Macht nichts.« Sie schnappte sich die Weinflasche und ging voraus. »Ist es hier?« Doch sie wartete die Antwort nicht ab, sondern schob die nur angelehnte Tür auf und betrat sein Zimmer. Dort ließ sie den Blick kurz schweifen. »Nett. Und total ordentlich.«
    »Das sieht meine Mutter anders.«
    Er deutete auf das Display seines Laptops, wo ein Artikel zu den toten Mädchen geöffnet war. »Echt der Hammer, was wir da losgetreten haben.«
    Mareike schwieg nur und nagte an ihrer Unterlippe.
    Er ging zum Schreibtisch. »Ich glaub, ich weiß jetzt auch, wieso bei Mirko an der Tür nicht
Androsch
stand. Irgendwo hab ich gelesen, dass Mirkos Mutter nach der Scheidung wieder ihren Mädchennamen angenommen hat. Und ich wette, der lautet Engelhart. Aber wieso Mirko sich ausgerechnet Tristan genannt hat, versteh ich noch immer nicht.«
    »Ist doch auch egal, oder?«, sagte sie, schwenkte dabei ihr Glas und sah zu, wie der Wein darin herumschwappte.
    »Also, wenn ich einen falschen Namen annehmen müsste, würde ich nicht auf Tristan kommen. Ich wette, dass der Name was bedeutet.«
    »Schon möglich, aber … Können wir auch mal über was anderes reden?«
    »Interessiert dich das plötzlich nicht mehr?«, fragte er.
    »Doch. Nein. Ich meine nur: Egal, was wir tun, es bringt Natalie nicht zurück. Und was dieser Androsch gemacht hat, ändert es auch nicht.«
    Sie hatte recht. Er ließ sich auf den Boden nieder und warf ihr ein Sitzkissen hin. »Von mir aus, reden wir über was anderes. Zum Beispiel über dich. Von dir weiß ich fast noch weniger als von Tristan. Beziehungsweise Mirko.«
    Mareike setzte sich auf das Kissen und stellte die Flasche neben sich. Sie leerte ihr Glas in einem Zug und schenkte sich sofort nach. Dann fiel ihr Blick auf etwas unter dem Bett. Sie griff danach, zog es heraus: die Mappe mit seinen Zeichnungen.
    »Nicht«, sagte er, »die sind nicht gut.«
    »Zu spät!« Ungeniert schlug sie sie auf, blätterte die Zeichnungen durch und betrachtete jede von ihnen eingehend. »Du bist ja ein richtiger Künstler.«
    »Verarschst du mich gerade?«
    »Würde ich nie tun!«
    Und dann lag plötzlich Joys Porträt vor ihnen. Sascha erschrak. Wie hatte er bloß vergessen können, dass diese oberpeinliche Zeichnung in der Mappe steckte!
    »Ist das

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