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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Swan … die war doch auch im Zimmer. Sie hat es zuerst erwischt. Wie geht es ihr?«
    Phil rieb sich das Kinn. »Nicht gut. Ich habe mit der Schwester gesprochen, ihr Zustand ist nach wie vor kritisch. Bei Ihnen hat Lister nicht richtig getroffen, aber Jenny Swan stand viel näher bei ihm. Sie hatte nicht so viel Glück.«
    Anni nickte stumm.
    Eine Zeitlang saßen sie einfach nur so da. Irgendwann brach Anni das Schweigen.
    »Sie war ganz kurz davor, zu ihm durchzudringen. Zu Finn. Da bin ich mir absolut sicher.«
    »Wieso?«
    »Sie hat es geschafft, eine Beziehung zu ihm aufzubauen, ihn zum Reden zu bringen. Er war gerade dabei, sich zu öffnen.«
    Phil sagte nichts. Wartete. Anni nahm ihre Kraft zusammen und redete weiter.
    »Anscheinend hat er in einem Garten gelebt …«, sagte sie.
    »Ja«, sagte Phil. Bei ihren Worten überlief ihn ein kalter Schauer. »Der Garten war eine Art Kommune. Früher. Es … gibt sie schon lange nicht mehr.«
    »Da wär ich mir aber nicht so sicher«, meinte sie. »Er hat gesagt, dass er dort gelebt hat. Im Garten.«
    Phil tat sein Bestes, sich seine Unruhe, seine Verzweiflung nicht anmerken zu lassen. »Hat er gesagt, wo der Garten ist? Wie es dort aussieht?«
    »Er hat gesagt, er wäre aus … Eisen. Alles wäre aus ­Eisen.«
    »Eisen? Heißt das, es ist ein Gebäude?«
    »Er wäre die ganze Zeit drinnen gewesen, hat er gesagt. Nie draußen. Das war wohl mit ein Grund, weshalb er so außer sich war, als er aus dem Keller kam. Er ist noch nie in seinem Leben im Freien gewesen. Er hat es nicht ausdrücklich gesagt, aber das war es, was er meinte.«
    »Du lieber Gott …«
    »Ja. Er meinte, das Licht hätte ihnen gesagt, wann es Zeit zum Aufstehen und Schlafengehen war.«
    »Das Licht?«
    »Elektrisches Licht wahrscheinlich.«
    »War er … keine Ahnung – irgendwo unter der Erde? Hat er irgendwelche Hinweise darauf gegeben, wo dieser Garten sein könnte?«
    Anni schüttelte den Kopf. Dann verzog sie das Gesicht, die Bewegung hatte ihr Schmerzen bereitet. »Nein. Er hat nur … gesagt … dass immer viel gehustet wurde. Die Leute hätten die ganze Zeit gehustet. Es klang so, als hätten die meisten nicht lange überlebt.«
    Phil lehnte sich zurück und versuchte zu verarbeiten, was sie gesagt hatte. Ihre Worte wirbelten wild in seinem Kopf durcheinander.
    Dann musterte er sie. Das Gespräch hatte sie erschöpft. Sie war kurz davor, wieder einzuschlafen. Er wollte nicht länger bleiben und ihre Genesung behindern.
    »Ich gehe dann mal besser«, meinte er.
    Sie nickte schläfrig.
    »Aber ich komme bald wieder.«
    Erneutes Nicken. »Bringen Sie Mickey mit …«
    »Mache ich.«
    Er stand auf. Wusste nicht recht, ob er ihre Hand drücken oder sie vielleicht sogar auf die Stirn küssen sollte. Irgendeine menschliche Regung, die zeigte, dass sie ihm am Herzen lag. Schließlich drückte er ihre Hand. Sie lächelte. Dann schlief sie ein.
    Und er ging.
    Auf dem Weg zum Wagen fiel ihm ein, dass er einen ganzen Tag lang seine Mailbox nicht abgehört hatte. Er zog sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer. Dann lauschte er.
    Seine Augen wurden groß, und seine Miene veränderte sich.
    Und dann rannte er, so schnell er konnte, zu seinem Wagen.

    90 »Sie wollten mich sprechen?«
    Marina war Glass in sein Büro gefolgt und stand nun vor seinem Schreibtisch. Er selbst hatte Platz genommen, einen Blick auf seinen Computerbildschirm geworfen und in einer Akte geblättert, die aufgeklappt vor ihm lag. Er will, dass ich mir wie seine Untergebene vorkomme , dachte sie. Will seine Überlegenheit demonstrieren. Ihr stand nicht der Sinn nach seinen Machtspielchen.
    Keine Antwort.
    Sie sah auf ihre Armbanduhr und wandte sich zur Tür. »Sie haben ja offensichtlich zu tun«, sagte sie. »Ich komme dann später wieder.«
    Hastig sah Glass auf. »Nein, nein. Bringen wir es hinter uns.«
    Sie drehte sich wieder um. Wartete. Die Formulierung erfüllte sie nicht gerade mit Zuversicht.
    »Setzen Sie sich.«
    »Ich stehe lieber. Ich stecke mitten in einer Sache und muss gleich zurück an meinen Schreibtisch.«
    Glass musste diese Niederlage einstecken, allerdings ließ er keinen Zweifel daran, dass es ihm nicht gefiel. »Wie Sie wollen. Nun. Ich bin ein großer Bewunderer Ihrer Arbeit, Marina. Hervorragend. Vorhin im Briefing – die Schlüsse, die Sie auf der Grundlage empirischer Beweise gezogen haben. Bewundernswert. Ich kenne viele Kollegen, die nicht verstehen, wozu man bei der Polizei einen Psychologen

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