Stirb, mein Prinz
anderen Leuten, die im Restaurant aßen.
Und dazu hatte es Wein gegeben. Kein billiges Gesöff wie das von Ranjit’s an der Ecke, das sie flaschenweise trank und von dem ihr immer noch Tage später die Gedärme brannten. Sondern richtigen, guten Wein.
Am liebsten hätte sie die ganze Flasche leer gemacht. Aber sie hatte sich zurückgehalten. Nur eineinhalb Gläser getrunken. Wollte nicht, dass ihre Gastgeber sonst was über sie dachten.
Dons Frau war sehr nett zu ihr gewesen. Es schien ihr überhaupt nichts auszumachen, dass Don sie und Ben zum Abendessen mitgebracht und ihnen sogar angeboten hatte, über Nacht zu bleiben.
»Das ist doch kein Problem«, hatte sie gesagt. »Wir passen sowieso immer auf Phils Tochter auf. Und früher haben wir das oft gemacht. Kinder aufgenommen. Als Pflegeeltern.«
Donna hatte genickt. »Okay.«
Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie Pflegeeltern drauf waren. Zumindest die, bei denen sie gelebt hatte, wenn ihre Mutter gerade mal wieder ihr Leben nicht im Griff gehabt hatte. So wie die hier waren sie jedenfalls nicht gewesen.
Sie hatte zaghaft gelächelt. »Don und Donna«, hatte sie gesagt. »Ich könnte Ihre Tochter sein.« Aber dabei war ihre Stimme immer leiser geworden.
Eileen hatte sich so viel Mühe mit Ben gegeben. Ihm was zu trinken besorgt, ihn gefragt, ob er gerne ein Bad nehmen würde, was seine Lieblingssendung im Fernsehen sei und so weiter. Anfangs war er zurückhaltend gewesen und hatte nicht geantwortet, für den Fall, dass das alles nur ein Trick war. Aber Eileen hatte ganz offen und direkt mit ihm geredet, und daraufhin war er aufgetaut. Jetzt lag er eingekuschelt in einem der Betten oben und schlief.
Und sie saß zusammen mit Don und Eileen im Wohnzimmer bei einer zweiten Flasche Wein. Es war so gemütlich hier. Warm. Sicher. Der Sessel war so groß, dass man fast drin hätte schlafen können. Donna war kurz davor.
Daran hätte sie sich gewöhnen können. Einfach hierzubleiben, für immer.
Sie spürte, wie ihr die Tränen kamen. Wollte nicht weinen. Kämpfte dagegen an.
Sie schaute zu Don hinüber. Auch er schien wirklich nett zu sein. Man merkte ihm an, dass er früher Bulle gewesen war, aber er ließ es nicht raushängen so wie viele andere. Einige ihrer Freier zum Beispiel. Aber jetzt gerade wirkte er angespannt und unruhig.
»Haben Sie schon was von Phil gehört?«, erkundigte sich Donna.
Don schrak hoch, als hätte sie ihn aus einem Traum geweckt. »Nein. Nein. Damit … damit rechne ich auch gar nicht. Jedenfalls nicht mehr heute Abend.« Er versank wieder in seiner Grübelei.
Eileen beugte sich zu ihr. »Also, Donna … und was ist mit Ihnen? Was wollen Sie jetzt machen?«
Das hatte sich Donna auch schon gefragt. Sie war mit Ben nach oben gegangen, um nach ihm ein Bad zu nehmen. Hatte in der Wanne gelegen und nachgedacht. Auf keinen Fall konnte sie einfach so weitermachen wie bisher. Unvorstellbar, dafür hatte sie viel zu viel durchgemacht. In ihr Haus wollte sie auch nicht zurück. Nach allem, was dort passiert war.
Vielleicht war es an der Zeit, ihr Leben umzukrempeln. Aufzuräumen – in ihrem Kopf und ihrem Körper. Vielleicht.
»Ich weiß noch nicht«, sagte sie. »Ich kann nicht … ich will nicht nach Hause. Nicht nach … Sie wissen schon.«
Eileen nickte.
»Und dann ist da noch Ben …« Sie seufzte. »Der ist wohl …« Sie verstummte.
»Sie sind alles, was er noch hat«, sagte Eileen.
Sie hatte recht. Donna trug jetzt die Verantwortung für ihn. Ob es ihr passte oder nicht. Sie musste für ihn sorgen. Und dementsprechend musste sie sich auch verhalten.
Donna lächelte. »Vielleicht schreib ich auf, was passiert ist«, meinte sie. »Dann kann irgendwer einen Film draus machen.«
Eileen erwiderte das Lächeln. »Das wäre doch was.«
»Hm«, sagte Donna und nickte. »Vielleicht mache ich das.«
Don stand auf und ging in die Küche. Sie hörte, wie die Kühlschranktür auf- und wieder zugemacht wurde. Hörte ihn in einer Schublade nach etwas suchen. Dann das Gluckern, als Flüssigkeit aus einer Flasche in ein Glas gegossen wurde. Er kam mit einem Glas Bier zurück, nahm einen tiefen Zug und stellte es dann neben sich auf den Tisch.
»Trink nicht zu viel«, sagte Eileen.
»Ich betrinke mich schon nicht«, gab er ein wenig gereizt zurück.
Eileen wandte sich wieder Donna zu. »Don hat nie aufgehört, Polizist zu sein«, sagte sie leise. »Nicht in seinem Herzen. Es ist schwierig für ihn, wenn er weiß, dass etwas
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