Stirb mit mir: Roman (German Edition)
ihrem Haus war sie sehr redselig, was für sie ungewöhnlich war. Sie sprach über das sonnige Wetter und darüber, wie schön es überall aussah. Wir hielten vor einem Spirituosenladen. Ich sah zu, wie sie ihn betrat und ein Mann sie beim Verlassen des Geschäfts von Kopf bis Fuß taxierte. Aber sie sah ja auch wundervoll aus, die Frage war nur, warum es mich nicht glücklich machte. Schließlich war sie meine Freundin und würde bald meine Geliebte sein. Alles war, wie es sein sollte. Wie wir es geplant hatten.
Als sie zurückkehrte, hatte sie eine Flasche Belle Epoque in der Hand, jenen irrsinnig teuren Champagner mit den gemalten Blumen auf dem Etikett. Sie glitt auf den Fahrersitz und schien von ihrem Kauf ganz angetan zu sein.
»Die Flasche ist zwar nicht kalt, aber ich konnte einfach nicht widerstehen. Der Name bedeutet ›schöne Zeit‹ und ist prophetisch, findest du nicht?«
Die grüne Flasche lag schwer auf meinem Schoß. Ich dachte an den Druck, unter dem sie stand, und dass sie nur darauf wartete, zu explodieren.
In ihrem Haus war es wie immer peinlich sauber. Ich konnte das Reinigungsmittel noch riechen. Der Geruch erinnerte mich an Krankenhäuser. Der Tod war nicht mehr weit entfernt.
»Ich lege sie nur rasch in den Kühlschrank«, sagte Alice und nahm mir die bemalte Flasche ab.
Es war, als wäre ich zu einer Party erschienen, mit ihr als Gastgeberin. Ich merkte, dass ich allmählich in Stimmung kam und in meinem Herzen so etwas wie Hoffnung aufkeimte. Als ich die Augen schloss, stellte ich mir klares blaues Wasser vor und Alice an meiner Seite.
»Ich habe dir etwas Besonderes gekocht«, sagte sie.
Das war neu. Alice achtete zwar auf einen ordentlichen Haushalt, doch eine Köchin war sie nicht. Bisher hatten wir immer abgepackte Mahlzeiten von Marks & Spencer gegessen. Sie streifte einen Ofenhandschuh über, stellte einen Topf auf den Tisch, eine blaue Kasserolle, und hob den Deckel wie ein Butler. Wenn sie »Tataa« gesagt hätte, hätte es mich kaum gewundert.
Sie hatte einen Eintopf gemacht, braune Fleischbrocken mit Möhren und anderem Wurzelgemüse. Etwas Abgepacktes wäre mir lieber gewesen, aber ich tat, als wäre ich dankbar.
»Eine Überraschung«, erklärte sie. »Kannst du erraten, was es ist?«
Das konnte ich nicht.
»Ich musste bis Yoxford fahren, um den richtigen Fleischer zu finden. Es ist Wildschwein. Zur Erinnerung an Boris.«
Ich betrachtete ihr gerötetes Gesicht, die Kasserolle und die Flasche Champagner im Eiskübel. Plötzlich ekelte ich mich, und mir wurde übel.
»Isst du das überhaupt?«, erkundigte ich mich, denn ich hatte sie noch nie Fleisch essen sehen.
Alice wurde ernst, zupfte den Ofenhandschuh von ihrer weißen Hand, küsste einen Finger und legte ihn mir auf die Stirn. »Ja, ich werde davon essen. Dir zuliebe.«
Noch ein Opfer, dachte ich.
Sie drehte den Korken aus der Flasche. Als der bernsteinfarbene Champagner auf ihre weiße Tischdecke spritzte, runzelte sie kurz die Stirn. Dann fiel ihr wohl ein, dass der beschmutzte Stoff im Vergleich zu dem Blut, das wir bald vergießen würden, unerheblich war. Ich fragte mich, ob sie meine Motive jemals hinterfragt hatte, ob sie sich je vorgestellt hatte, dass ich ihr schaden wollte. Trotz ihres klugen Kopfes ist Alice ebenso vertrauensselig wie das kleine Mädchen im Zug. Ich nahm ihr die gefüllte Sektflöte ab und fand, dass sie wie ein Kind an Heiligabend wirkte.
Ich aß das Fleisch, obwohl es knorpelig war und sich in meinem Mund zu groß anfühlte. Alice wollte, dass ich Wildschwein aß, also tat ich es. Sie selbst vertilgte eine große Portion.
»Für eine Vegetarierin«, sagte ich, »bist du eine ganz schöne Fleischfresserin.«
Als sie mich anlächelte, steckte eine Fleischfaser zwischen ihren Schneidezähnen. Mit zittriger Hand hielt ich die Sektflöte so fest umklammert, dass sie zerbrach. Ich öffnete sie wieder und stellte fest, dass Blut daran war.
»Mein armer Schatz«, sagte Alice, griff nach meiner Hand und zupfte die Glassplitter behutsam heraus. Die Schnitte betupfte sie mit ihrer Serviette. Dann tat sie etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Sie kniete sich neben mich und schob sich meine blutenden Finger in den Mund. Er fühlte sich weich und warm an; ich spürte ihre Zunge, die an meinen Fingern leckte, und ihre Lippen, die daran saugten. Es machte mich scharf, doch dann erinnerte ich mich an meine Krankheit und daran, dass einige Menschen von infiziertem Blut angesteckt worden
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