Stirb, Schätzchen, Stirb
es plötzlich still war, drehte Bobby überrascht den Kopf und schlug die Augen auf. »Zana? Oh, Eve, ich bin anscheinend eingenickt. Ich habe eine Geschichte gehört. Irgendwelches blödsinniges Zeug«, fügte er hinzu und versuchte, ein Lächeln aufzusetzen, was ihm jedoch nicht recht gelang. »Die Schwester hat gesagt, dass Zana gleich kommt.«
»Ich bin eben von ihr weg. Ich lasse sie von einem Beamten herfahren. Draußen ist es wirklich widerlich.«
»Ja.« Er blickte aus dem Fenster und runzelte die Stirn.
»Wie fühlst du dich?«
»Ich weiß nicht. Linkisch, dämlich, sauer, weil ich hier gelandet bin. Vor allem tue ich mir leid.«
»Dazu hast du auch alles Recht der Welt.«
»Ja, das sage ich mir auch. Die Blumen und der Baum. Das ist wirklich nett.«
Er wies auf den mit winzigen Weihnachtsmännern geschmückten, kleinen, künstlichen Tannenbaum. Eves Meinung nach sah es so aus, als hätte jemand die drolligen, kleinen Figuren aufgehängt.
»Zana hat mir erzählt, dass du ihr beim Aussuchen geholfen hast.«
»Nicht wirklich. Ich war nur dabei.«
»Sie denkt immer an solche Sachen. An irgendwelche Kleinigkeiten, mit denen sie anderen eine Freude machen kann. Dies ist ein wirklich beschissenes Weihnachten für sie.«
»Für dich auch. Es ist wirklich ätzend, Bobby, und ich werde es noch ätzender machen, indem ich dich frage, ob dir noch irgendetwas eingefallen ist. Bezüglich des Mordes an deiner Mutter und bezüglich dessen, was dir selber gestern zugestoßen ist.«
»Nichts. Tut mir leid. Ich hatte jede Menge Zeit zum Nachdenken, denn schließlich liege ich hier rum wie ein Vollidiot, der noch nicht mal eine Straße überqueren kann.« Er stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus, hob seinen gesunden Arm und ließ ihn wieder fallen. »Ich habe gründlich über die Dinge nachgedacht, die du mir erzählt hast, die meine Mutter gemacht haben soll. Hat sie wirklich Geld von dir verlangt?«
Eve trat dichter an das Bett und sah ihm ins Gesicht. »Wie viel Mist erträgst du noch?«
Er klappte seine Augen zu, und als er sie wieder öffnete, hoffte sie, dass das, was sie in seinem Blick entdeckte, Stärke war. »Am besten höre ich mir einfach alles an. Schließlich habe ich nichts Besseres zu tun.«
»Deine Mutter hatte mehrere Nummernkonten, auf die Gelder geflossen sind, die sie von Frauen erpresst hat, die als Pflegekinder bei ihr waren.«
»Oh Gott. Oh, mein Gott. Das muss ein Missverständnis sein, ein Irrtum, eine furchtbare Verwechslung.«
»Ich habe die Aussagen von zwei dieser Frauen, die bestätigen, dass deine Mutter sich bei ihnen gemeldet und ihnen mit der Veröffentlichung ihrer Jugendstrafakten gedroht hat, wenn sie nicht eine bestimmte Summe von ihnen bekommt.«
Die Worte landeten wie Schläge in seinem bereits geschundenen Gesicht, er starrte sie weder schockiert noch ungläubig, sondern mit der angestrengten Konzentration des Mannes an, der mit fürchterlichen Schmerzen rang.
»Aussagen«, wiederholte er. »Gleich zwei.«
»Bobby, es kommen sicherlich noch mehr dazu, bis die Sache erst mal abgeschlossen ist. Außerdem hat sie meinen Mann darüber informiert, dass sie Kopien meiner Akte hätte und sie an die Medien schicken würde, wenn er sie nicht bezahlt. Sie hat bereits seit ein paar Jahren ehemalige Schützlinge erpresst.«
»Sie waren damals doch noch Kinder«, stieß er leise aus. »Wir alle waren damals doch noch Kinder.«
»Es ist möglich, dass sie einen ihrer damaligen Schützlinge dazu missbraucht hat, um mich über Roarke zu erpressen, und dass sie von diesem Individuum getötet worden ist.«
»Ich hätte niemals zugelassen, dass es ihr an irgendetwas fehlt. Wann immer sie was wollte, habe ich alles getan, was in meiner Macht stand, damit sie es bekam. Weshalb hätte sie so etwas tun sollen? Ich weiß, was du denkst.« Wieder sah er an ihr vorbei zum Fenster. »Ich weiß es ganz genau. Du denkst, dass sie dich benutzt und schlecht behandelt hat, als du als Kind in ihrer Obhut warst. Warum also hätte sie das nicht noch mal versuchen sollen, auch wenn du inzwischen kein kleines Kind mehr bist?«
»Ist es denn nicht so gewesen, Bobby? Trügt mich etwa meine Erinnerung?«
Er atmete zitternd aus. »Nein. Sie hat immer gesagt, dass du und all die anderen Kinder, die sie aufgenommen hat, Glück haben, dass jemand ihnen endlich ein anständiges Zuhause gibt. Dass sich jemand genug für sie interessiert, um ihnen Disziplin, Respekt und gutes Benehmen beizubringen. Das hat
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