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Stirb schön

Stirb schön

Titel: Stirb schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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aufgebaut hatte. Dann wurde der Bildschirm plötzlich schwarz. Kellies Gesicht erschien.
    Sie wurde von einem erbarmungslosen Scheinwerfer angestrahlt wie eine einsame Schauspielerin auf der Bühne und starrte unverwandt geradeaus. Sie trug noch das Abendkleid von gestern und war mit Händen und Füßen an einen Stuhl gefesselt. Um den Hals hatte sie einen silbernen Anhänger, den Tom noch nie an ihr gesehen hatte. Unter dem rechten Auge prangte ein großer Bluterguss, als hätte man sie geschlagen, auch die Lippen wirkten geschwollen.
    Tom war wie gelähmt vor Entsetzen. Das musste ein schlechter Scherz sein, aber es fühlte sich an wie ein Albtraum.
    Kellie sprach in gestelztem Ton, als hätte sie ihren Text auswendig gelernt.
    »Tom, bitte sieh mich an und hör gut zu«, sagte sie mit bebender Stimme. »Warum hast du mir das angetan? Warum hast du deren Anweisungen nicht befolgt? Jetzt bestrafen sie mich für deine Dummheit.«
    Sie verstummte, Tränen liefen ihr über die mascaraverschmierten Wangen. Die Kamera zoomte auf ihr Gesicht. Näher, näher, schwenkte dann auf den Anhänger, bis dieser den ganzen Bildschirm ausfüllte.
    Die Gravur darauf war deutlich zu erkennen. Ein Skarabäus.
    »Erzähl der Polizei nichts von diesem Film, Liebling. Tu genau, was sie dir sagen. Sonst ist Max als Nächster dran. Dann Jessica. Spiel nicht den Helden. Bitte tu, was sie dir sagen. Es ist …« Sie konnte nicht weitersprechen. »Es ist unsere einzige Chance, dass wir uns je wieder sehen. Bitte, bitte geh nicht zur Polizei. Sie kriegen es raus. Die wissen alles.«
    Kellies Stimme riss wie Stacheldraht an seinem Herzen.
    Der Bildschirm wurde pechschwarz, und Tom hörte einen Laut. Ein leises Wimmern, das immer lauter und schriller, immer durchdringender wurde. Es war Kellie.
    Dann Stille.
    Der Film war zu Ende.
    Tom erbrach sich auf den Boden.

62
    NICK NICHOLAS STEUERTE den neutralen Vauxhall durch das Sicherheitstor von Sussex House und gab Gas. Emma-Jane erteilte per Funk Anweisungen an die Einsatzzentrale.
    »Hier spricht Golf Tango Juliet Echo, wir brauchen die Unterstützung der Schutzpolizei im Gebiet Freshfield Road. Der Vorfall ist vor Haus Nr. 138, aber ich möchte niemanden sehen oder hören, bevor ich es sage. Das ist absolut entscheidend, verstanden?« Sie zitterte vor Nervosität. Es war der erste wichtige Einsatz, den sie leitete, und sie fürchtete insgeheim, damit ihre Kompetenz zu überschreiten. Doch was blieb ihr anderes übrig? »Können Sie bestätigen?«
    »Golf Tango Juliet Echo, schicken Uniformierte ins Gebiet Freshfield Road. Völlige Diskretion bis auf weiteres erbeten. Voraussichtliche Ankunft in etwa vier Minuten.«
    Sie rasten eine lange, steile Straße hinunter. Emma-Jane schielte auf den Tacho. Über 110 km/h. Sie wählte Seilers Nummer, er meldete sich sofort.
    »Mr Seiler? Hier spricht Detective Constable Boutwood. Wir sind unterwegs. Steht der Lieferwagen noch draußen?«
    »Ja. Soll ich mit dem Fahrer reden?«
    »Nein«, bat sie ihn inständig. »Auf gar keinen Fall. Bleiben Sie einfach drinnen und beobachten Sie ihn. Ich bleibe am Apparat. Sagen Sie mir, was Sie sehen.«
    Eine Radarkamera blitzte sie. DC Nicholas raste weiter und trat noch fester aufs Gaspedal, um die Grünphase der nächsten Ampel zu erwischen. Sie sprang um.
    »Weiter!«, befahl Emma-Jane und hielt die Luft an, als der Wagen auf die Kreuzung schoss und scharf nach rechts abbog, wobei er ein entgegenkommendes Fahrzeug schnitt, dessen Fahrer wütend hupte.
    »Ich sehe den weißen Lieferwagen noch immer. Drinnen sitzt ein Mann«, gab Seiler durch.
    »Nur einer?«
    Jetzt befanden sie sich auf einer vierspurigen Straße mit einem Tempolimit von 60 km/h. Die Tachonadel näherte sich der 150.
    »Ich sehe nur einen Mann.«
    »Was macht er?«
    »Hat einen Laptop aufgeklappt.«
    Eine zweite Kamera blitzte auf.
    »Ich hoffe bloß, du bist auf der richtigen Spur«, flüsterte Nick ihr zu. »Sonst kann ich meinen Führerschein vergessen.«
    Straßenlampen und rote Hecklichter schossen vorüber, wütende Fahrer betätigten die Lichthupe.
    Doch Emma-Jane konzentrierte sich ganz auf ihren Informanten. »Nur noch ein paar Minuten.«
    »Soll ich jetzt rauskommen?«
    »Nein!«, schrie sie energisch. »Bleiben Sie unbedingt drinnen.«
    Nick Nicholas überfuhr vier rote Ampeln in Folge, bog scharf links nach Elm Grove ab, eine breite, steile Straße, die von Häusern und Geschäften gesäumt wurde. Die Leuchtreklame einer Teppichhandlung

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