Stirb schön
Aufgabe.«
»Sie machen wohl Witze. Ich bin hier zu Hause, ich will nicht versetzt werden. Wenn es dazu käme, würde ich eher den Dienst quittieren.«
»Dann reißen Sie sich zusammen, damit es nicht so weit kommt. Ich ziehe einen weiteren Beamten heran, der sich um die alten Fälle kümmert, da Sie damit auch nicht die erwarteten Fortschritte vorweisen können. Einen ehemaligen Inspektor von der Metropolitan Police. Wir haben ihn befördert, er hat jetzt den gleichen Dienstgrad wie Sie.«
»Kenne ich ihn?«
»Er heißt Cassian Pewe.«
Oh nein, dachte Grace. Detective Inspector Cassian Pewe, besser gesagt, Detective Superintendent Cassian Pewe. Grace war ihm vor einigen Jahren begegnet, als die Met Verstärkung für den Labour-Parteitag nach Brighton geschickt hatte. Ein überaus arroganter Typ. »Der kommt zu uns?«
»Er fängt am Montag an, bezieht ein Büro hier im Haus. Ist das etwa ein Problem für Sie?«
Ja, wollte er sagen, natürlich, der Klassenprimus, Lehrers Liebling. Wo sonst würde sie ihn unterbringen? Hier konnten sie und Pewe in aller Ruhe besprechen, wie man den Störenfried Roy Grace sabotieren konnte.
Aber ihm blieb nichts anderes übrig, als die Frage zu verneinen.
»Sie sind also vorgewarnt, Roy. Alles klar?«
Er konnte nur nicken. Dann meldete sich sein Handy. Vosper bedeutete ihm, er solle rangehen.
Er trat beiseite und schaute aufs Display. Die Soko-Zentrale. »Roy Grace.«
DC Nicholas teilte ihm aufgeregt mit, dass sie vom Labor in Huntington gehört hatten. Es gab eine positive DNA-Übereinstimmung.
24
» NICHT ZU FASSEN , was du so hörst«, sagte Branson. »Das ist doch Scheiße, totale Scheiße. Mir fällt kein anderes Wort dafür ein.«
Sie fuhren auf einer langen, vierspurigen Straße nach Westen, vorbei an dem alten Luftwaffenstützpunkt aus dem Zweiten Weltkrieg, der heute Shoreham Airport heißt und gute Geschäfte mit Privatjets und Flügen auf die Kanalinseln und nach Southampton macht.
Shoreham ist der westlichste Vorort von Brighton, und Grace empfand immer eine seltsame Mischung aus Erleichterung und Traurigkeit, wenn er ihn hinter sich ließ. Traurigkeit, weil er hier zu Hause war und sich ungern in fremde Gegenden begab. Erleichterung, weil er in Brighton and Hove stets eine gewisse Verantwortung spürte und sich erst entspannen konnte, wenn er die Stadt verlassen hatte.
Nach den vielen Jahren bei der Polizei war es ihm in Fleisch und Blut übergegangen, jeden Fußgänger und Autofahrer unbewusst zu registrieren. Er kannte die meisten örtlichen Kriminellen, sämtliche Dealer, viele Schläger und Einbrecher und wusste, ob sie sich straflos an einem Ort aufhalten durften oder nicht. Und genau das machte Alison Vospers Drohung so lächerlich. An jedem anderen Ort wäre seine lebenslange Erfahrung nutzlos.
Roy Grace hatte beschlossen, selbst zu fahren, weil seine Nerven keine zweite Tour mit Branson am Steuer durchstehen würden. Allmählich ging ihm allerdings auch das Gefummel am CD-Spieler gehörig auf die Nerven. Doch Branson war noch nicht mit ihm fertig »Die Beatles? Wer zum Teufel hört denn heute im Auto noch die Beatles?«
»Ich. Ich mag sie«, meinte Grace abwehrend. »Dein Problem besteht darin, dass du nicht zwischen Lärm und guter Musik unterscheiden kannst.« An der Kreuzung Lancing College Road hielt er vor einer roten Ampel. Er fuhr seinen eigenen Alfa Romeo, weil die Batterie aufgeladen werden musste. Außerdem hätte er Branson unmöglich am Fahren hindern können, wenn sie einen Dienstwagen genommen hätten.
»Komisch, ausgerechnet du musst das sagen. Du verstehst einfach nichts von Musik!« Dann wechselte er abrupt das Thema und deutete auf ein gegenüberliegendes Pub. » The Sussex Pad. Da gibt es guten Fisch, bin mal mit Ari da gewesen. War echt super.« Er wandte sich wieder dem CD-Spieler zu. » Dido! «
»Was dagegen?«
Er zuckte die Achseln. »Na ja, wenn du auf so was stehst. Wusste gar nicht, wie armselig du bist.«
»Ich mag nun mal solche Musik.«
»Herrgott, was ist das denn? War das die Gratiszugabe bei einer Zeitschrift?«
»Bob Berg« , sagte Grace gereizt. »Ist zufällig ein ernst zu nehmender cooler moderner Jazzmusiker.«
»Ja, aber kein schwarzer.«
»Ach so, muss man etwa schwarz sein, um guten Jazz zu spielen?«
»Das habe ich nicht behauptet.«
»Und ob! Er ist tot, starb vor ein paar Jahren bei einem Autounfall. Und ich liebe seine Stücke, war ein toller Tenor-Saxophonist. Willst du sonst noch was
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