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Stoff für viele Leichen

Stoff für viele Leichen

Titel: Stoff für viele Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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derselben Einheit gekämpft wie Séverin. Er arbeitet
auch als Drucker. Ich geb dir seine Adresse, weiß nicht genau, ob die noch
stimmt. Er hatte die Zeitung abonniert, die ich ab und zu herausgebe. Inzwischen
hat er sie abbestellt. Es geben mehr auf, als man meint... Na ja...“
    Er blätterte in einem Notizbuch.
    „Hier ist seine Adresse.“
    Ich notierte sie.
    Früher hatte Moreno ein besonderes Talent dafür,
fast jedem durch die Lappen zu gehen. Jetzt machte er’s wieder genauso, tot
oder lebendig. Taler, Taler, du mußt wandern! Das konnte lange dauern. Fast
entmutigt ging ich nach Hause und legte mich schlafen.

12

Vorhang für Marcellin
     
    Den nächsten Vormittag widmete ich zum größten Teil
der Suche nach Gonzalès. Die Adresse, die Pillet mir gegeben hatte, stimmte
schon eine Ewigkeit nicht mehr. Ich wurde von Hotel zu Bistro, von Bistro zu
Restaurant geschickt. Schließlich landete ich vor einem Haus in der Rue
Saint-Spire, wo mein hidalgo angeblich wohnte. Ich stutzte. Von hier war es nicht weit bis zur Passage du
Caire. Wenn Moreno noch unter uns weilte und wiedergekommen war, um sich an
Esther zu rächen, konnte Gonzalès ihn bei sich verstecken... Mal sehen. Ich
klingelte. Entweder hatte er frei, oder er arbeitete nachts. Jedenfalls war er
zu Hause. Die Tür wurde einen Spaltbreit geöffnet. Ich sah direkt in ein
Zimmer, in dem ein ziemliches Durcheinander herrschte. Gonzalès sah typisch
spanisch aus: braungebranntes Gesicht, durchdringende Augen mit wunderschönen
Wimpern und ein von der Rasur bläuliches Kinn. „Salud, Genosse Gonzalès“, sagte ich.
    „Gonzalès reicht“, verbesserte er mich. Harter
Akzent. „Die Genossen, die können mich...“
    „Schon gut. Ist mir völlig egal. Ich will mit
dir nicht über Doktrinen diskutieren. Ich komme von Pillet. Mein Name ist
Nestor Burma.“
    „Der Name sagt mir was“, erwiderte er
nachdenklich, ohne sich zu rühren.
    Lange brauchte er nicht nachzudenken, was mein
Name ihm sagte. Was ein guter Ruf doch ausmacht! Gestenreich sagte er:
    „Hau ab. Ich mag keine Flics.“
    „Ich auch nicht.“
    „Hau ab, sag ich dir.“
    „Von wegen!“
    Ich setzte meinen Fuß zwischen die Tür.
    „Hör mal zu, Gonzalès. Stell dich nicht so blöd
an. Laß mich rein. Ich will dir nur ein, zwei Fragen stellen. Wenn ich ein
falscher Flic bin, hast du doch nichts zu befürchten. Bin ich aber ‘n
richtiger, kann ich dir ‘ne Menge Ärger machen, wenn du mich nicht reinläßt.“
    „Schon gut. Komm rein und stell deine Fragen.
Fragen kannst du ruhig.“
    Ich folgte ihm in das unaufgeräumte Zimmer. Ein
kleiner Tisch, voll von Fleften, Zeitungen, Aschenbecher und Briefbeschwerer.
Wir standen daneben und sahen uns einen Augenblick lang wie zwei Kaminhunde an.
Lachend zeigte Gonzalès auf meine Pfeife mit dem Stierkopf.
    „Hast du keine Angst vor dem Töten?“
    Ich überging die Bemerkung, steckte die Pfeife
ein und sagte:
    „Georges Moreno. Nannte sich auch Denis Séverin
und Gaudy. Ein früherer Freund von mir. War in der Colonne Duruti..
    Ich sagte ihm alles, was ich wußte, beschrieb
Moreno usw. „War auch mein Freund“, nickte der Spanier.
    „Scheint tot zu sein.“
    „Möglich.“
    „Neuerdings hört man das Gegenteil.“
    „Auch möglich.“
    „Verarschst du mich?“
    „Ich? Wieso? Du wolltest Fragen stellen. Jetzt
stellst du Fragen.“
    Von Anfang an spielte er mit einem Briefbeschwerer,
einem rechteckigen Stück Blei. Sah schwer aus. Ging mir so langsam auf die
Nerven. Alles ging mir so langsam auf die Nerven. Nichts lief so, wie ich es
wollte. Ich hatte die Schnauze voll. „Hör auf damit“, sagte ich.
    „Was denn?“
    „Mit dem Ding da.“
    „Ach! Schnauze!“ explodierte er.
    Ich streckte den Arm aus, um den Briefbeschwerer
zu nehmen. Zu spät. Er hatte ihn außer Reichweite gelegt. Ich versetzte ihm
eine rechte Gerade. Er gab sie mir zurück. Nächste Runde. Er stieß mir den Tisch
mit dem ganzen Kram in die Beine. Ich taumelte zurück, mein Kopf flog zur
Seite. Gute Idee. Drei Zentimeter neben meinem Ohr landete der schwere
Briefbeschwerer dumpf an der Wand. Ich machte einen Satz nach vorn und holte
unterwegs meine Kanone raus. Mit dem Pistolengriff schlug ich dem Choleriker
eins über den Schädel, so daß für ihn die Nacht hereinbrach. Ich nutzte das aus
und sah mich im Zimmer um. Nichts. Jedenfalls nichts für mich. Kein Moreno
unter den verstreuten Zeitungsblättern. Kein Moreno in der Schublade. Ich hob
den Briefbeschwerer

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