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Stoff für viele Leichen

Stoff für viele Leichen

Titel: Stoff für viele Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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und
quetsch sie über ihren Liebhaber aus. Jetzt arbeitet sie noch. Werd mit ihrer
alten Tante beginnen, die ich kurz gesehen habe. Kommen Sie mit, Hélène. Sie
werden ihr Vertrauen einflößen, genauso wie der Kleinen. Bei der werden Sie mir
übrigens keinen Vorwurf machen können...“
    Sie
durchbohrte mich mit ihrem Blick, und ich hielt die Klappe. Als wir gerade
weggehen wollten, klingelte das Telefon. Marc Covet.
    „Heute geht
meine Bombe hoch“, sagte er. „Ja, klappt früher, als ich dachte. Will mich
nicht beklagen. Zwischendurch hab ich geglaubt, es würde nie was. Können Sie
kommen? Um halb sechs, im Crépu. Hab ‘ne Überraschung für Sie.“
    „Marcellin?“
    „Der ist mir
doch scheißegal.“
    „Na schön.
Ist Hélène auch eingeladen?“
    „Die gesamte
Agentur Fiat Lux, wenn Sie wollen. Um so besser.“
    „In der Bar
wahrscheinlich?“
    „In der Bar.
Immer in der Bar.“
    Er hatte wohl
schon ganz schön was getrunken.
     
    * * *
     
    Da das Hotel
Macé auf unserem Weg lag, schauten wir dort rein. Der sanfte Monsieur Gabriel
las einen Kriminalroman. Stammte direkt aus der Bibliothek seines
herumvagabundierenden Mieters. Von ihm hatte er allerdings immer noch keine
Nachricht.
    Das alte Haus
in der Rue Sainte-Foy, in dem Clo mit ihrer Tante wohnte, sah erholsam friedlich
aus. Den Platz davor mit den Bäumen hätte man provinziell nennen können, wäre
er nicht in einen ständigen Parkplatz verwandelt worden. Die Straßen hier im
Viertel hallten wider von dem Motorenlärm und dem Klappern aus den Druckereien.
Aber wenn man in dem uralten Treppenhaus war, vergaß man alles. Wir gingen in
die zweite Etage, ich läutete an der Wohnungstür von Clo. Es war keine
elektrische Klingel. Man zog an einer ziemlich abgenutzten Schnur mit einem
roten Quast. Das Läuten der Glocke zerriß die Stille, erstarb langsam, aber
niemand meldete sich. Ich zog nochmal an der Schnur. Immer noch nichts. Hélène
neben mir seufzte. Ähnelte schon mehr einem Klagelaut. Mir lief es kalt über
den Rücken.
    „Gelähmt“, sagte
ich tonlos. „Fährt in der Wohnung mit einem Rollstuhl herum, aber nicht nach
draußen. Bis heute nicht, jedenfalls.“
    „Leider
nein!“ murmelte Hélène. „Sie ist da. Versuchen Sie nicht, sich was einzureden.
Sie wissen doch, daß sie da ist. Für Nestor Burma sind immer alle da.“
    „Halten Sie
die Klappe, oder ich hau Ihnen eine runter“, schimpfte ich, leicht nervös. „Oh!
... Hören Sie mal! ...“
    Aus der
Wohnung drang ein schwaches Geräusch. „Madame“, rief ich.
    „Verschwinden
Sie“, hörten wir durch die Tür eine zittrige, angsterfüllte Stimme.
    Erfreut
atmete ich auf.
    „Haben Sie
keine Angst, Madame“, sagte Hélène. „Verschwinden Sie“, wiederholte die Alte.
„Gehen Sie, oder ich ruf die Polizei.“
    „Wir sind
doch so was Ähnliches. Nestor Burma, Madame. Der Detektiv. Erinnern Sie sich?
Ich war gestern hier, mit ihrer Nichte Clothilde. Ich brauchte ein Foto
von...von ihrem Verlobten... Victor Marcellin... “
    „Von diesem
Kerl will ich nichts mehr hören... Verrückter! ... Hat hier alles
kaputtgeschlagen, mich bedroht... Ich mach nicht auf. Nie mehr! Verschwinden
Sie!“
    Ich faßte
Hélène am Arm und drückte ihn so sehr, daß ich ihr wehtat.
    „Großer Gott!
Er ist zurückgekommen! Wir müssen mehr darüber wissen. Sprechen Sie, so sanft
Sie können. Sie müssen die Alte überreden, uns zu öffnen.“
    Hélène ging
mit dem Mund ganz nah ans Schlüsselloch und versuchte, die gute Frau davon zu
überzeugen, daß wir ihr nichts tun wollten. Und es gelang ihr!
    In dem
runzligen Gesicht der alten Dame stand die nackte Angst, die erst nach und nach
verschwand. Hélène, sanft wie ein Engel, beruhigte sie, so gut es ging. Ich sah
mir inzwischen Clos Zimmer an, das Marcellin, wie die Tante sich ausdrückte,
verwüstet hatte. Tatsächlich war es auf den Kopf gestellt. Mitten in dem ganzen
Durcheinander lagen die Scherben der Vase. Die künstlichen Iris, die der
Journalist an einem romantischen Tag gebastelt hatte, waren ganz zerfleddert.
Ich ging zurück zur Tante, die sich jetzt wieder völlig beruhigt hatte.
„Erzählen Sie mir genau, wie das passiert ist“, bat ich sie. „Er ist grade erst
weggegangen. Sie hätten ihm fast im Treppenhaus begegnen können. Sehr höflich,
wie immer, als ich die Tür aufmachte. Aber dann ist er sehr schnell ins Zimmer
der Kleinen gegangen. Hat geflucht wie verrückt und einen Höllenlärm veranstaltet.
Ich hab

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