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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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so naturellement. Er nahm Anlauf und sprang. Es gelang es ihm, auf dem Fensterbrett zu landen und seinen Schwung so abzufangen, dass er nicht sofort die Scheibe mit seinem Körper durchschlug. Schwein gehabt. Leicht schwankend und mit angehaltenem Atem drückte er die Hände zu beiden Seiten gegen das Mauerwerk, um das Gleichgewicht zu finden. Für Kienshi-Verhältnisse war er unsportlich, auch wenn er sich das ungern eingestand. Junias hatte mit solcher Akrobatik weniger Probleme.
    Erst als Jamian sicher auf der Fensterbank stand, riskierte er einen Blick ins Innere des Büros. Typische Einrichtung: Schränke, Schreibtisch, Computer, gepolsterte Drehstühle, ein Flipchart. Und – was entscheidend war – menschenleer. Er atmete aus und griff an den Metallrahmen des gekippten Oberlichts. Ein kraftvoller Ruck nach vorn, der ihn um ein Haar sein lächerliches Gleichgewicht gekostet hätte, und der obere Teil des Fensters war aufgebrochen und schwang nach innen. Jamian lauschte, vernahm aber an Stimmen nichts als ein paar belanglos dahinplätschernde Gespräche in anderen Räumen. Niemand schien das Knirschen gehört zu haben. Er sah nach unten, wo Laine wartete, und gestikulierte ihr, dass die Luft rein war. Dann hievte er sich über den brusthohen unteren Teil des Fensters, quetschte sich durch die vierzig Zentimeter hohe Öffnung ins Innere des Büros, landete unbeholfen und stieß sich am Tisch.
    Kaum war er in dem Büro, als er schon eine schattenhafte Bewegung wahrnahm. Im nächsten Moment lächelte ihm Laine durch die Fensterscheibe zu. Sie griff in den Jalousienkasten, zog sich daran mit einem formvollendeten Klimmzug hoch und glitt, mit den Füßen zuerst, durch das Oberlicht. Elegant und lautlos kam sie neben ihm zum Stehen.
    „Wow.“ Jamian staunte. „Du lässt mich dastehen wie einen blutigen Anfänger.“
    „Du bist ein Anfänger“, flüsterte sie zurück. „Nur das Bluten lass lieber sein. Und führe mich nicht in Versuchung. Du weißt schon.“
    Damit ließ sie ihn stehen, setzte sich an den Schreibtisch und fuhr den Computer hoch, während Jamian zur Tür schlich und horchte.
    „Wollen wir doch mal sehen.“ Laine ließ ihre Finger über die Tastatur fliegen.
    „Tipp leiser“, hauchte er und trat hinter sie, um den Bildschirm zu beobachten. „Was hast du da, das Archiv?“
    „Gleich. Ich muss erst das Passwort decodieren , dann komme ich an alle Informationen, die auf dem hausinternen Server gespeichert sind.“
    „ Decodieren ?“
    „Ich habe die nötigen Programme dabei.“ Laine zog einen USB-Stick aus ihrem Rucksack. Sie steckte ihn in die Schnittstelle, startete ein Programm und lehnte sich zurück, während es arbeitete.
    „ So was trägst du mit dir herum? Was bist du, eine blutsaugende Spionageagentin ?“
    „Wir überlassen nichts dem Zufall“, entgegnete Laine leise. Es klang wie eine Warnung. Er fühlte Beklemmung und starrte auf den Monitor, da er Laine nicht ansehen konnte.
    „Oh, schau mal“, raunte sie plötzlich. „Da haben wir es schon. Das ging schnell.“ Der richtige Code war gefunden, das Archiv der Krankenakten öffnete sich und Laine tippte „Bryonts“ ein.
    „Merde!“, murmelte sie gleich darauf und Jamian hätte es ihr am liebsten nachgetan, als sie feststellten, dass die ältesten Einträge aus dem Jahr 1990 stammten.
    „Knapp verpasst, ich wurde im Januar 89 geboren.“ Jamian wandte sich enttäuscht ab. „Aber die Daten müssen doch irgendwo gespeichert sein.“
    „Vermutlich auf einem externen Server oder nur auf Papier in einem Aktenschrank im Keller.“ Laine seufzte und scrollte frustriert zwischen den Einträgen hin und her. „Da können wir lange suchen. Du kannst die Informationen natürlich auf offiziellem Weg anfordern. Aber das dauert bestimmt.“ Plötzlich entfuhr ihr ein verblüffter Laut. „Was haben wir denn hier? Jamian, schau. Ich habe es gefunden!“
    Sein Herz schlug viel lauter, als er erkannte, was für eine Datei Laine geöffnet hatte. Er las die Zeile, die sie markiert hatte.
    „Molly Bryonts. 15. Dezember 1991.“ Was meinte Laine? Das war doch … „Das ist Junias ’ Geburtsakte. Die Akte vom … vom Tod meiner Mutter.“
    „Jamian!“ Laines Flüstern klang scharf und aufgeregt. „Lies , was hier steht: nach Schneiden einer mediolateralen Episiotomie Geburt eines reifen vitalen Neugeborenen aus vorderer Hinterhauptslage.“
    Er starrte auf die Überschrift und weigerte sich, ein Wort zu verstehen. Er wollte nicht

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