Stollengefuester
war auf einmal wieder die ganze Angst und Panik da!
Nino Zoppa schwitzt wie ein fetter Kater am Äquator, klappt auf einem Sessel zusammen, sodass der Aufseher sich besorgt über dieses Mega-Weichei aus Bern beugen muss …
Zoppa rennt wie ein geschlagener Hund hinaus an die frische Luft und schlottert vor Angst, bis Nore endlich bei ihm sitzt und zum Glück die Welt wieder ein bisschen zurechtrückt, weil sie einfach dasitzt und auf das Wasser hinausschaut und auf die schaukelnden braunen Blätter.
Wenn Nore mal nicht bei der Arbeit war, fühlte er sich wie ein Bild ohne Rahmen. Er grinste in sich hinein. Wenn ein Blatt Papier oder ein Stück Leinwand sich irgendwie fühlen konnten.
So war es.
Sein Gehirn war schlecht im Filtern. Unterentwickelt. Nore hatte ihn beruhigt. Das kommt alles noch. Du hast Zeit.
Und Nore hatte freiwillig ein Handy!
Er lachte lautlos. Das war ja unglaublich. Sicher war nur eine einzige Nummer drauf. Seit die Sache mit diesem Kerl aus Lausanne lief. Wer hieß schon Jacques? Den Namen konnte ja keiner buchstabieren.
Aber sie hatte sich etwas verändert. Für einen Kerl in seinem Alter sah sie sicher ganz okay aus. Sie malte sich seither manchmal die Lippen an. Und die Fingernägel. Das stand ihr überraschend gut.
Sie musste längst unterwegs sein. Zu diesem Explodowski.
Diesem Herrn hatte er diese Reise zu verdanken, diese Nacht in einem Familienabteil. Ein Alptraum.
Er dachte an Mona. Der Preis, sie zu behalten, würde hoch sein. Sie wollte Kinder. Und er würde Vater sein.
Vater! Er!
Er versuchte, Mona zu erreichen. Zum Glück antwortete sie nicht. Sie wäre wütend gewesen. Handygespräche aus dem Ausland ruinierten jedes Handy-Konto.
Natürlich hatte sie recht.
Er versuchte zu schlafen.
Das ging nicht.
Also nahm er eine Dusche. Zwei Duschen. Und dann noch eine dritte. Er atmete auf. Endlich war er diesen Zuggestank los.
Zum Glück wollte Nore nicht noch mal mit ihm ins Museumscafé.
Er hätte wieder an diesen Vitrinen vorbeigehen müssen. An diesem großen Alexander. Dabei hatte der ein Gesicht wie ein richtiges Weichei. Das änderte nichts daran, dass diese Zarin, Katharina die Große, ihn verehrte. Deshalb die Ehre, ihn auszustellen.
Aber plötzlich war ihm übel geworden.
Nicht Alexander, nein, Nino Zoppa war es schlecht geworden.
Vor all dieser historischen Größe vermutlich. Was zu viel war, war zu viel. Das musste es gewesen sein.
Er hatte sich hingesetzt.
Angst und Panik hatten ihn ergriffen. Dieser Schweiß unter seiner Jacke, er war seine eigene Sauna! Er dampfte vor sich hin und ihm wurde kotzübel dabei.
Da war er wieder, dieser Geruch. In der Felsenkaverne vom Flugplatz in Matten, im Simmental.
Er schaute sich um und griff sich an die Nase. Wer war das?
Oder hatte ihn bloß eine böse Erinnerung heimgesucht? Das Simmental war mindestens tausend Kilometer weit entfernt. Vielleicht auch hunderttausend. Egal. Es fühlte sich so an. Also war es aus rein geografischen Gründen unmöglich, dass diese Felsenkaverne von Matten bis zu ihm hin roch, bis in dieses Museum in Amsterdam.
Und doch war es genauso gewesen.
Er schnüffelte an sich. Das war nicht er selber.
Es drang nicht aus seiner Jacke, nein. Erschrocken schaute er sich um.
Ja, er roch es immer noch.
Eine Dame mit beängstigend hoch gestecktem Haar stand in der Nähe und verharrte andächtig vor einer Vitrine.
Wie war es möglich, dass dieser Alexander – der sah ja wirklich und wahrhaftig aus wie ein Weichei! – einer der größten Eroberer der Weltgeschichte war, die Damen auch nach Jahrmillionen, so lange schien es ihm her, in Entzücken versetzte?
Nein, die Parfumwolke, in die sich diese Dame gehüllt hatte, war fast sichtbar, so kompakt war sie, aber das roch definitiv anders.
War er dabei, verrückt zu werden?
Was war mit seinem Riechorgan los?
Nino, die elektronische Schnüffelnase der Berner Polizei, war eben dabei, durchzudrehen vor Angst!
Er versuchte zu lachen.
Museumsbesucher gingen an ihm vorbei.
Da trat ein Aufseher an ihn heran und beugte sich zu ihm.
»Are you okay?«
Nino schaute in das glattrasierte Gesicht eines jungen Mannes. Kaum älter als er selber. Die Haare glatt geliert.
Das passte, hier war alles glatt und poliert. Diese Teflon-Visagen.
Der Aufseher lächelte ihm zu.
»Need a coffee, now«, stammelte Nino Zoppa.
»Of course«, sagte der Aufseher. »Too much history for young guys. I understand. Try the restaurant Neva. Upstairs. Nice place.«
Er
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