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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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fragte Lex.
    »Im siebzehnten Jahr.«
    Das war nur teilweise gelogen, denn ich wusste, dass Flocke gerade sechzehn geworden war, weil er sich jedes Jahr sein eigenes Happy-Birthday-Lied selbst auf dem Keyboard vorspielte – dieses Jahr war es Sweet sixteen gewesen . Rhetorisch gesehen allerdings war es korrekt ausgedrückt, auch wenn er bei den Jungs jetzt als siebzehn durchging, was Flocke mit Sicherheit ganz genau so kalkuliert hatte.
    »Du bist echt nicht ganz …« Tobi drehte seinen Zeigefinger in kreisenden Bewegungen vor seiner Stirn.
    »Ich würde es eher subnormal nennen«, antwortete Flocke trocken.
    »Oh Mann.«
    »Nachdem wir ja keine Wahl haben«, erklärte Greg, »ist das besser als gar nichts.«
    Dann drehte er sich zu mir um und legte seine Hand auf meine Schulter. »Gut.«
    »Hm.« Mehr kriegte ich nicht über die Lippen. Ich konnte schlichtweg nicht fassen, was da gerade eben passiert war. Aber das war’s auch schon. Greg drehte sich zu den Jungs, während ich etwas verloren außerhalb der Truppe stand und überlegte, ob ich nicht einfach gehen sollte. Flocke klimperte verträumt auf seinem Keyboard rum, während die anderen sich an ihren Instrumenten zu schaffen machten oder miteinander ins Gespräch vertieft waren. Mich beachtete keiner mehr und mir war klar, dass ich es nicht aushalten würde, weitere zehn Minuten so auffällig unnütz herumzustehen.
    Gerade als ich mich abwandte, sprach Tobi mich von hinten an. »Red, richtig?«
    Ich drehte mich mit fragendem Blick zu ihm um und sah, wie er sich gerade grinsend aus einem Handschlag mit Schleicher löste.
    »Willst du mitkommen?«
    Ich verstand nicht, was er meinte, also zuckte ich lediglich mit den Schultern.
    »Willst du mitkommen, auf unsere Tour?«
    Tobi, der Sänger der Band Crystal, und so ziemlich der begehrteste Junge der Schule, fragte mich, ob ich die Band auf ihrer Tour begleiten wollte? Das konnte ja nur ein Scherz sein. Er verarschte mich, nichts weiter. Er wollte sehen, wie blöd ich war.
    »Ja, klar«, sagte ich so ironisch und gleichgültig wie möglich. Er sollte ruhig merken, dass ich ihm das nicht abkaufte.
    Doch entgegen meiner Vermutung kam Tobi nun auf mich zu. »Abgemacht.« Er hielt mir seine Hand wie zu einem Vertragsabschluss hin. »Sei morgen um fünf hier. Bring Sachen für ungefähr zwei Wochen mit. Oder auch länger. Mal sehen.«
    Ich sah ihn an, als ob er mir gerade eine Reise zum Mond geschenkt hätte. Mir blieb förmlich die Spucke weg und mein Hals war augenblicklich trocken.
    »Oder hat jemand was dagegen?«, fragte Tobi in die Runde. Er als Bandleader und Sänger hätte sich sicher nichts ausreden lassen, aber die Band war eine Einheit und die musste eingehalten werden.
    Lex hob gleichgültig die Schultern. »Non flocci interduim.« Schleicher rülpste mit einem »Mir egal« sein Statement dazu in die Runde. Flocke fasste seine ungezügelte Freude in einem Reim zusammen: »San kommt mit, das ist doch wohl der Hit!«
    Einzig Greg zog die Augenbrauen wieder zu dieser süßen Stirnfalte zusammen.
    »Was ist mit dem Umkippen?«, fragte er.
    Er erinnerte sich also noch genau an die peinliche Aktion vor der Teestube, dachte ich. Oh Gott, ich könnte schon wieder im Boden versinken.
    »Vorbei«, log ich. »Passiert nicht mehr. Gibt da so ziemlich gute Pillen.«
    »Hm.« Greg schien nicht vollends überzeugt zu sein und sah mich nachdenklich an.
    »Stimmt«, mischte sich Flocke ein, »lange nicht mehr umgekippt, unsere Sanny. Wir sind Freunde, Leute, müsst ihr wissen, und ich …«
    »Wir sind Nachbarn «, griff ich mit scharfem Ton ein, »nur Nachbarn .«
    »Genau«, korrigierte sich Flocke und klang ein wenig enttäuscht, »wir sind Nachbarn. Und sie kippt nicht mehr um.«
    »Sicher?« Greg sah erst Flocke, dann mich eindringlich an. Dass gerade er mich augenscheinlich nicht dabeihaben wollte, kränkte und enttäuschte mich. Oder machte er sich etwa Sorgen?
    »Okay«, gab er sich schneller als vermutet geschlagen. »Aber nur wenn deine Leute nichts dagegen haben.«
    So unbeeindruckt wie ich konnte, schob ich ein schnelles »Die sind sowieso mit ihrer Scheidung beschäftigt« hinterher und fand mich unglaublich lässig. Ein wenig leise war mein Satz zwar rausgekommen, aber laut genug, dass Greg es verstanden hatte.
    »Trotzdem brauchst du ihre Erlaubnis. Ärger können wir nicht gebrauchen, und erst recht kein krankes Mädchen«, warf er ein.
    »Sicher«, log ich erneut, »alles kein Thema. Easy.«
    Dann formte ich

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