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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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ein Stammgast bei uns, also alles koscher.«
    »Hi, Kinners«, begrüßte Günni uns und reichte jedem die Hand. »Ist mir ein totales inneres Blumenpflücken und so, euch heute Nacht auf meinem Schrottplatz zu beherbergen.«
    »Ja, danke noch mal«, sagte Tobi, »Michelle hat nur Gutes von Ning und Ihnen erzählt.«
    Günni sah Michelle lachend an. »Ja, von euch habe ich auch schon gehört, allen voran vom Supel-Fleak.«
    Ich sah verschämt zu Boden, während Günni mir die Hand schüttelte. »Nicht so schüchtern«, sagte er, »Ning hat gesagt, dass er nur wegen dir so nett war. Ein ziemlich lautes Mädchen soll auch dabei gewesen sein, das er am liebsten hochkant aus dem Laden geworfen hätte.«
    Michelle sah Günni giftig an und Tobi zog die rechte Augenbraue hoch.
    »Na, wenn das so ist«, sagte Tobi, »danken wir mal kollektiv unserer Red hier. Ist ja immer für Überraschungen gut, die Kleine.«
    Jetzt sah Michelle so aus, als habe sie gerade auf eine Kakerlake gebissen und ich freute mich still und heimlich in mich hinein.
    Wer die Wahrheit spricht, braucht ein schnelles Pferd, hat schon Konfuzius gesagt.
    *
    »Mir ist schon wieder schlecht!«
    Flocke schmiss sich neben mich auf eines der Uralt-Sofas, sodass dieses gefährlich tief einsank, allerdings nur auf seiner Seite. Es musste ein bisschen so aussehen, als würden wir auf einer kuscheligen Wippe sitzen, ich etwas erhöht und Flocke fast in den weichen Sofakissen versunken. Er hatte sein Lampenfieber anscheinend immer noch nicht ganz im Griff, schwante es mir. Aber ich war tiefenentspannt, denn ich hatte soeben das Telefonat mit Lisa erfolgreich hinter mich gebracht und auch schon meine Medizin genommen, die ich immer lose in einem kleinen Döschen aus Schildpatt bei mir trug.
    »Aber die letzten Auftritte waren doch einwandfrei!«, versuchte ich Flocke aufzuheitern und verdrängte die bildhafte Vorstellung seines unpassenden Hüftschwungs bei Imagine Dragons’ Radioactive und seine Jelly-Beans-Attacken.
    »Ich wüsste da was, das hilft«, sagte Flocke und sah mich schelmisch an.
    »Und das wäre?«, fragte ich vorsichtig nach.
    »Ein Kuss würde helfen«, sagte Flocke, »ein Kuss von dir!« Und schon kam er mit seinem Pfannkuchengesicht meinem gefährlich nahe.
    »No way!«, sagte ich abwehrend und rutschte so weit weg, wie ich konnte, was ungefähr zwei Zentimeter waren.
    »Hör mal, Flocke«, begann ich und überlegte dabei, wie man jemandem eine Abfuhr erteilte, die zweifelsohne eindeutig war und keinen Raum für Interpretationen ließ, aber nicht zu schmerzhaft ausfiel.
    »In diesem Leben«, begann ich, »auf diesem Planeten hier, und auch auf allen anderen, auf allen Sternen, in allen Galaxien, im gesamten Universum zu jeder Zeit, ebenso in allen Paralleluniversen, in der Matrix und auch in jeder anderen Zeit, im Hier und Jetzt, in der Zukunft und auch in einem oder in jedem anderen Leben, wenn es denn eines gibt, Flocke«, ich atmete tief durch, »wird es keinen Kuss geben. Nie und nimmer. Verstehst du das?«
    Flocke sah mich nachdenklich an. »Sicher nicht in einem anderen Leben? Ich meine, egal, wie viele?«
    »Auch in keinem anderen Leben«, bestätigte ich, »egal, wie viele es auch immer sein mögen.«
    Flocke seufzte. »Das ist hart. Aber wenn wir vielleicht Teekanne und Teesieb wären, oder noch besser Lolli und Stiel, Mega und Perls, Pasta und Tomatensoße, Cornflakes und Milch …«
    »Selbst wenn ich als Klobürste wiedergeboren werde«, ergänzte ich, »und du die Kloschüssel bist. Auch dann nicht. Nie.«
    »Okay, jetzt ist mir ernsthaft übel«, sagte Flocke, »diesmal werde ich mehr als vier Stunden deprimiert sein.« Mit diesen Worten schälte er sich für seine Verhältnisse ziemlich schnell aus den Untiefen des Sofas und verschwand.
    Ich atmete erleichtert aus: Dieses Thema war nun endlich und ein für alle Mal erledigt.
    Der Gig stand kurz bevor und Tobi und die anderen begannen langsam mit dem Soundcheck. Zufrieden lehnte ich mich zurück und nippte an meiner obligatorischen Fanta. Ich konnte nur hoffen, dass Flockes Vier-Stunden-Depression sich nicht auf seine musikalischen Leistungen auswirkte, denn das könnte Probleme geben. Doch als ich ihn wild um Michelle und Kira herumtänzelnd an der Bar wiederentdeckte, verschwanden meine Sorgen. Flocke haute nichts um, so war das eben.
    *
    Günni war ein guter Typ, da waren sich alle einig. Selbst Michelle, deren Einstieg mit ihm wirklich besser hätte laufen können, musste über

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