Stolz der Kriegerin
Freistädte nördlich der Bärenflussmündung, um dort Botschaften zu überbringen oder abzuholen. Erulim war sich daher sicher, dass jeder Befehl, den er seinem Enkel gab, getreulich ausgeführt werden würde.
Zwar wäre es ihm lieber gewesen, selbst über den Strom zu gehen und die Aktion gegen T’wool und Arendhar zu leiten, doch solange er in seiner grünen Eirun-Gestalt gefangen war, war dies unmöglich.
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Die Mittagsstunde war gerade vorüber, als Erulim seinen Enkel wieder verließ. Vorher versprach er ihm noch hoch und heilig, ihm eine weiße Schlangenmenschenheilerin zu besorgen, die seinen verkrüppelten Körper vollständig wieder herstellen konnte. Dazu war er auch bereit. Neldion zählte zu seinen fähigsten Unteranführern und war von ihm ausersehen, einen nicht unbeträchtlichen Teil seines zukünftigen Imperiums zu verwalten, welches die gesamten Dämmerlande und jenes Gebiet hoch im Norden umfassen sollte, auf das keiner der sechs Götter Anspruch erhob.
Eines behielt Erulim jedoch für sich. In einem seiner geheimen Verstecke wuchs bereits eine weiße, hochbegabte Zirdh’een-Heilerin heran. In zehn oder fünfzehn Jahren würde das Schlangenmenschenmädchen in der Lage sein, selbst so einen lebenden Kadaver wie Neldion wiederherzustellen. Dann, so fuhr es Erulim durch den Kopf, würde er die grünen Reiche des Südens und die blauen Reiche des Ostens durch seine eigenen Nachkommen beherrschen. T’wool würde ihm über Rakkarr von T’walun in die Hände fallen und mit ihm auch die meisten Tawaler-Reiche. Auch sonst gediehen seine Pläne gut.
Mit Tardelon und Rhondh hatte er bereits zwei Evaris ausgeschaltet, und er hatteYahyehs und Khatons Ansehen so untergraben, dass diese keine Unterstützung von den Tempeln und den Herrschern ihrer Farbe mehr erhielten. Tharon besaß zwar immer noch Macht über die schwarzen Reiche, würde aber schon bald in seine Hand fallen. Als einzige ernsthafte Gegnerin blieb dann nur noch Sirrin übrig, doch auch sie würde sich schließlich seiner Macht beugen müssen.
Während er für die Bewohner von Thilionrah beinahe unsichtbar die Stadt verließ, dachte er über sein weiteres Vorgehen nach. Mit einem Mal aber bleckte er die Zähne. Was hatte es mit der weißen Katze auf sich, die so urplötzlich in Khatons Gefolge aufgetaucht war?
Seit tausend Jahren war nur ein einziges weißes Katzenmenschenkind geboren worden – und das in einem seiner geheimen Refugien. Er hatte gehofft, es zu seiner willigen Helferin machen zu können, es dann aber ebenso wie seine Eltern seiner Sammlung gefangener und versteinerter Feinde hinzugefügt. Vielleicht war es falsch von ihm gewesen, das kleine Biest dort zurückzulassen, nur weil es bei seiner Geburt schon Zähne besessen und ihn in die Finger gebissen hatte.
Konnte es wirklich sein, dass jemand in dieses gut getarnte und gesicherte Versteck eingedrungen war und das Baby gestohlen hatte? Das musste er feststellen, sobald er wieder auf die rote Seite des Stromes zurückkehren konnte. Wenn Khaton der Eindringling gewesen war, so hatte er den Magier bisher stark unterschätzt.
»Ich hätte den Kerl längst beseitigen sollen!«, schimpfte er und verblüffte damit einige Wanderer, an denen er eben vorbei schritt. Ein kurzer Magiestoß sorgte jedoch dafür, dass diese ihn und seinen Ausbruch sofort wieder vergaßen.
Erulim atmete tief durch und versuchte, sich zu beruhigen. Wenn er sich seinen Launen hingab, lief er Gefahr, die nötige Vorsicht zu vergessen.
Wie es aussah, war die weiße Katze der einzige Schwachpunkt in seinen Planungen. Schon einmal hatte sie eine seiner sorgfältig eingefädelten Aktionen zunichtegemacht, indem es ihr mit fast spielerischer Leichtigkeit gelungen war, das Versteck der entführten Prinzessin Zhirilah in T’woollion aufzufinden. Er hätte klüger sein und die Erbin des Throns von Zhirivh in einer Glasfalle aus der Stadt bringen lassen sollen. Dieses Versäumnis hatte ihn eine wertvolle Geisel gekostet und gleichzeitig den erhofften Krieg zwischen den blauen Reichen und T’wool verhindert, der die Lande östlich des Stromes endgültig ins Chaos gestürzt hätte. Wäre ihm das gelungen, hätte er schon längst den Grundstein für seine Herrschaft dort legen können.
»Ich muss die Katze sehen, um herauszufinden, ob sie es ist!« Der Gedanke, die Tochter einer weißen Eirun-Königin und eines blauen Gestaltwandlermagiers hohen Grades auf der Seite seiner Feinde zu wissen, barg
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