Stolz der Kriegerin
Anwesenheit des Heilers und trat mit erhobener Klinge auf ihn zu.
Sung aber hatte sich bereits zur Flucht gewandt. Schreiend vor Angst hastete er die Treppe hoch und rannte blindlings in die Ödlande hinein. Dabei vergaß er seine Heilertasche ebenso wie den Wassersack und sein anderes Gepäck. Er wollte nur fort von diesem Ort, an dem so Entsetzliches geschehen war, und von dem jungen Mann, der sich, anstatt zu einem willfährigen Opfer zu werden, in ein mörderisches Ungeheuer verwandelt hatte, das jedem Magier und jedem magisch Begabten den Tod bringen würde.
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Rogon wollte Sung folgen, stolperte jedoch auf den ersten Stufen und schlug sich das Schienbein auf. Der Schmerz dämpfte seine Wut, und er stützte sich auf das große Schwert, nach dem er wohl unbewusst gegriffen hatte. Noch immer sah er kaum mehr als dichte violette Schlieren und glaubte, eine starke, violette Präsenz in sich zu spüren. Doch um seinen Zustand genauer untersuchen zu können, fehlte ihm die magische Schulung. Eines begriff er jedoch mit erschreckender Klarheit: Er war dem Tod und damit einer verfrühten Reise seines Geistes zu Ilynas Seelendom nur um Haaresbreite entgangen.
Daran war nur der Heiler schuld! Sung hatte ihn mit einer Lügengeschichte aus Andhir gelockt und hierhergeführt. Erneut packte Rogon mörderische Wut, und er wollte hinaus ins Freie, um den Verräter zu stellen. Ein Teil seines Verstandes sagte ihm jedoch, dass weniger Sung den Ausschlag für seine Flucht gegeben hatte, als vielmehr seine Sehnsucht nach Freiheit. Er hatte den erdrückenden Zeremonien in Andhir ebenso entkommen wollen wie dem rigiden Regiment der Priesterinnen und auch deren geplanten Anschlägen auf ihn. Wahrscheinlich wäre er jedem Fremden gefolgt, der ihm ein aufregendes Leben voller Abenteuer versprochen hätte. Sein Pech war es gewesen, dass er an Sung geraten war, der ihn mit seiner Vorliebe für die Geschichten um die magische Kriegerin Tirah geködert hatte.
Rogon schnaubte verächtlich, ohne zu wissen, ob sein Zorn Sung oder seiner Gutgläubigkeit galt, und rieb sich mit der linken Hand über die Augen. Dann wurde ihm klar, dass er sich auf ein Schwert stützte, das nicht sein eigenes war. Seine Kharimdh-Waffe war kürzer und besaß einen zierlicheren Knauf. Nun ertastete er einen Edelstein, der seinem Gefühl nach echt war und darauf hindeutete, dass er keine geringe Klinge in der Hand hielt.
Langsam klärte sich sein Blick, und er konnte erkennen, dass er sich noch immer in dem unterirdischen Gemach befand, in dem Tirah aufgebahrt gewesen war. Die violette Kriegerin war verschwunden, doch die Teile ihrer Rüstung lagen so am Boden, als hätte sie diese rasch abgestreift. Weshalb sie das getan hatte, entzog sich Rogons Kenntnis. Allerdings begriff er nun, dass er Tirahs Schwert in der Hand hielt. Er versuchte, es zu schwingen, doch dafür war in diesem Gewölbe nicht genug Platz, denn er wollte die Klinge nicht am Stein der Decke oder der Wände beschädigen.
Als er seine Besitztümer entdeckte, legte er Tirahs Waffe auf den Altarblock, damit die Kriegerin sie bei ihrer Rückkehr finden konnte. Doch als er Schwert und Dolch in die Scheiden stieß und seinen Packen an sich nahm, wurde sein Blick erneut von der violetten Waffe angezogen. Zögernd bückte er sich und hob einige Teile von Tirahs Rüstung auf. Den Brustharnisch mit der Wölbung für die Brüste legte er beiseite, denn der passte ihm mit Sicherheit nicht. Er schnallte sich nur das Schwertgehänge um, mit dem er Tirahs Schwert auf dem Rücken tragen konnte, und probierte, ob er die lange Klinge ziehen und wieder in die Scheide stecken konnte. Das gelang ihm nach einigen Versuchen, und er wandte sich dem Ausgang zu.
Oben entdeckte er, dass Sung sein gesamtes Gepäck zurückgelassen hatte. Einen Lidschlag lang oder zwei überlegte er, den Heiler zu suchen, um von ihm zu erfahren, mit welcher Absicht dieser ihn hierhergebracht hatte. Doch als er sich umsah, konnte er keine Spur von ihm entdecken. Ihn magisch auszumachen, wie er es auf dem Weg hierher gelernt hatte, war angesichts der hier tobenden Kräfte unmöglich. Sung würde seinen eigenen Weg aus dieser Hölle suchen. Er aber kannte nun sein Ziel.
Ihm war bestimmt, die Grünlinge zu bekämpfen, die über den Großen Strom gekommen waren und große Teile der südlichen Lande mit Feuer und Schwert verheert hatten. Ein wenig verwundert über diesen Gedanken nahm Rogon alles an sich, was er für die weite
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