Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
Und der Ausdruck auf seinem Gesicht …« Sie erschauderte. »Er war wild und so hasserfüllt, wie ich es noch nie erlebt habe.«
»Dieser Mann … haben sie seinen Namen erwähnt?«
Mor schüttelte den Kopf. »Aber ich habe keine Zweifel, dass er ein Geächteter ist. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, ein MacGregor.«
Nein. Niall würde nicht so tollkühn sein …
Doch , erkannte sie, das würde er. Es war leicht zu verstehen, warum er sich mit den MacGregors identifizieren konnte – er hatte mit ansehen müssen, wie sein Heim zerstört und sein Vater und sein Bruder ermordet worden waren, und er war ein Gesetzloser geworden.
Niall hatte sich geändert. Unter der Oberfläche war er immer noch der neckende Schelm, doch nun hatte er etwas Kaltes, Stählernes an sich, das früher nicht da gewesen war. Sie spürte die Bitterkeit und den Hass, die gefährlich dicht unter der Oberfläche lauerten. Doch da war noch etwas anderes. Sie hatte ihn mehr als einmal mit einem seltsamen Ausdruck auf dem Gesicht ertappt – als wäre er viele hundert Meilen weit entfernt – beinahe, als sehne er sich nach etwas … oder jemandem.
Oh, Niall! Was hast du getan? »Du sagtest, Seamus und die anderen Wachmänner sind ebenfalls fort?«
Mor nickte. »Aye , und der Laird wird ihre Abwesenheit sicher bemerken.«
Sie hatte recht. Jamie würde nach ihnen suchen. Urplötzlich wurde Caitrina noch etwas anderes klar. »Aber was ist mit Brian? Wer wird sich um Brian kümmern?«
»Niall sagte, sie würden in ein oder zwei Tagen wieder zurück sein. Bis dahin ist Brian in der Höhle sicher. Ein Mädchen aus dem Dorf kümmert sich um ihn.« Mor ahnte ihre nächste Frage bereits. »Man kann ihr vertrauen.«
Caitrina versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Gütiger Gott, wohin konnten sie gegangen sein? Wer war dieser Mann, und was hatte er gesagt, das Niall dazu veranlassen konnte, Brian allein zu lassen – wenn auch nur für kurze Zeit?
Doch da war noch etwas anderes, das sie mit noch größerer Sorge erfüllte: Was würde Jamie tun, wenn er herausfand, dass Seamus und die anderen Wachmänner sich davongestohlen hatten?
Das Tageslicht war beinahe verschwunden. Nebel senkte sich wie eine schwere Decke herab und hüllte alles in dichten, eisigen Dunst. Jamie stand draußen im Burghof, mit einem grimmigen Ausdruck auf dem Gesicht, der zu dem trostlosen
Tag passte. Seamus und die anderen Wachmänner des Lamont waren seit dem Morgen verschwunden, und die Männer, die er nach ihnen ausgesandt hatte, waren gerade zurückgekehrt – allein.
»Es tut mir leid, Mylaird«, sagte Will. »Wir haben keine Spur von ihnen gefunden.«
Jamie stieß einen Fluch aus. »Warum wurden sie nicht beschattet?«
»Das wurden sie. Mein Mann sah nichts Ungewöhnliches. Er hat sie heute Morgen beim Holzhacken im Wald zurückgelassen.«
»Und ihr Fehlen wurde erst beim Mittagsmahl bemerkt?«
»Sie kommen normalerweise nicht vorher zurück. Es tut mir leid, Mylaird, wir hätten sie schärfer im Auge behalten sollen. Aber der alte Mann hatte aufgehört zu murren. Er war der Lady eindeutig treu ergeben und schien die veränderten Umstände akzeptiert zu haben.«
Jamie schüttelte den Kopf. »Es ist nicht eure Schuld.« Wenn jemand die Schuld daran trug, dann war er es. Er hatte vermutet, dass Seamus’ Fügsamkeit zu schön war, um wahr zu sein. »Ich nahm den Mann beim Wort.« Und vertraute darauf wie Will, dass er Caitrina gegenüber loyal war.
»Wohin könnten sie gegangen sein?«, fragte Will.
Er konnte sich ein paar Orte denken, keiner davon war gut. »Mit den Aufständen nach dem Tod des MacGregor wäre meine erste Vermutung zu den Lomond Hills.« Aber was hätte die Wachmänner des Lamont dazu bewegen können, ihr Leben aufs Spiel zu setzen? Würden sie für die MacGregors wirklich so viel riskieren? Möglicherweise, doch es konnte auch noch eine andere Erklärung geben. Er erstarrte. Sie würden viel für einen Lamont riskieren.
Will runzelte die Stirn. »Aber warum jetzt?«
Jamie biss die Zähne zusammen. »Ich weiß es nicht. Aber
ich habe vor, es herauszufinden.« Hart und entschlossen drehte er sich auf dem Absatz um und stürmte in den Wohnturm zurück.
Er betete, dass sein Verdacht sich als falsch herausstellte. Jamie wollte nicht glauben, dass Caitrina irgendetwas damit zu tun hatte, aber sie verbarg etwas vor ihm, da war er sich sicher. Er kämpfte seinen Zorn nieder, denn er wollte kein vorschnelles Urteil
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