Stolz und Verlangen
Höhe und wandte den Blick ab. »Von nun an sage ich nichts mehr. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen.«
»Was ist mit dem Zwischenfall in der Royal Academy?«, fragte Jasper mit eisigem Ton.
»Gütiger Gott! Sie können doch nicht ernsthaft glauben, dass wir damit etwas zu tun hatten. Wir sind keine Mörder. Jetzt reicht es mir.« Sie stand auf. »Sie haben nicht das Recht, mich hier festzuhalten.«
»Ich werde Sie in die Bow Street bringen«, sagte Bell, auf seinen Absätzen wippend. »Dann werden wir sehen, ob der Richter auch Ihrer Meinung ist. Bis dahin bleiben Sie hier.«
»Sie tragen ein recht teures Cape«, stellte Jasper fest. »Und recht große Smaragde an Ihren Fingern und um Ihren Hals.
Entweder haben Sie Geld in die Ehe mitgebracht, oder Ihr Gatte ist von Miss Martin ungewöhnlich gut bezahlt worden.«
Normalerweise achtete Eliza nicht auf solche Dinge, doch nun nahm sie die Frau genauer in Augenschein. Anne Reynolds’ Kleidung wirkte in der Tat edler und teurer als ihre eigene. Fragend sah sie Jasper an. »Wie hätte das gehen sollen? Ich habe mich um meine Vermögenswerte selbst gekümmert … habe die Buchführung gemacht …«
»Aber du hattest keinen direkten Kontakt zu deinen Mietern. Wer hat die Mieten eingesammelt?«
»Mr. Reynolds.«
»Genau«, sagte Lynd. »Könnte es sein, dass Ihre Mieteinnahmen nicht den tatsächlichen Zahlungen entsprechen, die Reynolds von den Mietern erhalten hat?«
Eliza erbleichte. »Das wäre durchaus möglich, wenn er es geschickt angestellt hätte.« Die nötigen Kenntnisse hätte Reynolds jedenfalls gehabt. Sie blickte zu Anne hinüber, die ebenfalls blass geworden war, ihre trotzige Miene jedoch beibehielt. »Er hätte die Mieten ohne mein Wissen erhöhen oder für verschiedene Gegenstände Geld verlangen können. Wir sollten Miss Chilcott und die anderen Mieter befragen. O Gott – meine Mieter sind genauso Opfer wie ich.«
»Wahrscheinlich wollte er Mr. Bond deshalb aus dem Weg räumen«, mischte sich Bell ein. »Ein Gatte an Ihrer Seite hätte die Betrügereien womöglich aufgedeckt oder Reynolds’ Aufgabenbereich eingeschränkt. Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen nicht geglaubt habe, als Sie mich damals engagiert haben, Miss Martin. Das wird mir in Zukunft eine Lehre sein.«
Jasper blieb völlig ruhig und ausdruckslos.
»Dies sollte meine letzte Saison werden«, sagte Eliza leise. »Ich hatte vor, mich mit Melville aufs Land zurückzuziehen und meine geschäftlichen Angelegenheiten zum Großteil in Reynolds’ Hände zu legen. Seine Gattin und er wähnten sich so kurz vor dem Ziel, dass sie durch meine plötzliche Entscheidung, Mr. Bond zu heiraten, in Zugzwang gerieten.«
»Wenn Sie ihn heiraten«, sagte Anne kalt, »sind Sie an Ihrer Misere selbst schuld. Mr. Reynolds war wenigstens darauf bedacht, Ihr Vermögen zu vermehren. Gresham hingegen wird es bestimmt verschleudern.«
Außerstande, sich das noch länger anzuhören, stand Eliza auf. »Ich übergeben Ihnen den Fall, Mr. Bell. Sie werden mich sicher über alle Vorkommnisse aufklären.«
Der Polizist nickte. »Natürlich.«
»Mr. Bond«, murmelte Eliza, was Anne ein schrilles Lachen entlockte, »würden Sie mich bitte nach oben begleiten?«
»Einen Moment noch«, erwiderte er ohne jede Gefühlsregung. »Ich bin gleich bei dir.«
Als Eliza mit hölzernen Bewegungen aus dem Zimmer ging, fragte sie sich bang, ob Jasper tatsächlich bei ihr sein würde oder ob sie ihn verloren hatte. Vielleicht war er in Wahrheit nie ganz der Ihre gewesen. Trotz ihrer gegenseitigen Versprechen, aufrichtig zueinander zu sein, standen noch viel zu viele Geheimnisse zwischen ihnen.
Auf dem oberen Treppenabsatz blieb Jasper stehen und bog dann nach rechts ab, wo sich, laut Lady Collingsworths Beschreibung, Elizas Boudoir befand. Sollte die Countess seine Frage nach Elizas Zimmer für unangemessen gehalten haben, so hatte sie sich das nicht anmerken lassen. Stattdessen erzählte sie ihm, dass der Pfarrer sich bei Champagner und in Gesellschaft des geistreichen Lord Westham bestens unterhielt und sich bereit erklärt hatte, so lange zu bleiben, wie es erforderlich wäre.
Er holte tief Luft, ehe er an Elizas Tür klopfte. Während er auf eine Antwort wartete, fühlte er sich unendlich verletzlich. Vielleicht lag es an der endlosen Reihe unerwarteter Enthüllungen, dass er derart instabil war. Oder vielleicht war es auch nur die typische Nervosität eines Bräutigams. Oder womöglich war es die
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