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Stolz und Verlangen

Stolz und Verlangen

Titel: Stolz und Verlangen
Autoren: Sylvia Day
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lächeln musste, bis die Wangen vor Anspannung schmerzten. Heute war einer jener guten Tage. Die sanfte Brise und die warme Sonne wirkten erquickend, und da sie ständig gewahr sein musste, auf Begrüßungen rasch und angemessen zu antworten, kreisten ihre Gedanken nicht unaufhörlich um Jasper.
    »Sie wirken heute sehr fröhlich, Miss Martin«, sagte der Earl of Montague, der neben ihr saß. Er hatte sich für die verabredete gemeinsame Kutschfahrt völlig neu und sehr teuer eingekleidet. Als er ernsthaft begann, ihr den Hof zu machen, hatte sie sich anfangs gefragt, warum ein Adliger, der offenbar über enorme Reichtümer verfügte, ausgerechnet an ihr ein derart beharrliches Interesse bekundete. Dann hatte sie erfahren, dass er den Anschein von Reichtum, den seine Kleidung vermittelte, durch Umsicht und Glück an den Spieltischen aufrechterhielt. Es war ein raffinierter Winkelzug, und nur wenige machten sich die Mühe, seine Verhältnisse genauer zu erforschen.
    Stirnrunzelnd wandte sie sich ihm zu, leicht verdrossen über ihre Unfähigkeit, gesellschaftlichen Umgang zu pflegen, ohne ständig irgendwo anzuecken. »Heißt das, ich bin normalerweise missmutig?«
    »Nein, nein, so habe ich das nicht gemeint«, erwiderte er, während er die Kutsche mit bewundernswerter Geschicklichkeit durch die zahlreichen Pferdegespanne auf dem South Carriage Drive lenkte. »Aber ich beobachte Sie genau, Miss Martin. Und mir ist aufgefallen, dass Sie nur wenig Interesse an der Gesellschaft als solcher haben.«
    »Klare Worte, Mylord.«
    Montague grinste, ließ unter dem Schatten seiner Hutkrempe blitzend weiße Zähne erkennen. Von all ihren Verehrern war er eindeutig der attraktivste. Sein dunkles Haar war dicht und glänzend wie schwere Seide, und seine Augen waren ungeheuer ausdrucksvoll. Sie hatten dieselbe Farbe wie Jaspers Augen, nur war der Blick nicht annähernd so verschlossen.
    »Mir ist bewusst«, fuhr er fort, »dass eine Frau durch die Ehe ein gewisses Maß an Freiheit verliert.«
    »Was äußerst ärgerlich ist.«
    »Und ich schätze Ihre Zurückhaltung. Mir ist mittlerweile klar geworden, dass Menschen Sie allgemein verwirren.«
    Eliza hob die Brauen. »Ach ja?«
    »Ich weiß nun, dass ich Ihnen auf falsche Art den Hof gemacht habe. Die meisten Frauen wollen umgarnt werden – sie erwarten Blumen, Beweise der Zuneigung, ungeteilte Aufmerksamkeit und vieles mehr.«
    »Die Blumen, die Sie mir jede Woche schicken, sind sehr hübsch«, erwiderte sie automatisch, obwohl sie es für eine Sünde hielt, dass man so schöne Blumen einfach abschnitt und ihres Lebens beraubte.
    »Vielen Dank. Doch ich glaube, Sie würden die Blumen nicht vermissen, wenn ich sie Ihnen nicht mehr schicken würde. Sie würden sich nicht gekränkt fühlen oder hinter meinem Tun emotionale Beweggründe wittern.«
    Er schenkte ihr ein offenes Lächeln, das einen Zauber verströmte, der Eliza vorher entgangen war. Es war eine Nachwirkung von Jasper, dass sie andere Männer nun viel bewusster wahrnahm. Sie würde gern herausfinden, weshalb der Privatdetektiv sie so sehr berührt hatte.
    »Ich bin entsetzlich ungeschickt darin, derlei Dinge zu interpretieren«, stimmte sie zu, während sie ihren Sonnenschirm ein Stück zur Seite neigte, um ihr Gesicht besser zu schützen. Schon der geringste Sonnenschein würde zu weiteren Sommersprossen auf ihrer Nase führen.
    »Nein, Sie sind sehr vernünftig«, wandte der Lord ein. »Und genau in diesem Punkt hatte ich mich geirrt. Ich habe an Ihre weicheren Seiten appelliert, statt Ihren Verstand anzusprechen. In Zukunft werde ich Ihre Intelligenz nicht mehr missachten. Ich brauche Ihr Vermögen, Miss Martin.«
    Interessiert rutschte sie auf ihrem Sitz zur Seite, um den Earl besser ansehen zu können. »Ein völlig neuer Ansatz, muss ich sagen. Ziemlich dreist.«
    Sein Grinsen barg einen Anflug von Triumph. »Und das gefällt Ihnen. Zum ersten Mal in unserer Bekanntschaft habe ich das Gefühl, mir Ihrer ganzen Aufmerksamkeit sicher zu sein.«
    Montague hielt inne und tippte an seinen Hut, um Lord und Lady Grayson zu begrüßen, die an ihnen vorbeifuhren. Als er sich wieder Eliza zuwandte, lag ein neues Funkeln in seinen Augen, das Eliza an die Art erinnerte, wie Jasper sie ansah. Es hatte nicht die Gabe, ihren Atem ins Stocken zu bringen, doch die Botschaft war klar – der Earl war fasziniert von ihr.
    »Der Ansatz ist so naheliegend«, fuhr der Earl fort, »dass ich mich einen Narren schelten muss, weil ich das
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