Stolz und Verlangen
verrieten sowohl Gereiztheit als auch Belustigung. Jasper war wie immer bezaubert von ihrer unverfälschten Ehrlichkeit.
»Mit mir wäre ihr besser gedient«, beharrte Westfield. »Wie soll eine Frau in das Leben passen, das Sie führen?«
»Ich gehe davon aus, dass Miss Martin und ich im Lauf der Zeit eine Antwort darauf finden werden.«
Westfield baute sich direkt vor Jasper auf, versperrte ihm die Sicht. »Schrecken Sie denn in Ihrem Bestreben, Montague zu ruinieren, vor gar nichts zurück?«
»Das hat nichts mit Montague zu tun.«
»Natürlich hat es das.«
»Nur am Rande«, entgegnete Jasper, während er zur Seite trat, um Eliza wieder im Blick zu haben.
»Moment.« Erneut stellte sich der Earl vor ihn. »Dieser Unsinn, den Sie neulich von sich gegeben haben, dieses Gefasel über irgendwelche Dinge, die man unbedingt haben möchte – war das eine Anspielung auf Miss Martin?«
»Ja.« Er wollte sie jetzt haben. Sie trug wieder ein Kleid von ihrer Mutter, diesmal in einem wunderhübschen Rosa. Es war genauso schlicht geschnitten wie das saphirblaue Gewand, das sie vor einigen Tagen angehabt hatte, nur war das Mieder provokativ weit ausgeschnitten und die Taille extrem betont. Ihre schlanke Gestalt kam darin vortrefflich zur Geltung.
»Zum Teufel.« Westfield schaute sich zu Eliza um. »Lieben Sie sie etwa?«
»Ich genieße ihre Gesellschaft, und ich kann sie glücklich machen.«
»Das bezweifle ich. Nicht auf lange Sicht. Und was verstehen Sie überhaupt unter ›genießen‹? Ich genieße ständig die Gesellschaft hübscher Damen, doch Sie werden mich nicht dabei ertappen, dass ich einer von ihnen einen Antrag mache.«
»Das ist der Unterscheid zwischen uns«, bemerkte Jasper gedehnt. »Es gibt sehr wenige Dinge im Leben, die ich genieße, aber nichts davon in dem Ausmaß, wie ich das Zusammensein mit Miss Martin genieße.«
»Oh, nun haben Sie mich neugierig gemacht«, klagte der Earl. »Ich werde mich mein Leben lang fragen, was ich an Miss Martin übersehen habe.«
»Nein, das werden Sie nicht tun. Sie werden sich Miss Martin aus dem Kopf schlagen und sie fortan nur noch als meine Gattin ansehen.«
»Tja …« Westfield ließ den Blick durch den Ballsaal schweifen. »Wo ist überhaupt Montague? Mich würde brennend interessieren, wie er Ihre Verlobung aufnimmt.«
Jasper war es egal, was Montague dachte.
Doch allein beim Gedanken an diesen richtete er sich unwillkürlich auf und stieß zischend den Atem aus. Er wandte sich von Eliza ab, während seine Hände nervös zu zucken begannen. Bald würde er die Sache mit Montague hinter sich lassen können, aber jetzt noch nicht. Erst musste dieser noch für seine Sünden und die seines Vaters bezahlen.
Eliza. Bei ihr fand er Vergessen, was einer der Gründe war, warum er sie brauchte. Doch nun wollte er nicht vergessen. Noch nicht. Nach Jahren frustrierten Wartens und unermüdlicher Arbeit war sein Plan mittlerweile in der letzten Phase.
»Mr. Bond.«
Jasper drehte sich um und entdeckte Sir Richard Tolliver, der zielstrebig auf ihn zueilte. Soweit das überhaupt möglich war, sah er heute noch ausgemergelter aus als sonst. Sein dunkler Gehrock hing ihm locker über den Schultern, und die dezent bestickte Weste klaffte über dem obersten Knopf ein wenig auf. »Guten Abend, Sir Richard.«
»Wie ich gehört habe, darf man gratulieren«, sagte Tolliver mit säuerlich verkniffener Miene.
»Man darf. Danke.«
»Was für ein Zufall, dass Miss Martin sich genau dann zu einer Heirat entschließt, als Sie in ihr Leben zurückkehren. Man könnte fast meinen, sie hätte all die Jahre auf Sie gewartet.«
»Wie romantisch«, lästerte Westfield. »Wenn Sie Ihr Talent für Poesie bei Miss Martin eingesetzt hätten, hätten Sie vielleicht mehr Glück bei ihr gehabt.«
»Und welches Talent haben Sie eingesetzt?«, knurrte Tolliver und funkelte Jasper grimmig an.
»Hüten Sie Ihre Zunge«, warnte Jasper ihn leise. »Sollten Sie ganz nebenbei versuchen, Miss Martins Charakter zu verunglimpfen, so seien Sie versichert, dass ich das nicht hinnehmen werde.«
Tolliver klopfte mit dem Fuß auf den Boden. »Angesichts Ihrer langen familiären Beziehung zu den Tremaines ist es sehr seltsam, dass Miss Martin so wenig über Sie erzählen kann.«
»Kann? Oder will?«, entgegnete Jasper herausfordernd. »Sie weiß um den Wert der Privatsphäre. Das ist eine der vielen Eigenschaften, die wir gemeinsam haben. So, und jetzt belästigen Sie mich nicht weiter. Suchen Sie
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