Stolz und Verlangen
schwanger bin oder nicht, oder soll ich es riskieren, einfach abzuwarten, bis wir die Information haben, die wir, wie ich meine, beide benötigen.«
»Wärst du doch nur impulsiver«, neckte er sie. »Dann könnte ich dich womöglich dazu überreden, mit mir durchzubrennen, und dir die ganzen Grübeleien ersparen.«
»Wie kannst du so zuversichtlich sein?«, jammerte sie. »Warum habe ich nicht etwas von deiner Sicherheit?«
»Ich treffe meine Entscheidungen hier« – er tippte sich auf den Bauch –, »und sie sind in der Regel spontan. Du triffst deine Entscheidungen dort« – er tippte mit dem Zeigefinger an ihre Stirn –, »und das benötigt mehr Zeit. Ich versuche, dir diese Zeit zu geben, Eliza, und meine Ungeduld zu zügeln. Eine Verlobung wäre der Kompromiss, den wir erzielen können.«
Eliza kaute auf ihrer Unterlippe herum, während sie ihren ganzen Mut sammelte, um das zu sagen, was sie eigentlich nicht sagen sollte.
»Sprich mit mir«, drängte er.
»Ich kann nicht entscheiden, ob es Verlangen ist, das mich dazu verleitet, gegen jede Vernunft zuzustimmen. Und außerdem habe ich die Befürchtung, dass du mich, sobald der Reiz des Neuen verflogen ist, immer seltener begehren wirst, bis du mich schließlich überhaupt nicht mehr begehrst. Sind wir dann durch die Ehe aneinander gebunden, ist es zu spät, um zu erkennen, dass unsere Beziehung nur auf flüchtiger Lust aufgebaut war.«
Seine Nasenflügel bebten. »Wenn du fürchtest, mein Interesse an dir könnte schwinden, so kann ich dir beweisen, dass mein Wunsch, mit dir zusammen zu sein, nicht nur auf sexueller Begierde beruht. Ich werde dich so lange nicht mehr in mein Bett bitten, bis wir verheiratet sind, stehe dir aber zur Verfügung, wann immer und wo immer du willst. Galanterie und Konventionen bedeuten mir nichts. Ich habe vor langer Zeit gelernt, mich niemals selbst zu verachten; die einzige Person, die dabei verliert, bin ich. Über diesen Charakterzug solltest du Bescheid wissen, bevor du mich heiratest.«
So tief begehrt zu werden … Nun verstand Eliza, warum ihre Mutter süchtig nach diesem Gefühl gewesen war. Es war sehr reizvoll. Und Jasper war unwiderstehlich.
Ihn zu haben, wann immer sie es wollte. Die Vorstellung, von ihm Beischlaf einfordern zu dürfen, zu jeder Zeit und an jedem Ort, war ungeheuer erregend.
»Eliza«, murmelte er und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn zurück, »gestatte dir doch ein einziges Mal, das zu tun, was du willst. Du wirst es vielleicht mehr genießen, als du denkst.«
Und genau deshalb hatte sie Angst davor. Doch ihre Angst war nicht groß genug, um die Erinnerung an den gestrigen Abend und an das tiefe Glücksgefühl zu trüben, das sie heute früh beim Aufwachen verspürt hatte.
»Sprich mit Melville«, sagte sie. »Und dann frag mich noch einmal.«
11. Kapitel
»Das hätte ich niemals von Ihnen erwartet«, sagte Westfield, während er auf den Fersen zurückwippte.
»Damit wären wir schon zwei«, erwiderte Jasper trocken.
Der riesige Valmont-Ballsaal war randvoll mit Gästen gefüllt. Viel schlimmer als das Gedränge waren für Jasper allerdings die neugierigen Blicke, die er von allen Seiten erntete. Nachdem er sein Leben lang darauf geachtet hatte, möglichst unauffällig zu bleiben, fand er es nun extrem unangenehm, plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Doch die Neuigkeit, dass die für ihre Zurückhaltung bekannte Miss Eliza Martin sich mit einem Mann verlobt hatte, den kaum jemand kannte, war anscheinend ein höchst interessanter Gesprächsstoff. Jasper wurde von nahezu jedem Gast eingehend gemustert, als versuchte man herauszufinden, weshalb er sie für sich gewonnen hatte.
Damit Eliza sich seiner nicht schämen musste, hatte er sich mit großer Sorgfalt gekleidet. Er hatte Schwarz gewählt, um seinen breitschultrigen, muskulösen Körper schmaler erscheinen zu lassen. Sein Gehrock und die Breeches waren maßgeschneidert, die Stoffe von erstklassiger Qualität wie auch der Diamant an seiner Krawattennadel und der Saphir am Ring seiner rechten Hand. Das Gesamtbild war von schlichter, aber teurer Eleganz, was, wie Jasper hoffte, jegliche Spekulationen, er wolle Eliza nur wegen ihres Vermögens heiraten, versiegen lassen würde.
»Sie sind absolut ungeeignet für sie«, fuhr der Earl fort.
»Wenn Sie das sagen.«
Jasper sah sich nach Eliza um und entdeckte sie in einiger Entfernung. Sie wirkte gefasst, wenn auch leicht irritiert. Ihre gerunzelten Brauen
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