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Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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erfuhr, reichte nicht aus, um sie über diese Entdeckung hinwegzutrösten. Sie versuchte auf alle erdenkliche Weise, sich selbst von der Möglichkeit eines Irrtums zu überzeugen und den einen reinzuwaschen, ohne den andern dadurch wieder zu belasten.
    »Das geht nicht«, sagte Elisabeth. »Du wirst es nie fertig bringen, aus beiden gute Menschen zu machen. Meinetwegen wähle, wen du willst, aber du mußt dich mit einem zufriedengeben. Die guten Eigenschaften, die beide zusammen besitzen, genügen gerade, um einen einzigen anständigen Menschen damit auszustatten, und in letzter Zeit sind diese Eigenschaften ziemlich viel zwischen ihnen hin- und hergeschoben worden. Ich für mein Teil bin jetzt überzeugt, daß Darcy alle für sich allein beanspruchen kann, aber du kannst ja denken, was du willst.«
    Es dauerte jedoch lange, bevor sie Jane wieder ein Lächeln entlocken konnte.
    »Ich kann mich nicht erinnern, jemals vorher so betroffen gewesen zu sein«, sagte sie. »Wickham ein so schlechter Mensch! Das geht beinahe über meinen Verstand! Und der arme Darcy! Lizzy, denk nur daran, wie ihm zu Mute gewesen sein muß. Diese Enttäuschung! Und das kränkende Bewußtsein, daß du so schlecht von ihm dachtest! Und dann noch solche Sachen von seiner eigenen Schwester erzählen zu müssen! Es ist wirklich alles zu traurig — du mußt es doch auch so empfinden!«
    »Ach nein, all mein Bedauern und mein Mitleid ist verschwunden, seit ich dich so erfüllt davon sehe. Ich weiß, du wirst ihm so viel Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß mir alles von Minute zu Minute immer gleichgültiger wird. Wenn du noch sehr viel länger über ihn jammerst, werde ich mich schließlich so unbeschwert und unbekümmert fühlen wie eine Feder im Winde.«
    »Ich bin überzeugt, Lizzy, daß du die Angelegenheit nicht so leichtnehmen konntest, als du den Brief zum erstenmal gelesen hast.«
    »Allerdings nicht. Ich fühlte mich elend genug, sogar richtig unglücklich war ich! Und niemand war da, mit dem ich mich aussprechen konnte, keine Jane, die mir versicherte, ich sei gar nicht so charakterlos, so eitel und dumm gewesen, wie ich es meiner eigenen Überzeugung nach gewesen bin! Oh, wie ich mich nach dir sehnte!«
    »Zu schade, daß du dich Darcy gegenüber so bestimmt über Wickham geäußert hast; denn es sieht ja jetzt tatsächlich so aus, als ob er es nicht verdient hätte!«
    »Gewiß — aber die Voreingenommenheit für den einen entsprang ganz natürlich dem Vorurteil gegen den anderen, das ich mir nun einmal gebildet hatte. Aber jetzt brauche ich deinen Rat: was meinst du, soll ich unseren Bekannten Wickhams wahren Charakter enthüllen oder nicht?«
    Jane überlegte eine kleine Weile und meinte dann: »Dafür kann doch bestimmt kein Grund vorliegen, ihn so schrecklich bloßzustellen. Aber wie denkst du selbst darüber?«
    »Daß ich es nicht tun darf. Darcy hat mir gar nicht das Recht gegeben, über seine Mitteilungen irgend etwas verlauten zu lassen. Im Gegenteil, er wünschte, daß ich alles, was seine Schwester betraf, für mich behielte. Und wenn ich versuchen wollte, den Menschen die Augen über Wickhams sonstiges Betragen zu öffnen, wer würde mir glauben? Die Stimmung gegen Darcy ist so stark, daß ein Versuch, ihn in ein besseres Licht zu rücken, die halbe Bevölkerung von Meryton todunglücklich machen würde. Nein, es geht über meine Kräfte. Wickham wird ja bald fort sein, und dann ist es gleichgültig, was für ein Mensch er in Wirklichkeit ist. Vielleicht erfährt die Allgemeinheit später einmal die Wahrheit; dann können wir über die Dummen lachen, die es nicht gleich von Anfang an wußten. Aber jetzt will ich meinen Mund halten.«
    »Du hast ganz recht. Wenn seine Verfehlungen bekannt würden, könnte es seine Laufbahn für immer zerstören. Vielleicht tut ihm jetzt schon leid, was er alles getan hat, und er bemüht sich, ein neues Leben zu führen. Wir dürfen ihm diese Möglichkeit nicht nehmen.«
    Nach diesem Gespräch fühlte Elisabeth ihre alte, unbekümmerte Heiterkeit wiederkehren: sie war zwei von den Geheimnissen losgeworden, die sie seit vierzehn Tagen bedrückt hatten. Aber da war noch ein Punkt, über den zu sprechen die Vernunft ihr untersagte: sie wagte nicht, ihrer Schwester von der anderen Hälfte des Briefes zu berichten, in der von Bingleys tiefer Zuneigung zu Jane die Rede war. Dieses Geheimnis durfte sie erst lüften, wenn sich die beiden Hauptpersonen wieder zu einer vollkommenen Übereinstimmung

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