Stone Girl
meine, wir wohnen hier.«
»Bitte?«
»Na ja, es ist nicht so, als hätte er da, wo er herkommt, eine Highschool-Freundin. Nein, ich wohne direkt am anderen Ende der Stadt.«
Sethie fragt sich, seit wann Janey Dougs Freundin ist.
»Ihr könnt gerne ohne mich zurück. Der Portier lässt euch rein, kein Problem.«
»Moment mal, wovon redest du?« Sethie verlagert ihr Gewicht auf der Couch. Wenn es in dem Zimmer ruhiger wäre, glaubt sie, könnte sie den Jeansstoff um ihre Schenkel herum ächzen hören. »Ich lasse dich auf keinen Fall hier. Schließlich wissen wir gar nichts über Doug. Wir sollten nicht mal die Getränke, die er uns gegeben hat, trinken.«
»Wieso das denn?«
»Na, weil wir nicht gesehen haben, wie sie gemixt oder eingeschenkt wurden. Wer weiß, was wir da in uns reinschütten.«
»Oh mein Gott, Sethie, mach dich locker! Das sind ganz normale Drinks.«
»Sie schmecken aber nicht besonders.«
Janey zuckt die Achseln.
»Ich sag den Jungs Bescheid.« Janey steht auf. Sethie möchte nicht allein auf der Couch gelassen werden, alleine warten.
»Was sagst du ihnen?«
»Wart halt einfach mal ’ne Sekunde.«
Sethie kämpft gegen das Bedürfnis an, Janey zu folgen. Sie weiß, Janey möchte, dass sie hierbleibt, falls Doug zurückkommt. Sie hasst die Musik hier. Hip-Hop, so viel weiß sie gerade noch. Sie würde gerne irgendjemandem sagen, dass sich keine einzige schwarze Person im Raum aufhält und all die Weißen total lächerlich aussehen, wie sie eifrig mitsingen, als könnten sie sich mit Tupac identifizieren.
»Hey«, sagt Doug, während er sich mit drei Dosen Bier in den Händen neben sie setzt. Sethie bemerkt, dass sie zu sind. »Wo ist Janey denn hin?«
»Ich glaube, sie spricht mit unseren Freunden.« Sethie fragt sich, wann Doug angefangen hat, ihre Freundin auch ›Janey‹ zu nennen.
»Oh. Da.« Er reicht Sethie eins der Biere. Sie macht es nicht auf. Schließlich hat es keinen Sinn, noch mehr Kalorien in sich hineinzukippen, wenn sie sowieso gleich geht.
»Janey sagt, du bist auf einer anderen Schule.«
»Was?«
»Janey sagt, du und sie, ihr geht nicht auf die gleiche Schule.«
»Nein. Ich bin auf einer Mädchenschule.« Sethie blickt zur anderen Seite des Zimmers. Sie hält nach Janey Ausschau, versucht herauszufinden, ob sie wieder zu ihnen zurückkommt, und sie möchte einen Blick auf Shaw erhaschen.
»Wie ist das so?«
»Ich war bislang immer nur in Mädchenschulen, also bin ich daran gewöhnt.«
»Die Columbia hat ein Institut nur für Mädchen.«
»Ich weiß. Ich bewerbe mich dort.«
»Dann magst du diese Reine-Mädchen-Geschichte also, hm?«
Sethie dreht sich um und sieht Doug direkt in die Augen. Aus irgendeinem Grund empfindet sie seine Aussage als beleidigend. Als würde er glauben, mehr über sie zu wissen, als ihm möglich ist.
»Na, es scheint mich jedenfalls nicht davon abzuhalten, Jungs zu treffen.«
Doug lacht. Seine Zähne sehen in dem dunklen Zimmer sehr weiß aus. Bei Schwarzlicht würden sie leuchten, denkt Sethie.
»Hey.« Sethie und Doug wenden sich voneinander ab und blicken auf. Vor ihnen steht Janey.
»Die Jungs warten draußen auf dich«, sagt sie zu Sethie. »Ich bin schon mal hoch und hab dir deinen Mantel geholt.« Sie hält ihn ihr hin.
Sethie würde gerne wissen, wann Janey die Schlüssel von Doug bekommen hat. Und sie würde gerne wissen, wann genau heute Abend sie zum fünften Rad am Wagen mutiert ist. War es in der Minute, als Doug die Tür zu seinem Zimmer geöffnet hat? Sethie weiß, sie sollte jetzt eigentlich aufstehen, ihren Mantel nehmen und gehen. Doch es fühlt sich komisch an, Janey einfach so hierzulassen und ohne sie zu ihrem Haus zurückzugehen. Aber Janey sieht sie erwartungsvoll an. Also steht Sethie auf.
»Es war schön, dich kennenzulernen, Doug«, sagt sie und nimmt ihren Mantel. Doug erhebt sich ebenfalls, um ihr auf Wiedersehen zu sagen. Vielleicht ist er doch netter, als sie ihm zugetraut hätte, denkt Sethie. »Wir sehen uns später«, fügt sie an Janey gewandt hinzu. Es ist eher ein Appell als eine Verabschiedung.
»Bis später«, erwidert Janey und setzt sich mit Doug auf die Couch. Sethie fragt sich, wie viele Minuten sie wohl warten werden, bevor sie anfangen herumzumachen, wenn sie erst mal weg ist. Ob sie direkt auf der Couch loslegen oder hoch in Dougs Zimmer gehen? Und dann fragt sie sich, ob Dougs Verbindungskumpel sich am nächsten Tag wohl über ihn lustig machen, weil er etwas mit einem
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