Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
das Leben eines Mannes, den Sie nicht einmal gekannt haben und der schon lange tot ist?” Beverly hatte sich wieder umgedreht und ergriff das Wort, ehe Tattie antworten konnte. “Und das nach dem, was Sie durchgemacht haben.”
Es war ein geschickter Schachzug, wenn es tatsächlich einer war, denn es brachte Tattie dazu, Jasmine auszufragen. “Warum sollte jemand Sie im Keller einsperren?”
“Ich habe keine Ahnung.”
“Sollen wir die Polizei rufen? Sind Sie verletzt? Wie finden wir heraus, wer Ihnen das angetan hat?”
Diese Fragen kamen von der Nachbarin, nicht von Mrs. Moreau. Francis Mutter schien nicht allzu besorgt zu sein, was Jasmines Unbehagen noch verstärkte. Doch sie entschied, all das später zu entwirren. Im Moment wollte sie nur aus diesem Haus raus. “Die Polizei könnte auch nichts machen.” Sie dürften ohne einen Durchsuchungsbefehl nicht einmal den Keller betreten, es sei denn, Mrs. Moreau würde es ihnen gestatten. Doch so verschlossen, wie sie war, würde sie ihre Zustimmung wahrscheinlich verweigern.
“Sind Sie sicher?”, fragte Tattie.
“Ja. Es ging alles so schnell. Ich habe nicht einmal das Gesicht gesehen.” Nur die Zigarettenstummel.
Kopfschüttelnd sagte Tattie: “Das muss furchtbar gewesen sein.”
“Zumindest sind Sie nicht verletzt”, warf Mrs. Moreau ein.
Jasmine stellte ihr Wasserglas auf den Tisch, um ihrem Blick auszuweichen. Mrs. Moreau hatte Jasmine vielleicht nicht eingesperrt, dazu war die alte Frau nicht kräftig genug. Aber Francis Mutter hatte davon gewusst. Auf Jasmines Klopfen hatte sie die Tür nicht geöffnet, obwohl sie zu der Zeit offenbar zu Hause gewesen war. Und sie hatte nicht auf Jasmines Hilfeschreie aus dem Keller reagiert, dabei musste sie sie gehört haben.
Womöglich hatte nur das Einschreiten der Nachbarin Jasmine das Leben gerettet. “Ja, zumindest bin ich nicht verletzt”, wiederholte sie. “Aber er hat mir meine Tasche gestohlen.”
“Es war also ein Handtaschenräuber?”, sagte Tattie. “Sind Sie sicher, dass Sie nicht doch die Polizei rufen wollen? Ich weiß, dass die Chancen schlecht stehen, dass Sie Ihr Zeug wiederbekommen, aber immerhin sollte man es melden.”
“Darum kümmere ich mich später. Jetzt muss ich erst einmal zur Mietwagenfirma und mir einen Ersatzschlüssel holen.”
“Ich kann Sie fahren, wohin auch immer Sie möchten.” Mrs. Moreau tätschelte ihre Hand, und Jasmine konnte sich gerade noch zusammenreißen, nicht vor diesen abgearbeiteten, schwieligen Fingern zurückzuschrecken.
Sie wollte gerade sagen, dass sie lieber zu Fuß ging, als Tattie mit einem Alternativvorschlag kam.
“Nein, Bev. Du bleibst bei Dustin.”
Wer war Dustin? Zum Glück brauchte Jasmine nicht zu fragen. Tattie holte kaum Luft, ehe sie die Information preisgab. “Beverlys anderer Sohn ist pflegebedürftig”, erklärte sie. “Ich werde Sie fahren.”
Von einem dritten Moreau-Bruder hatte Jasmine noch nie gehört. Sie wollte fragen, was mit ihm los war, aber diese Frage wäre zu taktlos gewesen. “Ich mache Ihnen ungern solche Mühe”, sagte sie zu Tattie. “Wenn Sie mir vierzig Dollar für ein Taxi leihen könnten, verspreche ich Ihnen, es zurückzugeben, sobald ich wieder an mein Geld komme.”
Tattie warf einen Blick auf die Uhr. “Es ist überhaupt kein Problem. Ich muss meinen Jüngsten erst in einer Stunde aus der Schule abholen. Ich habe genug Zeit.” Sie stand auf. “Warum rufen Sie nicht die Mietwagenfirma an und erzählen Ihnen, was passiert ist, während ich meine Tasche hole?”
Jasmine hielt sich dicht hinter ihr. Auf gar keinen Fall würde sie die Nachbarin ohne sie gehen lassen. “Ich rede mit denen, wenn ich dort bin.”
Tattie zuckte die Achseln. “Wie Sie meinen.”
Jasmine meinte es genau so. “Danke.”
“Ich kann es immer noch nicht fassen, dass jemand Ihnen die Tasche geklaut und Sie in einen Keller gesperrt hat”, sagte Tattie, als sie zur Vordertür gingen. “Am helllichten Tag! Dabei sollte man doch meinen, dass einem nichts passiert. Im Großen und Ganzen ist das hier eine gute Gegend.”
Ein Mann, der Kinder zumindest belästigt hatte, war ebenfalls in dieser “guten Gegend” zu Hause gewesen. Wie lange mochte Tattie wohl schon hier wohnen? Ob sie über Francis Moreau Bescheid wusste? Doch Jasmine sagte nichts. Tatties Bemerkung war ohnehin eher rhetorisch gewesen.
“Nur gut, dass ich gerade zur Bücherei musste und Sie zufällig gehört habe”, fuhr Tattie fort. “Sie
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