Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
neben uns branden die Wellen auf den Sand. Unaufhörlich, bis in alle Ewigkeit. Ich hob den Ball auf, warf ihn Dave zu.
»Bist du bereit?« Dave begann zu dribbeln.
»Keine Ahnung«, antwortete ich. »Hast du wieder vor rumzutricksen?«
»Streetball. Wir spielen Streetball.« Er warf den Ballzurück. »Zeig mir, was du draufhast. Zeig mir, was du liebst.«
Och nö, bitte nicht so 'n Schmalz
, dachte ich. Doch trotzdem fühlte ich etwas, ganz deutlich, als ich den Ball fest und rund in meiner Hand spürte. Ob es Liebe war? Keine Ahnung. Aber vielleicht das, was davon übrig war – was auch immer das sein mochte. »Okay«, sagte ich, »spielen wir!«
Elf
»Hallo«, begrüßte mich die Bibliothekarin mit einem Lächeln. Sie war jung, hatte glattes blondes Haar, trug einen Rollkragenpullover in knalligem Pink, einen schwarzen Rock und eine ziemlich abgefahrene rote Brille. »Kann ich dir helfen?«
»Ich hoffe es«, antwortete ich. »Ich würde gern ein bisschen was über unsere Stadtgeschichte nachlesen, weiß aber absolut nicht, wo ich anfangen soll.«
»Keine Panik, bei uns bist du genau richtig.« Sie rollte auf ihrem Schreibtischstuhl ein Stück zurück, stand auf, kam um die Auskunftstheke herum auf mich zu. »Zufällig haben wir die umfangreichste Sammlung von Zeitungen und Dokumenten über Lakeview
in
ganz Lakeview. Du findest nirgendwo sonst mehr Material. Aber verpetz mich bitte nicht bei der Historischen Gesellschaft. Die sind ein wenig zu sehr in ihrem Konkurrenzdenken gefangen.«
»Aha«, sagte ich. »Okay.«
»Suchst du was Bestimmtes?«, fragte sie und bedeutete mir, ihr zu folgen. Wir gingen durch den großen Lesesaal, in dem jede Menge Sofas und Sessel herumstanden. Auf den meisten saß irgendwer, völlig versunken über Buch, Zeitschrift oder Laptop gebeugt.
»Ich hätte zum Beispiel gern einen Stadtplan, auf demman erkennen kann, wie die Straßen in den inneren Stadtbezirken vor ungefähr zwanzig Jahren verliefen«, sagte ich.
»So was haben wir definitiv.« Sie ging vor mir her in einen etwas kleineren Raum, der an den Lesesaal angrenzte; an allen vier Wänden standen Regale, dazwischen einige Tische. Niemand war dort, bis auf einen Menschen, der mit dem Gesicht zur Wand an einem der Tische saß und seine Kapuze nicht abgenommen, sondern im Gegenteil sogar tief ins Gesicht gezogen hatte. »Das ist die Jubiläumsschrift zur Fünfundsiebzigjahrfeier, gerechnet ab dem Zeitpunkt, als mehrere Gemeinden zu dem zusammengeschlossen wurden, was heute innerhalb der offiziellen Stadtgrenzen liegt.« Sie nahm ein dickes Buch aus dem Regal. »Alle möglichen Daten und Fakten sind darin zusammengetragen, inklusive Stadtplänen und geschichtlichem Überblick. Eine andere Möglichkeit wäre, sich die Grundbucheinträge und Steuerunterlagen von vor zwanzig Jahren – zum Beispiel – anzuschauen, um herauszufinden, wem was an Häusern oder Grundstücken gehörte, wann es gekauft oder eventuell wieder verkauft wurde. In der Regel ist alles nach Adressen geordnet.«
Während sie redete, hatte sie immer mehr Bücher aus den Regalen genommen und auf einen Tisch gestapelt. Ich betrachtete den kleinen Turm. »Das ist doch schon mal ein Anfang«, meinte ich.
»Super«, antwortete sie. »Viel Glück. Ach so, und nur damit du’s weißt: An deiner Stelle würde ich die Jacke anbehalten. Die Heizung hier funktioniert nämlich nicht richtig. Man kommt sich auf Dauer vor wie in einer Kühlkammer.«
Ich nickte. »Mach ich.«
Sie ging. Ich blickte ihr nach. Sie durchquerte den Lesesaal, sammelte unterwegs herrenlose Bücher ein, die auf den Tischen herumlagen. Nebenan brannte ein Feuer imKamin, ein echtes, und erst als ich das richtig wahrnahm, merkte ich plötzlich, wie kalt es tatsächlich in dem Raum war, in dem ich mich befand. Ich zog meine Jacke enger um mich und den Reißverschluss wieder zu, schlug die Jubiläumsschrift mit der Stadtgeschichte auf, begann zu blättern.
Seit Deb vor zwei Wochen bei der Konstruktion des Modells eingestiegen war, hatte die Arbeit solche Fahrt aufgenommen, dass man sich tatsächlich vorstellen konnte, es würde irgendwann fertig werden. Ein gutes Gefühl, muss ich zugeben, und eins, das mir bis zu dem Zeitpunkt definitiv abgegangen war. Vor allem, weil Opal sich zwar die Finger wund telefoniert hatte, es ihr allerdings trotzdem nicht geglückt war, doch noch ein paar Halbkriminelle für das Projekt zu rekrutieren. Glücklicherweise hatte Deb einen Plan, und zwar
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