Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
über das daneben –Daves Elternhaus – und dann weiter zu dem Viereck dahinter. Ja, da war es. Der Umriss kam mir tatsächlich sehr bekannt vor. Auch dort stand eine Parzellennummer und darüber HOTEL. Das war alles.
Eigenartig. Ich hatte zwar damit gerechnet, dass es sich nicht um ein normales Haus handelte, aber ein Hotel? Das erstaunte mich doch ziemlich. Ich nahm einen Stift und eine alte Quittung aus meiner Tasche, notierte mir die Parzellennummer des Hotels sowie die tatsächliche Adresse, faltete den Zettel zusammen, steckte ihn ein. Stapelte die Bücher gerade fein säuberlich aufeinander, da kündigte ein Signalton eine SMS an. Von Deb.
KLEINES SPA-MEMO: DU BIST HEUTE VON 4 BIS 6 EINGETEILT, plus Smiley.
Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Zehn vor vier. Die kleine Mahnung war genau zur rechten Zeit eingetrudelt. Ich schnappte mir meine Tasche, verstaute das Handy, stand auf. Jason wandte sich mir noch einmal zu.
»Gehst du ins
Luna Blu
?«
Ich nickte.
»Hast du was dagegen, wenn ich mitkomme?«
»Natürlich nicht.«
Wir durchquerten den großen Lesesaal, kamen an Lauren vorbei, die gerade einer älteren Dame mit Baseballmütze half, weil jene mit dem Computerterminal für Bibliotheksbesucher nicht zurechtkam. »Vielen Dank noch mal, dass Sie mir vorhin gezeigt haben, wie man sich im Gesamtkatalog zurechtfindet«, sagte die Dame, als sie Jason bemerkte. »Sie sind ein Genie!«
Jason wehrte sichtlich verlegen ab. Gemeinsam verließen wir das Gebäude durch den Hauptausgang, traten hinaus auf die Straße. Schweigend gingen wir ein paar Schritte nebeneinanderher,doch dann konnte ich mich nicht länger zurückhalten: »Also sind nicht bloß Tracey und Dave dieser Meinung. Du bist anscheinend wirklich ein Genie!«
»Drei Menschen bilden noch lange keinen repräsentativen Querschnitt.« Er zog sich die Kapuze tiefer in die Stirn. »Und du? Hast du gefunden, weswegen du in die Bibliothek gekommen bist?«
»Im Prinzip ja.« Wir liefen immer weiter, überquerten die Straße. In der Ferne konnte ich bereits das
Luna Blu
mit seiner unverwechselbaren, azurblauen Markise erkennen. »Auf jeden Fall bin ich ein Stück weiter als vorher.«
Wir überquerten die nächste Kreuzung. Immer noch lag etwas Schnee, der allerdings mittlerweile eine schmutzig graue Farbe angenommen hatte und hart war, vereist, sodass man aufpassen musste, nicht darauf auszurutschen. »Das ist doch immerhin ein Anfang, oder?«, meinte er. »Was Positives, stimmt’s?«
Ich nickte. So war es, in der Tat. Aber anfangen, Ärmel aufkrempeln, loslegen ist in der Regel nicht das Problem. Die Dinge sind zwar noch offen und ungewiss, doch gleichzeitig verheißungsvoll, mit viel Potenzial. Unter anderem deswegen hatte es mir bisher ja auch so gefallen, immer wieder durchzustarten. Doch seit Neuestem ertappte ich mich dabei, dass ich mir inzwischen im Grunde eins noch viel sehnlicher wünschte: endlich mal herauszufinden, wie die Geschichte ausging.
***
»Da bist du ja!«, rief Deb, als ich die Treppe heraufkam. »Wir haben uns schon fast Sorgen gemacht. Ich dachte, du tauchst um Punkt vier auf?!«
»Es ist gerade mal fünf nach«, sagte ich.
»Ja, Mclean, trotzdem.« Dave saß im Schneidersitz auf dem Fußboden. »Du weißt doch, SPA nimmt auf niemanden Rücksicht, egal wie alt, welches Geschlecht, welche Hautfarbe und so weiter.«
»Sorry.« Ich schnippte mit dem Finger gegen seinen Hinterkopf, als ich an ihm vorbeikam. »Ich musste noch was erledigen. Ich gleich’s irgendwie aus, versprochen.«
»Davon kannst du ausgehen«, konterte er.
Deb stand am Tisch und summte leise vor sich hin, während sie ein paar Plastikbögen und Bauelemente sichtete. Ich beugte mich über meinen aktuellen Sektor. Wir arbeiteten ziemlich lange in völliger Stille; das Einzige, was wir hörten, waren gelegentlich Stimmen unten aus der Küche. Wodurch ich immer wieder an Jason denken musste, daran, was er über Harvard und die Entscheidungen, die er getroffen hatte, erzählt hatte. Schon irre, dass man ganz woanders landen konnte, als man geplant hatte. Und dabei auf einmal entdeckte, dass man genau da war, wo man sein sollte.
Etwa eine halbe Stunde später wurde laut an die Tür vor der Treppe geklopft.
BAMM! BAMM! BAMM!
Deb und ich fuhren regelrecht zusammen. Dave hingegen zuckte nicht mit der Wimper, sondern rief über die Schulter hinweg lässig nach unten: »Jawohl! Wir sind hier oben.«
Im nächsten Moment öffnete sich
Weitere Kostenlose Bücher