Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
normale Innentemperatur, Klimaanlage, Ventilator und Raumfeuchtigkeit gab. Peters Geländelimousine, eine der größten, die ich je gesehen hatte, war weniger ein Auto als vielmehr eine Art Wohnraum auf Rädern. »Alles bestens.«
»Okay«, meinte sie. »Aber wenn du irgendwas anders einstellen möchtest, nur zu.«
Mittlerweile waren wir seit einer knappen Stunde unterwegs und die Unterhaltung hatte sich auf exakt dieses Thema, das Wetter und wie es am Meer wohl sein würde, beschränkt. Der Wagen fuhr auf Autopilot und ich fühlte mich, ehrlich gesagt, so ähnlich: handelte, antwortete, reagierte mechanisch, je nach Situation, während das ätzende Chaos des Nachmittags hinter uns zurückblieb, Kilometer um Kilometer.
Ich hatte Dad gegenüber recht gehabt: Als ich daheim anlangte, wartete meine Mutter bereits vor unserem Haus und versorgte gerade die Zwillinge mit Saftpäckchen; die beiden waren auf den endlosen Weiten der Rückbank ineinem Doppelkindersitz angeschnallt. »Hallo!«, rief Mom und winkte mir mit einem Plastikstrohhut zu. »Kleine Fahrt ins Blaue gefällig?«
»Gern«, rief ich zurück. »Ich hole schnell meine Sachen.«
Ich ging hinein, spritzte mir ein bisschen kaltes Wasser ins Gesicht und versuchte mich zu sammeln. Die ganze Zeit über hatte ich ein einziges Bild im Kopf: Wie sie sich um den Laptop versammelten, auf dessen Monitor die verschiedenen Versionen meiner selbst ihren prüfenden, kritischen Blicken ausgesetzt waren. Ich schämte mich so sehr, dass es sich wie Fieber anfühlte, heiß und kalt und klamm und alles auf einmal. Es würde deshalb keinen verdammten Unterschied machen, ob ich nun auf diesen oder jenen oder gar keinen verdammten Temperaturregler drückte, egal, wie viele es von den Dingern gab.
»Ich habe mir überlegt, wir fahren als Erstes schnell zum Haus und packen aus.« Meine Mutter warf einen raschen Blick in den Rückspiegel, um nach den schlafenden Zwillingen zu sehen. »Aber dann machen wir bald einen kleinen Spaziergang auf der Promenade. Es gibt ein wirklich nettes Lokal dort, wo wir zu Abend essen können, und anschließend ziehen wir los, um einen Badeanzug für dich zu besorgen. Wie klingt das?«
»Gut.«
Sie lächelte, streckte die Hand aus, tätschelte mein Knie. »Ich freue mich so, dass du mitkommst, Mclean. Vielen Dank, ehrlich.«
Ich nickte und schwieg. Mein Handy vibrierte in meiner Tasche still vor sich hin. Ich hatte den Ton abgeschaltet, weil in den ersten zwanzig Minuten nach unserer Abfahrt unmittelbar hintereinander Dad, Riley und Deb angerufen hatten. Es war entweder Ironie des Schicksals oder ein einzigergroßer Witz oder einfach bloß komisch, dass ich die Anrufe anderer Leute ignorierte und stattdessen lieber mit meiner Mutter redete. Aber da sowieso nichts mehr einen Sinn ergab – warum nicht?
Nach einer Weile ging die Autobahn in eine zweispurige Straße über. Statt mächtiger Eichen wuchsen nun zerzauste Strandkiefern am Straßenrand. Ich musste ein paarmal an unsere Fahrten früher denken, in der Supermistbiene, als sie noch neuer war und Mom gehörte. Sie fuhr, ich kümmerte mich ums Radio und achtete darauf, dass wir immer genug zu trinken an Bord hatten (sprich: Cola light und Kaffee). Manchmal genehmigten wir uns vor der Abfahrt auch einen ganzen Stapel Zeitschriften, aus denen ich unterwegs – wenn es im Laufe der Strecke immer weniger gescheite Radiosender gab und der Empfang überdies zunehmend schlechter wurde – vorlas und uns auf diese Weise mit den neuesten Tipps über Diäten, Make-up und ähnlich lehrreiche Themen versorgte. Doch jetzt gondelten wir ja in Peters megamäßiger Limousine durch die Lande, in die ein Kühlfach mit Erfrischungen und Snacks sowie ein Satellitenradio mit über dreihundert Sendern zur Auswahl und exzellentem, durchgehendem Empfang eingebaut waren. Ganz zu schweigen von unserer Reisebegleitung in Gestalt eines Zwillingspärchens. Das Einzige, was sich so ungefähr nicht verändert hatte, war die Landschaft.
Mir hatte vor diesem Unternehmen aus mehreren Gründen gegraust, vor allem eigentlich, weil ich dabei unweigerlich vier volle Stunden mit meiner Mutter im Auto eingesperrt sein würde, Konversation machen musste und es kein Entrinnen gab. Zu meiner Überraschung war sie jedoch anscheinend genauso zufrieden damit wie ich, einfach mal längere Zeit gar nichts zu sagen. Schließlich war anscheinendsogar ich diejenige, der ein wenig unbehaglich wurde. Ich brach das Schweigen deshalb
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