Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)

Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)

Titel: Stop saying Goodbye: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
Vom Netzwerk:
mein Leben weitergehen sollte, waren Daves stets so klare, durchstrukturierte Pläne allesamt den Bach runtergegangen. Ich hatte gedacht, er hätte mich hängen lassen. Dabei war es umgekehrt gewesen. Eindeutig.
     
***
     
    Als ich an jenem Morgen im
Poseidon
ein zweites Mal aufwachte, war ich allein im Zimmer. Ich setzte mich auf, blickte mich um: Das Notizbuch, in das ich letzte Nacht meine neuen Eintragungen gemacht hatte, lag zugeklappt auf dem Nachttisch; die Fotos und Jahrbücher waren ordentlich auf einem Stuhl gestapelt. Die Vordertür stand leicht offen, der Wind pfiff durch das Fliegengitter. Ich rappelte mich hoch, rieb mir die Augen, tappte hin. Meine Eltern saßen auf den Stufen vor meinem Hotelzimmer.
    »Ich komme mir vor wie die schlimmste Rabenmutter überhaupt«, sagte Mom. »Dieser ganze Wirrwarr, die unterschiedlichen Identitäten   … Ich hatte ja keine Ahnung.«
    »Wenigstens kannst du dich damit rechtfertigen, dass du weit weg warst. Ich dagegen   … es passierte direkt vor meiner Nase«, antwortete Dad.
    Meine Mutter schwieg eine Zeit lang. »Du hast dein Bestes getan. Mehr kannst du nicht machen. Mehr kann keiner von uns machen. Das weißt du, oder?«
    Mein Vater nickte, blickte Richtung Straße. Es war so lange her, dass ich sie so erlebt hatte, einfach nur die beiden,
zusammen
– ich blieb eine Weile ganz still stehen, um das Bild, das Gefühl in mich aufzusaugen. Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht, sie umschloss mit beiden Händen einen Kaffeebecher und neigte leicht den Kopf, während sie weitersprach. Aus der Ferne wäre man nie darauf gekommen, was sie hinter sie hatten, ihre Vergangenheit, die Erschütterungen und Veränderungen. Man hätte sie vermutlich einfach bloß für Freunde gehalten.
    Da wandte meine Mutter sich um, bemerkte mich. »Hallo, mein Schatz«, sagte sie. »Du bist ja wach.«
    »Was macht ihr hier?«, fragte ich.
    Mein Vater stand auf. »Du warst bei deiner Mutter und bist mitten in der Nacht abgehauen, ohne einen Ton zu sagen. Was denkst du denn, Mclean? Glaubst du wirklich, wir würden uns keine Sorgen machen?«
    »Ich brauchte bloß ein bisschen Zeit für mich«, sagte ich leise. Er trat näher, öffnete die Fliegengittertür. Kam herein, umarmte mich, ganz fest, küsste mich auf den Scheitel.
    »Jag mir nie wieder solche Angst ein«, sagte er, bevor er einen weiteren Schritt machte, damit Mom ebenfalls eintreten konnte. »Das ist mein voller Ernst.«
    Ich nickte stumm. Die Tür fiel hinter Mom zu. Und dann war da eigentlich nichts mehr, nur noch wir drei in diesem Raum. Ich setzte mich aufs Bett, meine Mutter auf den Stuhl neben der Klimaanlage. Sie trank einen Schluck von ihrem Kaffee. Mein Vater blieb beim Fenster stehen.
    »Ich glaube, wir müssen uns dringend unterhalten, alle drei«, meinte er nach einer längeren Pause.
    »Ihr habt in meinem Notizbuch gelesen«, sagte ich.
    »Ja.« Seufzend strich Mom sich das Haar aus dem Gesicht. »Mir ist bewusst, dass das, was du geschrieben hast, vermutlich nicht für fremde Augen bestimmt war   … aber wir hatten so viele Fragen. Und du warst in dem Moment weder in der Lage noch wirklich willens, sie zu beantworten.«
    Ich blickte auf meine ineinander verkrampften Hände.
    »Ich habe gar nicht begriffen   …« Mein Vater hielt inne, räusperte sich. Warf meiner Mutter einen Blick zu, ehe er fortfuhr: »Die unterschiedlichen Namen. Ich dachte, es wären bloß   … Namen.«
    Mann, war das schwer. Ich schluckte. »Mit einem neuen Namen fing es an«, erwiderte ich. »Doch dann weitete es sich immer mehr aus.«
    »Aber wenn du das Gefühl hattest, du müsstest so etwas überhaupt machen, heißt das für mich, du warst todunglücklich   …«, sagte er bedrückt.
    »Es ging nicht um glücklich oder unglücklich. Ich wollte einfach nur nicht mehr ich selbst sein.«
    Wieder wechselten sie einen Blick. Mom sagte langsam: »Ich glaube, keiner von uns beiden hat wirklich begriffen, was für eine Belastung unsere Scheidung für dich war. Wir sind   …« Hilfe suchend schaute sie Dad an.
    Er fuhr an ihrer Stelle ergänzend fort: »Es tut uns unendlich leid.«
    Es war so ruhig, dass ich mich selbst atmen hörte. Das Geräusch war in meinen Ohren ähnlich laut wie die Brandung draußen. Wellen rauschten heran, krachten auf den Sand, zogen sich wieder weit hinaus aufs Meer zurück. Ich dachte an alles, was dabei weggespült wurde, immer und immer wieder aufs Neue. Wir alle machen, sowohl absichtlich als auch

Weitere Kostenlose Bücher