Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
mich so aufgeregt, dass ich fast ohnmächtig geworden bin. Ich musste sofort zählen gehen.«
Ich stutzte, glaubte mich verhört zu haben. Debbie ging langsam an dem Modell entlang, strich vorsichtig mit dem Finger über eine Straße, um eine nicht vorhandene Staubschicht zu entfernen. »Zählen gehen?«
»Bis zehn.« Sie richtete sich wieder auf. »Eine Technik von mir, um nicht vollkommen panisch zu werden. Im Idealfall. Wobei ich manchmal bis zwanzig oder sogar bis fünfzig zählen muss, ehe ich mich wieder halbwegs beruhigt habe.«
»Ach so. Okay.«
»Und dann kam uns auch noch Dave abhanden.« Sie ging einen Schritt vor und in die Hocke, um einen Kirchturm gerade zu rücken. »Was echt heikel war, weil du ja auch von jetzt auf gleich ausfielst. Und als das dann auch noch passierte, musste ich zählen
und
atmen!«
»Was?«, sagte ich.
»Atmen«, setzte sie an zu erklären. »Bewusst tief einatmen, tief ausatmen, sich dabei vorstellen, dass man den Stress auf die Weise mit –«
Ich fiel ihr angespannt ins Wort: »Das meine ich nicht, sondern … also, was wolltest du damit sagen, Dave ist euch abhandengekommen?«
»Wegen der Geschichte mit seinen Eltern, dem Hausarrest und so weiter«, antwortete sie. Merkte, wie verwirrt ich sie anschaute, fuhr fort: »Und das wusstest du tatsächlich
nicht
?«
Was ich leider bestätigen musste. Der Punkt war nämlich: Ich wusste gar nichts, weil es mir im Nachhinein so peinlich gewesen war, Dave überhaupt angerufen zu haben – vor allem, weil er nie in North Reddemane aufgetaucht war –, dass ich später kein einziges Mal mehr versucht hatte, Kontakt zu ihm aufzunehmen. Obwohl es das einzig Richtige gewesen wäre, das war mir auch klar. »Was … was ist denn passiert?«
»Ich kenne nicht alle schmutzigen Details«, antwortete sie, stand auf, reckte sich. »Ich weiß bloß, sie haben ihn letzte Woche dabei erwischt, dass er nachts heimlich mitseinem Auto unterwegs war, worauf es einen Riesenkrach gab und er als Ende vom Lied im Prinzip bis in alle Ewigkeit Hausarrest hat.«
»Krass!«, sagte ich.
»Und die Fahrt nach Austin fällt auch flach. Zumindest für ihn.«
Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. »Nein! Was für ein Mist!«
»Ich weiß«, bestätigte sie bekümmert. »Ich sag’s dir, hier gab’s in letzter Zeit ein Drama nach dem anderen. Ich hoffe bloß, wir kriegen den Rest ohne weitere Katastrophen hin.«
Ich trat einen Schritt zurück, lehnte mich Halt suchend gegen den nächstbesten Tisch, während Deb um das Modell herum auf die andere Seite ging. Also
das
war mit Dave los! Ich hatte die ganze Zeit geglaubt, er hätte seine Meinung geändert und wäre absichtlich nicht zur mir nach North Reddemane gekommen. Dabei konnte er gar nichts dafür:
Er
hatte das nicht entschieden. »Und das heißt … ist er seitdem wirklich kein einziges Mal mehr hier gewesen?«
Deb warf mir über ihre Schulter hinweg einen Blick zu. »Doch, schon. Aber erst seit wenigen Tagen wieder und auch nur mal eine Stunde hier, eine da. Ich schätze, sie halten ihn an einer ganz kurzen Leine.«
Armer Dave. Nachdem er bereits so viel von seiner Zeit abgesessen, sich so geduldig angepasst hatte. Jetzt stand er wieder auf LOS. Und warum? Bloß meinetwegen! Mir wurde regelrecht übel.
»Seine Eltern können ihm die Reise nicht wirklich verbieten«, sagte ich, nachdem wir eine Weile beide geschwiegen hatten. »Ich meine, vielleicht überlegen sie es sich ja doch noch anders oder –«
»Das habe ich auch gleich gesagt«, fiel Deb mir ins Wort.»Aber Riley hält es für extrem unwahrscheinlich.« Sie hockte sich wieder hin, verlagerte ihr Gewicht auf die Fersen und drückte auf ein Haus, das offenkundig noch zu lose gesessen hatte, denn erst jetzt rastete es mit dem charakteristischen Klicken ein, laut und deutlich. »Sie haben schon beschlossen, einen Teil der Reisekasse darauf zu verwenden, Heathers Schulden wegen ihres Unfalls abzuzahlen, damit wenigstens sie mitfahren kann. Es gab deswegen sogar eine offizielle Besprechung und alles.«
»Besprechung«, wiederholte ich.
»Ja, hier, bei der Arbeit. Das war echtes Multitasking, für uns alle.« Sie lächelte gequält. »Trotzdem fühlte ich mich geehrt, dass ich dabei sein durfte.«
Sie beugte sich erneut aufmerksam über das Modell, musterte prüfend eine Häuserreihe. Und ich? Stand einfach bloß da. Es war echt unfassbar: Während ich es letzte Woche in Colby mühsam geschafft hatte einzufädeln, wie
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