Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
Jeans und einer blauen Regenjacke mit geöffnetem Reißverschluss, hob ihn auf. Dreadlock sagte etwas, das Dave mit einem Kopfschütteln quittierte und dann einen Sprungwurf wagte. Mein Blick ruhte dabei unverwandt auf Daves Gesicht, nicht auf dem Brett hinter dem Korb oder dem Korb selbst, von dessen Rand der Ball in hohem Bogen weghüpfte. Was Dave nicht sonderlich zu wundern schien.
»Trotzdem muss ich dir offen sagen, es hat mich sehr verletzt, dass du nicht zurückgerufen hast«, sagte meine Mutter nach einer leicht angespannten Pause. »Ich glaube, du machst dir keinen Begriff davon, wie schwer es ist, Mclean, immer wieder auf dich zuzugehen und jedes Mal zurückgestoßen zu werden.«
Daves Freund versuchte sich an einem Korbleger und stolperte; der Ball landete irgendwo im Garten. »Ich habe nicht absichtlich nicht zurückgerufen«, antwortete ich.
Daves Freund flitzte hinter dem Ball her. »Aber Dad hat sich verletzt und ich musste eher aus der Schule, um zu ihm ins Krankenhaus zu fahren.«
»Was?«, rief sie entsetzt aus. »Ach du liebe Zeit! Was ist passiert? Geht es ihm gut? Geht es dir gut?«
Seufzend hielt ich das Handy ein Stück von meinem Ohrweg. »Ja, ihm geht es gut. Bloß ein paar Stiche und ein dicker Verband.«
»Warum musstest du dann ins Krankenhaus?«
»Weil er nicht wusste, wo seine Versichertenkarte ist, deshalb …«
Doch noch ehe ich den Satz vollenden konnte, hörte ich, wie sie ausatmete, ein lang gezogenes, zischendes Geräusch, als würde ein Reifen Luft verlieren; unwillkürlich überfiel mich die Vorstellung, unserem fragilen Waffenstillstand ging in dieser Sekunde trotz meiner Entschuldigung die Puste gleich mit aus.
»Du musstest den Unterricht verlassen, weil dein Vater seine Versichertenkarte verlegt hatte?!«, lautete prompt ihre – rhetorische – Frage, auf die ich wohlweislich gar nicht erst antwortete. »Jetzt mal im Ernst: Du bist nicht seine Mutter, sondern seine Tochter. Er sollte wissen, wo
deine
wichtigen Dokumente liegen, nicht umgekehrt.«
»War schon in Ordnung so«, entgegnete ich. »Alles ist okay, wirklich.«
Sie schniefte kurz. Schwieg etwas länger, meinte schließlich: »Ich habe mich gestern so gefreut, dass du endlich mit uns ans Meer kommen kannst. Kaum hörte ich, das Haus ist fertig renoviert, dachte ich bloß noch an dich, an nichts und niemanden sonst.«
»Mom …«
Doch sie redete einfach weiter: »Aber sogar das stellt sich als unendlich kompliziert heraus. Du wolltest mir nicht einmal richtig zuhören, als ich davon anfing. Dabei bist du früher so gern ans Meer gefahren. Es macht mir sehr traurig, dass du kein normales Leben mehr führst, sondern stattdessen …«
»Mom!«
»… von deinem Vater durch die Gegend geschleift wirst, von einer Stadt zur nächsten. Und dich zu allem Überfluss um
ihn
kümmern musst. Ehrlich gesagt kann ich einfach nicht verstehen, warum du …«
Hinter mir ertönte erneut das Ball-an-Tür-Getöse, das ich vorhin schon einmal gehört hatte. Ich fuhr herum: Ja, wieder wurde die Tür durch die Wucht aufgestoßen, mit welcher der Ball dagegengeprallt war. Er segelte hindurch, landete auf dem Linoleumfußboden, prallte gegen mich. Ich fing ihn geistesgegenwärtig auf, trotz Handy am Ohr. Und war urplötzlich stinksauer. Meine Mutter redete nach wie vor – sie redete einfach
ununterbrochen
, immer –, während ich durch die offene Tür auf die Veranda stürzte.
»Sorry«, rief Daves Kumpel, als er mich sah. »Mein –«
Doch ich hörte gar nicht hin, sondern legte den gesamten Stress, Frust, Ärger der letzten Minuten und Tage in meinen Wurf, als ich den Ball nun mit aller Kraft Richtung Korb schleuderte. Er flog in hohem Bogen, prallte gegen das Brett, rutschte durch den korblosen Ring, hatte trotzdem so viel Schwung, dass er vom Boden wieder hochschnellte und mitten auf Dave Wades Stirn landete. Und er? Fiel wie vom Blitz getroffen um!
»Shit«, sagte ich, als er auf dem Asphalt aufschlug. »Mom, ich muss auflegen.«
Ich warf mein Handy auf einen Gartenstuhl und rannte die Stufen der Veranda hinunter zur Auffahrt. Dave lag ausgeknockt auf dem Boden; sein Freund stand ein paar Meter von ihm entfernt, schaute mich perplex an. Der Ball war auf die Straße gerollt und erst von einem Mülleimer aufgehalten worden.
»Wahnsinn!«, sagte Dreadlock. »Was war das denn für ein Wurf?«
»Alles okay?« Ich kniete bei Dave nieder. »Es tut mir so leid, ich war bloß
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