Storm: Thriller (German Edition)
habe noch einmal sechs Fingerabdrücke bekommen, die ich mit deiner Datenbank abgleichen will. Vielleicht stammen alle von derselben Person, vielleicht auch nicht.«
Was die Qualität der Abdrücke anging, hatte Cowen recht gehabt. Die Standardanforderung der Metro Police liegt bei dreizehn Punkten, also dreizehn Stellen, an denen eine Furche oder ein Grat endet beziehungsweise eine andere Furche oder einen anderen Grat schneidet. Wenn zwei Fingerabdrücke an dreizehn oder mehr Punkten identisch sind, dann ist das eine statistische Übereinstimmung, und ich hatte ein halbes Dutzend solcher Abdrücke zur Verfügung.
Carl sagte, ich solle sie ihm schicken und eine Stunde lang in der Nähe des Telefons bleiben.
Wie versprochen rief er mich nach fünfzig Minuten zurück.
»Also, ich würde sagen, ich habe eine Kreuzung aus guten und schlechten Nachrichten für dich. Zwei der sechs Abdrücke stammen von einem ehemaligen Militärangehörigen. Sie gehören zum linken Zeige- und Mittelfinger eines gewissen Steven Hennessey, Spezialeinheiten der US-Army, Operational Detachment-Delta, von 1998 bis 2002.«
»Delta Force? Da klingeln die Alarmglocken«, sagte ich.
»Ja, genau. Der Kerl war in Panama, bei der Operation Wüstensturm und in Somalia im Einsatz … und jetzt kommt’s: Er war in Kundus für die Distanzschützenausbildung von Bodentruppen zuständig. Das hört sich alles verdammt nach Heckenschütze an.«
Ich hatte das Gefühl, als hätte ich das große Los gezogen. Wir hatten mit fast hundertprozentiger Sicherheit unseren zweiten Scharfschützen gefunden, und er hatte sogar einen Namen.
»Wo war er zuletzt gemeldet?«, wollte ich wissen. »Wissen wir, wo Hennessey sich im Augenblick aufhält?«
»Ja, schon, aber das ist die schlechte Nachricht«, meinte Carl. »Auf dem Cave-Hill-Friedhof in Louisville, Kentucky. Hennessey ist schon seit Jahren tot, Alex.«
78
Die dreieinhalbstündige Fahrt nach New Jersey verging wie im Flug, wahrscheinlich, weil meine Gedanken unaufhörlich in Bewegung waren. Zu schade, dass ich so unter Druck stand. Ich hätte liebend gerne meinen Cousin Jimmy Parker besucht, der in Irvington am Hudson River das Red Hat Restaurant betreibt. Mein Gott, wie ich mich nach einer Pause und einem guten Essen sehnte.
Gut möglich, dass dort in Louisville jemand begraben lag, aber ich wäre jede Wette eingegangen, dass es nicht der wahre Steven Hennessey war. Nicht, nachdem seine Fingerabdrücke in diesem Suburban aufgetaucht waren.
Die Frage war, welche Identität Hennessey in den letzten Jahren angenommen hatte. Und wo er sich jetzt herumtrieb. Und was er und sein geheimnisvoller Partner in New Jersey vorgehabt hatten.
Ich wollte mich mit Detective Cowen beim Turn Mill Pond treffen, dort, wo der Wagen aus dem Wasser geborgen worden war. Ich wollte mir die Umgebung anschauen, solange es noch hell war, und mich anschließend von ihm zum Polizeiparkplatz bringen lassen, um noch einen Blick auf das Fahrzeug selbst zu werfen.
Aber als ich Cowen anrief, um ihm zu sagen, dass ich fast da war, nahm er nicht ab.
Und als ich den Treffpunkt am Südzipfel des Teichs erreicht hatte, auch nicht. Ich war ziemlich sauer, dass er nicht ans Telefon ging, aber was sollte ich machen? Es blieb mir nichts anderes übrig, als auszusteigen und mich alleine umzusehen.
Der Turn Mill Pond war eines von mehreren Gewässern in einem knapp fünfzig Quadratkilometer großen Waldgebiet, der Colliers Mills Wildlife Management Area. Von meinem Standort aus konnte ich nichts als Bäume, Wasser und den Feldweg erkennen, auf dem ich gerade gekommen war.
Abgeschieden genug, um ein Auto zu versenken.
Der Erdboden am Seeufer war zerfurcht und niedergetrampelt. Das war vermutlich die Stelle, wo die Polizei den Suburban herausgeholt hatte. Es sah ganz danach aus, als sei der Wagen vom Rand einer Holzbrücke, bei der der Teich in einen Kanal mündete, ins Wasser gestoßen worden.
Von oben wirkte das Wasser an dieser Stelle sehr tief, aber augenscheinlich war das nicht der Fall. Jedenfalls hatte es sich nicht wieder rückgängig machen lassen.
Ich prägte mir das ganze Szenario sorgfältig ein und machte mich auf den Weg zurück zu meinem Auto. Die Polizeiwache konnte ja nicht allzu schwer zu finden sein. In diesem Augenblick sah ich einen Streifenwagen den Feldweg entlangkommen. Sehr schnell .
Er jagte ein Stück weit am Teich entlang, bog in den Wald ab und tauchte wieder auf. Direkt hinter meinem Wagen blieb er
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