Sträflingskarneval
Schwall aus Beschimpfungen begann Ryan zu berichten, wobei er immer wieder mit der Faust auf den Tisch schlug. Am Ende brauchte er eine starke Tasse Kaffee.
„Was heißt hier ‚du hast dir deinen Feind ins Bett geholt’ ? Was glaubt der Typ eigentlich, wer er ist?“, fauchte Aidan und knetete nervös die Hände. „Dein Cousin kennt mich nicht mal und nach dem, was ich jetzt weiß, will ich ihn auch nicht kennenlernen.“
„Beruhigt euch … alle beide!“ Kimberly stand abrupt auf. Zwei überrascht dreinblickende Augenpaare starrten sie an.
„Ich kann mich aber nicht beruhigen“, antwortete Ryan brüsk. „Duncan arbeitet für Hinthrone und er weiß, dass ich mit Aidan zusammen bin. Muss ich dich vielleicht noch daran erinnern, dass sogar Mrs. Buckley deswegen beunruhigt war, weil Josh es ausgeplaudert hat?“
„Wenn jemand wollte, könnte er Ryan mit diesem Wissen erpressen“, ergänzte Aidan.
„Ich weiß … ich weiß …“, murmelte Kimberly und begann geistesabwesend in der Küche auf und ab zu tigern. So vergingen einige Minuten schweigend, bis sich plötzlich ihre Gesichtszüge entspannten. „Hört mir erst zu, bevor ihr wieder anfangt zu schimpfen. Das könnt ihr später immer noch“, sagte sie und hob warnend einen Finger. „Ich habe schon öfters darüber nachgedacht. Also, so oder so … egal ob der Großmeister von euch weiß, oder nicht. Nein … lass mich erst ausreden“, stoppte Kimberly Ryan, der schon den Mund geöffnet hatte. „Er kann euch schlecht verbieten, dass ihr euch liebt. Und dann kommt noch dazu, dass er höchstwahrscheinlich sehr wütend ist, weil er nichts gegen Ryan in der Hand hat. Denn er ist ja immer noch fest davon überzeugt, dass Ryan so mir nichts dir nichts auftaucht und sein Erbe als neuer Großmeister verlangt. Jetzt, wo du volljährig bist, rechnet er vermutlich jeden Tag damit. Aber solange ihr für alle anderen den Schein wahrt, kann er seinen eigenen Vertrag gegenüber Mrs. Buckley nicht brechen … mit oder ohne altes Gesetz. Aber …“, betonte Kimberly, „… er könnte Ryan damit vor dem gesamten Orden denunzieren.“
„Mir ist es doch egal, ob die Leute wissen, wen ich liebe“, platzte Ryan schier vor Zorn. „Sollen sie ruhig alle eingeweiht sein.“
„Schön und gut“, meinte Kimberly besänftigend und schaute beide der Reihe nach an. „Ist es euch vielleicht auch egal, wenn die gesamte Bruderschaft es weiß? Die sind alle noch von vorgestern. Die würden doch niemals akzeptieren, dass der Urenkel ihres ehemals geschätzten Anführers plötzlich eine Liaison mit einem verurteilten Verräter hat. Wer weiß, was sie dann alles denken. Und im schlimmsten Fall könnten sie dich, Ryan, aus dem Orden ausschließen und …“
„… und ihn ebenfalls als Verräter abstempeln und verurteilen“, beendete Aidan geschockt den Satz. „Wenn es stimmt, was passieren könnte, dann … dann hat Hinthrone das erreicht, was er wollte. Dann steht keiner mehr hinter Ryan und er könnte ihm den Platz nicht mehr streitig machen. Dann hätte er die Macht im Orden, ohne etwas befürchten zu müssen.“
„Ich will doch gar kein Großmeister sein!“ Ryan sprang schwungvoll vom Stuhl, sodass dieser hart auf dem Fliesenboden knallte und ein Stuhlbein abbrach. „Wieso kam dieser Kerl überhaupt erst auf die Idee, ich wollte seinen Platz einnehmen? Das ist vollkommener Unsinn. Aber wenn er so weiter macht, überlege ich mir das glatt noch mal. Wie bescheuert kann ein einzelner Mann eigentlich sein?“
Daraufhin herrschte plötzlich beklemmende Stille und Aidan nutzte seine Chance. Er stand auf und zog seinen Freund in eine beruhigende Umarmung. „Du darfst dich nicht so aufregen“, flüsterte er ihm ins Ohr und spürte, wie Ryans Körper sich ganz langsam entspannte. „Er will dich nur reizen. Noch hat er nichts unternommen, also tu du auch nichts. Er legt es nur darauf an, aber er kann nichts machen … ihm sind quasi die Hände gebunden, aber auch nur, wenn du ihm nichts in die Hände spielst. Also belasse es auch dabei. Außerdem … du warst es doch, der gesagt hat, man sollte nie die Hoffnung aufgeben; und das rate ich dir jetzt auch. Wir versuchen zusammen, Hinthrone und deinen Cousin zu vergessen, und geben ihnen gleichzeitig nichts, was sie aufhetzen könnte.“
Ryan wusste, wie recht Aidan hatte und doch fiel es ihm alles andere als leicht, seinen Ratschlag zu beherzigen. Er hielt seinen Freund noch ein paar Minuten fest, bis seine Wut zu einem
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