Strafzeit
werden.
Eine Flasche Schampus musste Riesle springen lassen, denn Hummel hatte seine fünfzig Euro bereits am Roulettetisch und dann beim Blackjack durchgebracht.
Achtunddreißig Euro wollte der Barmann für den edlen Tropfen haben.
»Da lob ich mir die Preise im Bistro«, flüsterte Klaus seinem Freund zu. Immerhin reichte die Flasche, um den Prostituierten den Namen ihres Arbeitsplatzes zu entlocken: das Blumberger »Love-Me-Center«.
»Und … äh … wie heißt Ihr … äh … Beschützer?«, stotterte Hubertus, ohne dass jemand Notiz von ihm nahm.
Klaus war professioneller. »Ich kenne den Besitzer eures Etablissements«, gab er sich weltläufig. »Wie heißt er doch gleich wieder?«
»Oh, Sie meinen Herrn Häringer«, sagte Suney – oder war es Mukmin?
»Kenne ihn nur mit Vornamen«, schauspielerte Klaus weiter. Seine Stirn glänzte fast genauso wie sein zitronengelbes Sakko.
»Herr Dietmar Häringer«, gab die Thailänderin bereitwillig Auskunft.
»Richtig«, nickte Klaus.
Weitere Fragen – etwa in puncto Mielke – wurden durch einen bulligen Rausschmeißertypen erschwert, der sich auffällig-unauffällig in Hörweite platziert hatte.
Außerdem machten die Damen Anstalten, nun körperlich zur Sache zu kommen.
»Lass sie doch«, flüsterte Klaus seinem Freund zu, dem die Situation sichtlich unangenehm wurde. »Vielleicht bekommen wir so noch etwas raus.«
Ein empörter Rippenstoß war Hummels Antwort. »Ein andermal gern, meine Damen«, sagte er, verbeugte sich linkisch und meinte: »Wir kommen sicher einmal bei Ihrem … äh … Arbeitsplatz vorbei.«
Dann zerrte er Klaus an dessen Jackett hinter sich her und verließ den Raum unter den bohrenden Blicken des Rausschmeißers wieder in Richtung Spielsaal.
Radovan war nicht mehr zu sehen. Dafür erspähte Hubertus einen ehemaligen Schüler an einem der Tische. An dessen Namen konnte er sich nicht mehr erinnern. Dieser entdeckte ihn glücklicherweise nicht, denn im Gegensatz zu Klaus fühlte sich Hubertus als Geistesmensch in diesem Casino nicht wirklich wohl. Und ehemalige Schüler wollte er in dieser Atmosphäre schon gar nicht treffen. Womöglich hielt man ihn noch für einen Spieler.
Pech gehabt.
Da kam er schon.
»Hallo, Herr Hummel, Sie hier?«, sprach der junge Mann ihn erstaunt an.
»Äh … hallo«, murmelte Hubertus. »Ja, ja. Herr …«
»Uwe. Uwe Münzer. Erinnern Sie sich nicht mehr?«
»Doch, natürlich. Aber mit den Namen … Entschuldigung. Sind Sie mittlerweile einundzwanzig, dass Sie hier reindürfen?«
Uwe, in einem karierten und zwei Nummern zu großen Sakko, schmunzelte. »Es ist schon neun Jahre her, dass ich von Ihrer Schule abgegangen bin. Ich bin jetzt sechsundzwanzig.«
»Oh«, machte Hummel. Weiterem Small Talk wollte er sich, so gut es ging, entziehen. Sechsundzwanzig minus neun machte siebzehn, rechnete er sich aus. Nein, mit siebzehn hatte Uwe das Abitur sicher nicht bestanden. Wenn er sich recht entsann, war der sogar zweimal sitzen geblieben und dann von der Schule geflogen. Aber dieses Thema wollte er lieber nicht vertiefen. Womöglich ließ ihn sein Gedächtnis schon wieder im Stich.
Klaus half ihm aus der unangenehmen Situation. Er blühte mittlerweile richtig auf und warf den letzten verbliebenen Zehn-Euro-Jeton mehrmals in die Luft, um ihn elegant wieder zu fangen.
»Huby! Eine Zahl. Sag mir eine Zahl«, forderte Klaus und schaute Hubertus voller Tatendrang an.
»Siebzehn!«
Die Kugel rollte schon wieder, Klaus musste sich beeilen.
Er bat einen der Croupiers, ihm die Siebzehn anzusetzen.
»Siebzehn. Schwarz. Impair. Manque«, annoncierte der Croupier am Roulette.
Klaus und Hubertus entfuhr ein wilder Jubelschrei, als hätte der SERC gerade auch das vierte Play-off-Spiel gewonnen. Dreihundertfünfzig Euro würden sie mit nach Hause nehmen, oder genauer gesagt dreihundertvierzig, denn in diesem Moment rief Hummel der Croupiermannschaft freudig zu: »Ein Stück für die Angestellten!«
»Glück gehabt«, sprach sie ein kleiner, schmächtiger Mann mit Brille an.
Die beiden Freunde nickten lächelnd, und Hummel überlegte, wann er den Mann schon einmal gesehen hatte: Richtig, vorhin am Eingang, es war der Begleiter des Typen mit der Kniebundhose.
Hatte der eigentlich noch Zugang zum Casino erhalten?
»Sie ermitteln wohl auch im Mordfall Mielke, wie?«, wandte der Mann mit Brille sich noch einmal an sie.
Fast wären Klaus die vielen Jetons vor Schreck aus der Hand gefallen.
»Müller. Stefan
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