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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Saint-Estèphe. Danach Crème brûlée, am Tisch karamellisiert, begleitet von einem mehr als ordentlichen Sauternes und Spenglers Gequatsche. Gelaber über zu erwartende Einnahmen. Über Testvorführungen und Startwochenenden. Vertriebsnetzwerke und Finanzierungspartner. Steueroasen. Ausgaben über und unter dem Strich. Im In- und Ausland. Fertigstellungsgarantien. Dollar und Pfund. FTSE und Dow Jones. Gewinnbeteiligungen. Downloads. Kabel- und Airline-Umsätze. Auf gewisse Art war Kennedy froh, dass sich Paige all diesen Mist anhören musste. Jetzt wusste sie, worum es im Filmgeschäft wirklich ging.
    Kennedy hatte in Wohnwagen schon schlechter gegessen. Damals in Kilkee, während der Regen aufs Blechdach trommelte und seine Mum, die irgendwas vor sich hin sang, auf dem Miniofen Raviolidosen in eine Kasserolle leerte. Der Geruch nach fast verbranntem Brot. Lunch. Bis heute tröstete er sich bei einer heftigen Kater-Depression bevorzugt mit Dosennudeln auf Toastbrot. Sein Dad, der am Transistorradio der Übertragung eines Fußballspiels lauschte. Patrick, noch ein kleines Baby in seinem Gitterbettchen. Gerry und er, die mit Grandma Karten spielten. Damals war er vielleicht sieben gewesen, Gerry gerade mal fünf. Gerry, die ungezogen gewesen war. Und Grandma, die mit ihr geschimpft hatte. Irgendetwas Schreckliches gesagt hatte. Etwas Unverzeihliches. Was war es noch gewesen? »Kennedy ist ein braver Junge, und du …« Heute wusste er, dass seine Großmutter damals betrunken gewesen war. Diese komischen, bauchigen Whiskygläser, die sie beim Bingo gewonnen hatte. »Sind das nicht geizige kleine Gläser?«, hatte Granny gesagt, während sie sich einschenkte. Seine erste Begegnung mit einer Hypallage. Granny, Dad und Gerry – jetzt nichts als Staub und Knochen. Mum, auf dem besten Weg dahin.
    Irgendjemand sagte seinen Namen.
    »Sorry?«, sagte Kennedy, hörte auf, in seinem Espresso zu rühren, und hob den Blick.
    »Bist du noch bei uns?«, fragte Spengler. Beide sahen ihn erwartungsvoll an.
    »Klar doch, tut mir leid.«
    »Ich wollte wissen, ob du das Skript deines Schützlings hier gelesen hast?«
    »Nur den Anfang. Es ist gut. Sie kann schreiben.«
    »Hast du schon einen Agenten, Paige?«, fragte Spengler und füllte ihr Glas wieder auf.
    »Gott, nein«, sagte sie. »Ich bin nicht mal fertig mit dem Drehbuch. Und ich studiere noch.«
    »Ach, drauf geschissen«, sagte Spengler. »Tu es einfach. Schreib es einfach runter. Es geht nicht um gute Noten, sondern darum, es an den Mann zu bringen. Glaub mir, noch kein Mensch hat seine Freundin samstagabends ins Kino geschleppt, weil der Drehbuchautor in seiner Klasse der Beste war. Stimmt doch, Kennedy, oder?«
    »Nein.«
    »Ach, scheiß auf ihn. Was weiß der denn schon?« Spengler zwinkerte Kennedy zu und hob sein Glas. Kennedy erwiderte die Geste, und Paige schloss sich an. Kennedy musterte Spengler, dessen seidenes Hemd mit dem schweren Kristall, dem Silber und den perfekten Zähnen und Haaren um die Wette glänzte. Eine schimmernde Aura des Reichtums.
    Als alle ihre Gläser erhoben hatten, rief Spengler: »Einen Toast. Auf Knochensammler von Paige … wie heißt du mit Nachnamen, Schätzchen?«
    »Patterson«, sagte sie, bekam kurz einen leichten Schluckauf und lachte.
    » Knochensammler von Paige Patterson. Auf dass du kräftig damit absahnst.« Er stieß sein Glas an ihres, und sie tranken alle von dem süßen, sirupartigen Dessertwein. Ein Lakai kam herein und reichte Spengler einen Stapel Unterlagen.
    »›Nun, wer mit einem Teufel sitzt beim Schmaus, muss lange Löffel haben, wie es heißt‹«, sagte Kennedy.
    »Was willst du mir damit sagen, mein Freund?«, fragte Spengler.
    »Das ist aus Die Erzählung des Junkers von Geoffrey Chaucer«, antwortete Kennedy und sah dabei Paige an.
    »Ach ja? Den hab ich nicht gesehen.« Spengler unterschrieb die Papiere.
    »Würde dir sicher gefallen«, sagte Kennedy und lächelte Paige an. »Ist eine Liebesgeschichte.« Unter dem Tisch fuhr sie mit den Zehen seine Wade hoch. Er sah sie an. Gott, sie war einfach so …
    Paige ging ins Bad, und Kennedy rückte mit seinem Stuhl näher an den Produzenten heran.
    »Was für eine Granate«, sagte Spengler. »Du gerissener alter Hund. Erst Julie und … da will ich übrigens Details hören. Und zwar sofort.«
    »Ach, halt die Klappe. Hör zu, du bist doch ein reicher Amerikaner und kennst dich bestimmt mit Ärzten und solchen Sachen aus. Kann ich dich mal was fragen?«
    »Immer raus

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