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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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andere nicht möglich.«
    »Sein Name? «, murrte Trencher. »Oder sein Bekanntheitsgrad? Warum zeichnen wir nicht gleich einen miesen kleinen Thriller-Autor aus? Wie wäre es mit diesem schrecklichen Stephen King? Wie Sie bereits sagten: Hier sollte es um das Werk eines Schriftstellers gehen und nicht um seine Prominenz.«
    »Das eine beruht zweifellos direkt auf dem anderen, nicht wahr?«, konterte Fuente.
    »Nicht zwangsl…«
    »Genug.« Professor Bell klopfte mit dem Stift gegen sein Wasserglas. »Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, wir haben abgestimmt, und die Entscheidung ist gefallen. Ich möchte Ihnen allen für Ihre harte Arbeit und Ihren außerordentlichen Einsatz danken. Wenn Sie mich nun entschuldigen würden, ich muss die Repräsentanten des Preisträgers unterrichten.« Er blickte auf seine Uhr. »Ach herrje.« Bell stand auf und fügte hinzu: »Außerdem muss ich jeden hier bitten, völliges Stillschweigen bezüglich der Identität des Gewinners zu bewahren, bis wir eine hundertprozentige Bestätigung haben, dass er die Auszeichnung auch annimmt.« Er blickte von Gesicht zu Gesicht, wobei er ein wenig länger bei Trencher und Costello verweilte. »Im Normalfall würde ich Sie jetzt bitten, noch auf ein Getränk zu verweilen, aber angesichts der späten Stunde bin ich mir sicher, dass wir alle dankbar sind, hier endlich rauszukommen.« Er ging um den Tisch herum und schüttelte sämtlichen Jurymitgliedern zufrieden die Hand. Er war sich sicher, die richtige Wahl getroffen zu haben. In Anbetracht der persönlichen Situation dieses Mannes – die Sache mit der Exfrau und all das – würde es vermutlich nicht ganz unkompliziert werden. Aber waren die meisten Menschen heutzutage nicht erstaunlich zivilisiert, was solche Angelegenheiten betraf?
    Kaum hatte Bell den Raum verlassen, flammte die Diskussion wieder auf.

sechs
    Sie gingen ins Le Orpheus in Beverly Hills, wo Kennedy, der für seine geradezu lächerlich großzügigen Trinkgelder stadtbekannt war, vom Oberkellner begrüßt wurde, als würde ein Priester den Heiland persönlich zur Sonntagsmesse empfangen. Und dieser Vergleich war angemessen, denn nichts kam für Kennedy Marr einem Kirchgang näher als der Lunch: eine geheiligte Institution mit ihren ureigenen geheimnisvollen Ritualen, die es unbedingt zu beachten galt.
    Zum Einstieg, das wusste Braden, würde der Autor seinen obligatorischen Martini an der Bar trinken wollen. Dort hielt er dann das Glas – Gin, trocken wie Zunderholz, zwei Oliven – mit spitzen Fingern am Stiel oder am Rand, um den kostbaren Inhalt bloß nicht auch nur um ein einziges Grad zu erwärmen, während er die wackelnden Ärsche und knusprigen Schenkel betuchter Damen in hautengen Outfits inspizierte. Der Abstecher an die Bar war für Kennedy unerlässlich, er diente dem ersten Akt dieses Schauspiels sozusagen als Eröffnungsszene.
    Im zweiten Akt, und das wusste Kennedy so gut wie jeder andere, musste der Held die Entscheidung treffen, eine ihm neue und unbekannte Welt zu betreten. Luke Skywalker hatte sich entscheiden müssen, an Bord des Millennium-Falken zu gehen. Gegen Ende des ersten haarsträubend starken Martini, wenn Braden bereits die ersten Tropfen Schweiß von der Stirn perlten und sein Gehirn zu flimmern begann, winkte Kennedy gewöhnlich den Kellner herbei, und man führte sie zu ihrem Tisch. Dort angekommen war es essenziell, dass Kennedy den Stuhl bekam, der ihm bei maximaler Deckung das beste Blickfeld auf den Raum eröffnete. Um das zu garantieren, vollführte er immer wieder Rechenkunststücke, wie Braden sie vorher nur in A Beautiful Mind gesehen hatte. Beim Durchqueren geschäftiger Restaurants schienen Diagramme und Gleichungen um Kennedy herum in der Luft aufzutauchen. Sein Schritt beschleunigte sich, während er Zugangswege und Vektoren kalkulierte. Um den erstrebten Platz zu ergattern, schlüpfte er wie ein eingeölter Mittelstürmer an Kellnern vorbei und um Stühle herum. Einmal hatte Braden mit angesehen, wie Kennedy beinahe mit einem bekannten Filmstar aneinandergeraten war, als beide das gleiche Manöver ausführten: Im selben Augenblick aus verschiedenen Richtungen um den runden Tisch herumkommend, waren sie miteinander kollidiert, als sie durch Platzierung ihrer rechten respektive linken Arschbacke auf der Sitzfläche zeitgleich den Alpha-Stuhl für sich in Anspruch nehmen wollten.
    Hatte er erst einmal erfolgreich Platz genommen, das Evangelium der Speisekarte in der einen Hand und

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