Strandglut 27 Short(s) Stories
zurückgekehrt waren und sie sich in den Hütten einen eigenen Hausstand bauen konnten.
Heidemarie war stehen geblieben und schaute auf einen Kastanienhaufen. Vier Wochen Stubenarrest hatte ihr dieser Ausflug über den Bahndamm damals eingebracht. Und dann war er verschwunden, seine Familie war in ein anderes Obdachlosenasyl am anderen Ende der Stadt umgesiedelt worden. „Auch das Paradies“, dachte sie, als sie zum Auto zurückging, „ist reine Anschauungssache.“
Sommergewitter
Vierunddreißig Grad im Schatten. Durch das geöffnete Fenster hörte Detlef die kreischenden Kinder im nahen Freibad. Kein Luftzug bewegte die Papiere auf dem Schreibtisch. Er nippte an seiner lauwarmen Cola und klickte sich durch die Wetterdienste. Für Mitternacht war ein Gewitter angesagt. Prima!
Während Susanne das Abendbrot zubereitete, sprang Detlef unter die Dusche. Er genoss den lauwarmen Strahl, pfiff vor sich hin, fühlte sich absolut fit. Susanne servierte auf der Terrasse Salat mit Hähnchenbruststreifen.
„Daddy, warum können wir nicht auch mal im Sommer in die Ferien fahren, so wie alle anderen“, fragte Sven, sein Jüngster.
„Daddy muss arbeiten, Schatz“. Susanne hatte ihm die Antwort abgenommen. „Warum kannst du denn nicht im Winter arbeiten? Es ist doch viel zu heiß, um die halbe Nacht am Computer zu sitzen“, maulte Lina.
„Ich geh‘ Tagesschau gucken“, sagte Detlef und verzog sich mit einem Eistee ins Wohnzimmer. Immer diese Nölereien. Dabei tat er nun wirklich sein Bestes, damit die Familie leben konnte. Die Wetterfrösche vom Ersten ließen seinen Adrenalinspiegel hochschnellen. Ideale Arbeitsbedingungen. Er ging ins Schlafzimmer und überprüfte seine Ausrüstung. Ein Seil mit Fanghaken, eine kräftige Taschenlampe und eine volle Patrone Nervengas. Für alle Fälle. Susanne kam ins Schlafzimmer.
„Puh, ist das stickig hier“, sagte sie.
„Lass bloß die Fenster zu nach dem Gewitter“, sagte er.
„Ich bin doch nicht verrückt“, lachte sie. „Willst du noch ein bisschen schlafen?“
„Mhm, kuscheln“, meinte er und nahm sie in den Arm.
Kurz vor Mitternacht ließ Susanne ihn über die Terrassentür hinaus. Er schlich durch den Garten und setzte sich in den Mietwagen, den er um die Ecke geparkt hatte. Es waren noch immer 29 Grad. Die Straßencafés waren voll besetzt, wer konnte auch bei dieser Hitze schlafen. Dafür tranken die Leute umso mehr, was ihnen bei der Schwüle gar nicht bekam. Die ersten Regentropfen setzten ein. Detlef beeilte sich, auf die Stadtautobahn zu kommen. Innerhalb von Sekunden verwandelte sich der Himmel in ein Inferno und die Scheibenwischer mussten ihr Letztes geben. Detlef konnte kaum die Lichter seines Vordermannes erkennen, so stark regnete es. Er verließ die Avus und fuhr durch kleine Nebenstraßen zu den prächtigen Villen. Detlef zündete sich eine Marlboro an, ließ das Fenster herunter und atmete die frische Luft. Er zog seine Kapuze über den Kopf, nahm den Rucksack und verschloss den Mietwagen. Er ging durch einen kleinen Park, an den das Grundstück einer Villa grenzte. Detlef kletterte über den lächerlich niedrigen Zaun und fragte sich, wieso die Menschen so leichtsinnig waren. Unter einer riesigen Eiche blieb er stehen, spähte durch das Fernglas. Die beiden Erwachsenen waren im Schlafzimmer, die Kinderzimmer waren dunkel, aber unten waren alle Fenster und die Terrassentüren weit geöffnet. Er schlich über den Rasen, der seine Schritte schluckte wie ein kostbarer Teppich, zur Terrasse. Der Wohnraum war leer. Er schlüpfte hinein und versteckte sich hinter dem Damast Vorhang. Nach ein paar Minuten hörte er schlurfende Schritte auf der Treppe. Die Fenster wurden geschlossen und als der Hausherr die Terrassentüren verriegelte und die Alarmanlage anschaltete, hätte er ihn berühren können. Kurz darauf wurde oben die Schlafzimmertür geschlossen. Jetzt hatte Detlef freie Bahn. Er leuchtete mit der Taschenlampe durch das Wohnzimmer und musste ein „wow“ unterdrücken. Die Besitzer hatten zweifelsohne Geschmack. Aber die erlesenen Teppiche und die wirklich guten Bilder interessierten ihn nicht. Viel zu schwer. Er schlich in das Arbeitszimmer. Das war schon interessanter. Auf dem Schreibtisch lag eine Geldbörse, prall gefüllt mit Bargeld. Er entsandte dem Hausherren einen stummen Dank. Im Aschenbecher lag eine alte Piaget, die ihm gut und gern fünf Mille bringen würde. Ansonsten hatte das Arbeitszimmer wenig zu bieten. Er schlich in
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