Strandglut 27 Short(s) Stories
die Küche und küsste in Gedanken die fürsorgliche Hausfrau. Auf der Ablage lag ein Einkaräter und eine Jaeger le Cultre. Im angrenzenden Duschbad fand er eine Weißgoldkette mit einem riesigen Brillanten. Behutsam machte sich Detlef daran, die Treppe zu erklimmen, voller Vorfreude, was er im Ankleidezimmer zu finden hoffte. In diesem Moment krachte es und das Haus war in gleißendes Licht getaucht. Was war das? Zitternd bückte sich Detlef, um durch das Terrassenfenster zu sehen. Ein Blitz hatte offensichtlich in die Eiche eingeschlagen. Es krachte nochmals und dann fing das Haus an zu wanken. Putz rieselte, er hörte Schreie, die Tür vom Schlafzimmer flog auf. Detlef sah sich um. Er musste verschwinden. Es krachte wieder, diesmal hatte er das Gefühl, das Haus würde über ihm zusammenstürzen. Schreie. Detlef rannte mit seinem Rucksack zur Terrassentür, entsicherte die Alarmanlage. „Hilfe, hilfe, oh mein Gott, Peter, die Kinder!“ Ohne nachzudenken, raste Detlef die Treppe hinauf. Ein Baum war durch das Dach direkt auf die Schlafzimmer der Familie gestürzt. Eine Frau in einem Nachthemd versuchte, die Tür zum Kinderzimmer aufzukriegen. Detlef schaute ins Schlafzimmer. Ein Teil des Daches war eingestürzt und der Hausherr war offenbar bewusstlos unter den Massen begraben. Es fing an brenzlig zu riechen. „Achtung, es brennt, ich gehe durch das Fenster und hole die Kinder“, schrie Detlef der hysterisch schreienden Frau zu. „Rufen sie die Feuerwehr“.
Er nahm sein Seil mit dem Haken und warf es auf den noch stehenden Dachrest. Mit einem Schwung war er auf dem Fenstersims des Kinderzimmers, zerschmetterte die Scheibe und öffnete von innen das Fenster. Zwei kleine Kinder hockten hinter brennendem Geäst und schrien. Detlef griff sich die Kinder und trug sie durch die hell lodernden Flammen. Der Rückzug durch die Tür war abgeschnitten, davor lag ein brennender Ast. „Warte hier“, sagte er zu dem älteren Kind, griff sich das Kleinere und schwang mit dem Kind auf dem Arm zurück ins Schlafzimmer. „Schnell lauf runter zu Deiner Mutti“, sagte er und eine Sekunde später war er wieder zurück und griff sich das zweite Kind. Danach begann Detlef die Mauerteile vom Hausherren zu entfernen. Das Feuer hatte bereits die Wand erreicht, der Rauch war jetzt so stark, dass er kaum etwas sehen konnte. Vorsichtig astete er den Bewusstlosen die Treppe hinunter und legte ihn auf das Sofa. Er musste weg hier, sofort. Vermutlich standen rund um das Haus Schaulustige. Und seinen Rucksack hatte er auch oben gelassen. Detlef sprintete zur inzwischen geöffneten Terrassentür. Er rannte um sein Leben. Während vor dem Haus die Löschfahrzeuge auffuhren, fiel ihm auf, dass er die Autoschlüssel im Rucksack hatte.
Es wurde ein langer Fußmarsch nach Hause und quälende darauf folgende Tage, in denen er immer damit rechnete, verhaftet zu werden. Drei Wochen später erhielt Detlef Post von der Mietwagenfirma, die einen Brief an ihn weiterleitete.
In dem Briefumschlag lag ein Scheck über hunderttausend Euro und ein Dankesbrief an den rettenden Engel.
Auf immer und ewig
Waren die Sommer früher wirklich so viel heißer und länger als heute oder spielt mir die Erinnerung einen Streich? Während der Regen gegen die Scheiben klatscht, sitze ich inmitten meiner Kindheit auf der Erde. Ein stupsnasiges, spitzbübisches Gesicht schaut mich von allen Seiten skeptisch an, mal mit Mutti am Faaker See, mal mit Vati auf dem Marcus Platz. Um die Schachtel mit den alten Fotos habe ich jahrelang einen Bogen gemacht. Als mein Blick auf ein Foto mit meinem Freund Elmar fällt, weiß ich, warum. Ich greife das verblasste Bild und plötzlich riecht es wie jenem verhängnisvollen Sommer 1961: nach Delial und Schweiß,
nach Chlor und Urin, nach Capri-Eis und Schwefel.
Ich habe Elmar geliebt. Liebe, das hieß damals, die Veilchenpastillen, das letzte Prickelpit und Geheimnisse miteinander teilen. Elmar und ich haben alles geteilt. "Auf immer und ewig" haben wir uns versprochen. Der kleine Junge mit den schwarzen Haaren und den großen, dunklen Augen hat Wort gehalten.
Ich spüre wieder den Geschmack von Brausepulver und die leichte Übelkeit, die sich am Ende eines langen Freibadtages unweigerlich einstellt. "Los, spring" rufe ich aus dem überfüllten Becken. Elmar steht bibbernd auf dem Drei-Meter-Brett. Ich weiß, dass er Angst hat. Aber er springt. Wir schwimmen um die Wette zum Beckenrand und machen unser Abschieds-Pipi, ein
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