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Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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nur ein paar Gründe dafür. Ich beugte mich ein wenig herunter, die Waffe in beiden Händen, und drückte den Lauf an seine Schläfe. Meine Finger hielt ich vor der Abzugssperre, denn Unfälle passierten nun einmal. »Glaubst du an Geister, Graves?«
    Wieder schluckte er. In seinem Hals arbeitete es. »Hey, keine Ahnung! Erschieß mich deshalb bitte nicht, ja?« Seine Stimme brach.
    Wüsste er von der Echtwelt, hätte er anders geantwortet. Log er?
    Diese Möglichkeit wollte ich nicht einmal in Betracht ziehen. Er hatte sich nicht benommen, als hätte er auch bloß einen vagen Schimmer von der Echtwelt. Was die Gründe eingrenzte, weshalb ihm noch kein Pelz wuchs.
    Jetzt schluckte ich. Mein Hals war so trocken wie das Zeug, das man in Wasser schmeißt, um Partynebel zu bekommen. Gefrorenes Kohlendioxid. Es brennt höllisch, und man kann es prima in Sümpfen benutzen, um die Krokogeister sauer zu machen. »Die nächste Frage musst du ganz ehrlich beantworten, verstanden? Bist du noch Jungfrau?«
    Das Schweigen zog sich so lange hin, dass ich schon dachte, ich müsste die Frage wiederholen.
    »Was soll das denn?« Er klang ehrlich verdattert.
    »Ja oder nein? Bist du Jungfrau? « Auf halbem Weg hatte ich die Beherrschung verloren, so dass meine Stimme in ein Kreischen überging.
    Er zuckte zusammen, und ich wollte ihn schlagen. Nun ja, ich wollte irgendetwas schlagen. Ich wollte etwas tun, statt einfach dazustehen und ihn zu bedrohen.
    »Du Scheißkerl, antworte mir! « Die Worte hallten von den Wänden wider, so dass sich das Zimmer um mich drehte. Mein Puls dröhnte in meinen Ohren, und Adrenalin flutete meinen Kreislauf, das mich zusehends angespannter machte.
    »Ja!«, schrie er zurück. »Ja, ich bin eine verdammte Jungfrau, aber erschieß mich deshalb verflucht noch mal nicht! «
    Ich war wie versteinert. Meine Finger verkrampften sich vor der Abzugssperre.
    Graves’ Brustkorb hob und senkte sich. Und während ihm Tränen über die Wangen rollten, kniff er die Augen zu. Ohne sich zu rühren, streckte er sich gegen die Seile, und ich war komplett ausgekühlt.
    Fast zwölf Stunden, und er war Jungfrau.
    Es könnte doch noch alles gut werden.
    Ich erkannte das heisere Raspeln kaum wieder, das aus meinem Hals drang. »Na gut.« Mit einem leisen Klicken ließ ich den Sicherheitsriegel wieder einrasten, nachdem ich die Waffe von ihm und mir weg gerichtet hatte. »In Ordnung. Alles klar. Okay.«
    Graves gab heisere Schluchzlaute von sich, als ich langsam vom Bett zurücktrat.
    Gott! Was hatte ich getan? Ich hätte ihn das gleich fragen sollen, statt ihm meine Waffe an den Kopf zu halten. Mir war schlecht.
    Stolpernd rannte ich ins Bad und kotzte alles aus, was ich an Cheerios gegessen hatte. Dann heulte ich auch noch und zitterte auf der kalten Keramikschüssel. Drei Mal musste ich mir die Nase schnäuzen. Als das vorbei war, ging ich rotäugig und wackelig langsam den Flur zu Dads Zimmer hinunter. Dort fand ich ein Ersatzhalfter und steckte die Waffe hinein. Und ich nahm mir ein Jagdmesser. Die Knoten waren inzwischen viel zu stramm, als dass ich sie so lösen konnte.
    Graves lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett und bewegte lautlos die Lippen. Ich hatte ihm eben eine Höllenangst eingejagt.
    Na und? Lieber ihn erschrecken, als dir die Kehle aufreißen lassen. Beim ersten Mal, wenn ein Wolf sich wandelt, hält ihn nichts auf.
    Ich sagte Dads Stimme, dass sie sich ausnahmsweise eine Auszeit nehmen durfte, und fing an, die Seile aufzusägen. »Du wurdest von einem Werwolf gebissen. Ich musste mir sicher sein«, erklärte ich, während ich aufpasste, ihm nicht in den Unterarm zu schneiden. Meine Hände zitterten ein bisschen. »Lieg einfach still, ja? Gleich bist du wieder frei.«
    Er sagte nichts.
    Mir gelang es, ihm die Seile von den Knöcheln und Knien zu schneiden, danach die von den Ellbogen und Handgelenken. Währenddessen lag er einfach da, schlaff und heftig atmend.
    »Es tut mir leid.« Hörte ich mich an wie eine Fünfjährige? Jedenfalls waren die Worte irgendwie hohl. So etwas sagte man zu jemandem, dem gerade ein Spielzeug kaputtgegangen war oder so, nicht zu dem Menschen, dem man eben noch eine Waffe an die Schläfe gehalten und den man angeschrien hatte. »Ich musste mir sicher sein. Wenn du noch Jungfrau bist, ist das okay. Dann verwandelst du dich nicht wie ein normaler Wolf. Er konnte dich nicht prägen, sozusagen, weil deine Tür noch zu ist, zumindest hat mein Dad es mir so erklärt. Und er hatte

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