Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)
seinen durch die oberste Schneeschicht und sanken tief ein. »Natürlich kann ich fahren. Ich habe einen Führerschein.« Und zwei gefälschte, falls ich mich für älter ausgeben muss.
»Dann sieh lieber nach, ob das Ding anspringt. Mach schon!« Er rührte sich nicht. Stattdessen guckte er ein Loch in die Wand, durch die der gestreifte Wolf entschwunden war. Er war kein bisschen außer Atem. Seine Mundwinkel neigten sich allerdings ein klein wenig nach unten. »Die Kälte hier draußen kann die Batterien ruinieren.«
Das war die Art Bemerkung, die Dad auch gemacht hätte. »Wer zur Hölle bist du?«, wiederholte ich.
»Das sagte ich dir bereits.« Offenbar entschied er, dass es sicher war, denn er wandte sich von dem Lagerhaus ab, sein Gewehr lose in der Hand. »Vielleicht schafft das Silber in den Kugeln es, Ash zu vergiften, bevor er zu Hause ankommt und Märchen erzählt, doch darauf verlass dich lieber nicht. Du musst den Truck starten, Dru!«
Ich zuckte zusammen. Wie bitte? »Woher kennst du meinen Namen?«
Nun nickte er, als hätte ich ihm bestätigt, was er nur geraten hatte, und ich verfluchte mich im Stillen. Gut gemacht, Dru! Du bist auf den ältesten Trick von allen reingefallen.
»Ich weiß sehr viel über dich.« Und seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war das kein Scherz. Inzwischen waren die Flocken groß wie Zehncentstücke und wirbelten und tanzten im Wind. »Ich weiß, dass du in der Schule sein solltest, dass du allein bist und dass du Angst hast. Erschieß mich, dann hast du noch mehr Fragen und einen toten Jungen am Hals. Fahr nach Hause!«
So leicht wollte ich nicht aufgeben. Entweder war er ein sicherer Kontakt, und Dad hatte vergessen, ihn zu markieren – was Dad gar nicht ähnlich sah –, oder er war jemand, den ich bedrohen musste, um ihm Informationen zu entlocken. Und sollte er jetzt verschwinden, fand ich ihn womöglich nie wieder, Telefonnummer her oder hin. »Was hast du mit meinem Vater gemacht?« Ich hatte das Gefühl, meine Hände würden zittern, doch die Waffe war vollkommen ruhig.
»Dein Vater?« Er musterte mich mit seinen stechenden blauen Augen. Gleichzeitig fiel mir auf, dass er nicht dem Wetter entsprechend gekleidet war. Er trug lediglich ein langärmeliges schwarzes T-Shirt und eine Jeans. Schneeflocken hafteten an seinem glatten dunklen Haar und in seinen Wimpern. Auch an seinen schweren Arbeitsstiefeln klebte Schnee, obwohl er scheinbar schwerelos auf der frostverkrusteten Fläche stand. Außerdem war sein linkes Hosenbein von feinem weißen Pulver benetzt, als wäre er darin herumgerollt und seitlich der Länge nach hineingestürzt. »Ich habe ihm gesagt, er soll es gut sein lassen, sonst nichts. Ich erzählte ihm, dass er sich glücklich schätzen sollte, es so weit gebracht zu haben. Und ich sagte ihm dasselbe, was ich dir jetzt sage: Fahr nach Hause, verriegle die Türen, und überlass uns die Nacht!«
Mir drohte die Kinnlade herunterzufallen. Seine Augen glühten richtig, wie Pfade in der Dunkelheit, die geradewegs auf ein Elfenfeuer zuführten. Und beim Lächeln entblößte er Zähne von einem helleren Weiß als der frische Schnee, der schon sämtliche Kampfspuren abdeckte. Vor allem aber sah ich Reißzähne, die leider nicht wie diese billigen Plastikvampirzähne für Halloween wirkten. Nein, diese hier wuchsen ihm aus dem Oberkiefer, länger als die Schneidezähne, so dass er sie benutzen konnte, um Fleisch zu halten oder herauszureißen und so an warmes Blut zu gelangen.
»Ach du Schande!«, flüsterte ich mit einer sehr dünnen Stimme. Mein ganzer Körper erbebte und schien sich gerader zu machen, als er eigentlich konnte. Wer jemals solche Angst gehabt hat, dass er glaubte, seine Haut würde ihm einlaufen, kann sich ungefähr vorstellen, wie ich mich fühlte. »Du bist … Du bist einer von denen.«
»Ich bin ein Kouros. Ein Djamphir. « So wie er das Kinn reckte und es aussprach, wollte man meinen, es handelte sich um einen Titel oder so etwas. Sein Haar glänzte ölig feucht. »Und du bist im Moment nichts als hilflos. Verschwinde!«
Hilflos, von wegen! Als ich schluckte, schmeckte ich bitteres Metall. Er ist ein Blutsauger, Dru. Du solltest wahrlich hier weg. O Gott, schnell weg! »Erzähl mir, was mit meinem Vater passiert ist!« So schwer es mir fiel, wandte ich den Blick nicht von ihm ab. Zudem wollte ich die Gebäude hinter ihm genauer ansehen. Irgendwo in diesen Lagerhäusern befand sich ein langer kahler Flur mit einer Tür,
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